Entscheidungsstichwort (Thema)

Umdeutung einer befristeten Erinnerung in sofortige Beschwerde. Keine vorzeitige Erledigung des Auftrags für Prozessbevollmächtigten des Beklagten bei Beendigung durch Urteil. Abschließende Regelung Nr. 3201 VV RVG für vorzeitige Beendigung eines Auftrags

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Fall der "vorzeitigen Beendigung" des Auftrages nach Nr. 3507 VV RVG liegt vor, wenn die Voraussetzungen der Nr. 3201 VV RVG vorliegen.

2. Wenn das Gericht entschieden hat, kommt eine "vorzeitige Beendigung" in diesem Sinne nicht mehr in Betracht.

 

Normenkette

RPflG § 11; ZPO §§ 567, 104; RVG-VV Nrn. 3506, 3201; GG Art. 19 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Entscheidung vom 09.04.2020; Aktenzeichen 2 Ca 878/18)

 

Tenor

  1. Die als sofortige Beschwerde auszulegende "befristete Erinnerung" des Klägers vom 30.04.2020 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 09.04.2020 - 2 Ca 878/18 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
  3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

I. Der Kläger wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss, mit dem ihm aufgegeben worden war, einen Betrag in Höhe von 341,60 EUR an die Beklagte zu zahlen.

In der Hauptsache hatten die Parteien über Entgelt- und Urlaubsabgeltungsforderungen des Klägers für die Zeit von Mai bis August 2014 gestritten. Dabei war zwischen den Parteien bereits streitig, ob ein Arbeitsverhältnis vorgelegen hatte.

Mit Urteil vom 25.07.2018 hat das Arbeitsgericht Bonn die Klage kostenpflichtig abgewiesen. Die hiergegen vom Kläger erhobene Berufung ist vom Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 18.07.2019 zurückgewiesen worden. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Die vom Kläger hiergegen beim Bundesarbeitsgericht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss vom 11.02.2020 zurückgewiesen. Im Beschluss heißt es unter Nr. 2 des Tenors ausdrücklich "Der Kläger hat die Kosten der Beschwerde zu tragen".

In allen drei Rechtszügen - vor dem Arbeitsgericht, vor dem Landesarbeitsgericht und vor dem Bundesarbeitsgericht - wurde die Beklagte durch die Prozessbevollmächtigten d PartGmbB vertreten. Gegenüber dem Bundesarbeitsgericht hat sich die Kanzlei mit Schreiben vom 23.10.2019 (Bl. 352) zu Prozessbevollmächtigten bestellt, jedoch keinen Sachantrag gestellt. Wörtlich heißt es dort: "... bestellen wir uns zu Prozessbevollmächtigten der Beklagten, Berufungsbeklagten und nunmehrigen Beschwerdegegnerin."

Nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers durch das Bundesarbeitsgericht haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 26.02.2020 auf der Grundlage der Kostenentscheidung im Beschluss des Bundearbeitsgerichts die Festsetzung der Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 341,60 EUR gegen den Kläger beantragt. Dem besagten Betrag haben die zum Vorsteuerabzug berechtigten Prozessbevollmächtigten der Beklagten die folgende Rechnung zugrunde gelegt:

Verfahrensgebühr für Verfahren über Beschwerde gegen Nichtzulassung der Revision oder die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde nach § 92 a ArbGG oder § 75 GWB § 13 RVG, Nr. 3506 VV RVG

1,6

321,60

Pauschale für Post- und Telekomunikation Nr. 7002 VV RVG

20,00

Zwischensumme netto

341,60

Gesamtsumme

341,60

Mit Beschluss vom 09.04.2020 hat das Arbeitsgerichts Bonn dem Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten in der vorbezeichneten Höhe unter Bezugnahme auf die Antragsschrift stattgegeben. Die Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses weist auf die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde hin und für den Fall, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR nicht übersteigt, auf die Möglichkeit der befristeten Erinnerung.

Mit Schreiben vom 30.04.2020 (Bl. 362 d.A.) hat der Kläger eine befristete Erinnerung gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts eingelegt und eine Begründung derselben in Aussicht gestellt. In der Folgezeit hat er schriftsätzlich Zweifel an der Bestellung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten geäußert, eine "Wartezeit von zwei Wochen" geltend gemacht und Akteneinsicht beantragt. Zwei schriftlich vom Arbeitsgericht angebotene Termine zur Akteneinsicht und weitere telefonisch angebotene Termine zur Akteneinsicht im September 2020 hat der Kläger verstreichen lassen. Zu einer Akteneinsicht oder einer weiteren Stellungnahme zu den Gründen der "befristeten Erinnerung" ist es in den sechs Monaten nach Eingang des Schreibens vom 30.04.2020 nicht gekommen.

Dass Arbeitsgericht Bonn hat mit Beschluss vom 18.11.2020 die Eingabe des Klägers entgegen dem Wortlaut "befristete Erinnerung" als sofortige Beschwerde ausgelegt, dieser nicht abgeholfen und dem Landesarbeitsgericht vorgelegt mit der Begründung, bis zuletzt seien Beschwerdegründe vom Kläger nicht vorgetragen worden und die Zweifel an der Bestellung der Prozessbevollmächtigten seien durch die Übersendung des Bestellungsschreibens vom 23.10.2019 zerstreut worden.

Gegenüber dem Landesarbeitsgericht hat der Kläger weiterhin die Bestellung der Prozessbevollmächtigten g...

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