Rechtsmittel zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Orndung. Betrieb. Mitbestimmung. Arbeitsverhalten. Persönlichkeitsrecht. Datenschutz

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anordnung der Nennung von Vor- und Nachname des Sachbearbeiters in der Geschäftskorrespondenz einer Versicherung ist keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme und verletzt auch nicht das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1, § 75 Abs. 2; BDSG § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Beschluss vom 21.01.1998; Aktenzeichen 4 BV 79/97)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Bonn vom 21.01.1998 – 4 BV 79/97 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Antragsteller begehren von den Antragsgegnern die Unterlassung, in der Geschäftskorrespondenz die Vornamen der Arbeitnehmer neben deren Nachnamen ohne Zustimmung der Antragsteller zu verwenden.

Die Beteiligten zu 3) bis 6) sind sämtlich Tochterbeziehungsweise Enkelunternehmen der Deutschen Bank AG. Sie sind untereinander wie folgt verflochten: Die Antragsgegner zu 3) und 4) sind 100 % Tochtergesellschaften der Beteiligten zu 5), die Beteiligte zu 6) ist eine gemeinsame Tochtergesellschaft der Beteiligten zu 3), 4) und 5). Aufgrund eines Tarifvertrages, der eine von § 4 BetrVG abweichende Zuordnung von Betriebsstätten vorsieht, ist der Betriebsrat der Beteiligten zu 2) für die Region Bonn insgesamt unabhängig von der organisatorischen Zuordnung der Betriebe zu den Beteiligten zu 3) bis 6) zuständig. Der Antragsteller zu 1) ist der für alle Betriebe der Beteiligten zu 3) bis 6) gebildete Gesamtbetriebsrat .

Aufgrund einer Vorgabe der Deutschen Bank AG haben die Antragsgegnerinnen im Jahr 1997 begonnen, die Geschäftskorrespondenz mit ihren Kunden oder anderen Geschäftspartnern zu vereinheitlichen. Diese vereinheitlichte Form der Korrespondenz sieht vor, daß nach der Anschrift des Geschäftspartners und dem Betreff (in der Regel Versicherungsnummer oder Aktenzeichen des Adressaten) folgender Textbaustein folgt:

„Es schreibt Ihnen: Vorname und Nachname des Sachbearbeiters; Abteilungsangabe des Sachbearbeiters; Telefon Nr. mit Vorwahl und Durchwahl des Sachbearbeiters”.

Diese Korrespondenzform wurde Anfang 1998 so in das Computersystem eingebaut, daß teilweise für die Mitarbeiter keine Möglichkeit besteht, hiervon individuell abzuweichen.

Die Antragsteller haben in erster und zweiter Instanz im wesentlichen gestützt auf zwei rechtliche Grundlagen die Ansicht vertreten, die Antragsgegner seien verpflichtet, die Angabe des Vornamens in der Geschäftskorrespondenz zumindest ohne Zustimmung der Antragsteller zu unterlassen.

Zum einen berufen sich die Antragsteller auf ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Sie führen dazu aus, daß der vorliegende Fall am ehesten den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen zum Mitbestimmungsrecht bei der Dienstbekleidung ähnele. Wesentlich sei, daß die Antragsgegnerinnen mit der Vorgabe der Vornamensbenutzung eine einheitliche Darstellung des Gesamtunternehmens nach außen bezweckten. Dieses sei die gleiche Zielrichtung wie bei der Vorgabe einer Dienstbekleidung, die der Darstellung des Unternehmens nach außen diene.

Die zweite Rechtsgrundlage für das Unterlassungsbegehren der Antragstellerinnen soll sich nach deren Vortrag aus § 75 Abs. 2 BetrVG ergeben. Danach könne selbst eine Betriebsvereinbarung die Nennung des Vornamens nicht anordnen, da hierin ein Gesetzesverstoß liege. Zum einen sei das Bundesdatenschutzgesetz verletzt, da § 4 Abs. 1 BDSG die Einwilligung des Betroffenen voraussetze. Die Verpflichtung des einzelnen Sachbearbeiters, seinen Vornamen in der Geschäftskorrespondenz preiszugeben, verletze zudem das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Insbesondere hinsichtlich der weiblichen Belegschaftsmitglieder bestehe die Gefahr von vermehrten Belästigungen. Es sei durch die zusätzliche Angabe des Vornamens deutlich einfacher, die private Telefonnummer der Sachbearbeiterinnen zu identifizieren. Auch könne es bei dienstlichen Telefonaten zu verbalen Übergriffen, insbesondere einer unangemessenen Nutzung des Vornamens beziehungsweise zum Duzen der Mitarbeiterinnen durch den Geschäftspartner kommen.

Die Antragstellerinnen haben beantragt,

den Antragsgegnerinnen zu untersagen in ihrer Geschäftskorrespondenz den Vornamen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Zustimmung der Antragsteller zu verwenden.

Die Antragsgegnerinnen haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie begründen zunächst die unternehmenseinheitliche Anweisung an die jeweiligen Sachbearbeiter, den Vornamen in der Korrespondenz anzugeben, wie folgt:

Auch in der Geschäftskorrespondenz müsse zum Ausdruck gebracht werden, daß die Antragsgegnerinnen Teile eines großen, dynamischen, innovativen und flexiblen Unternehmens seien, daß sie ein zukunftsorientiertes, umfassendes und kundennahes Leistungsangebot repräsentieren und daß sie ein kompetenter und quälitätsbewußter Partner für anspruchsvoll...

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