Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstelle. offensichtliche Unzuständigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Offensichtliche Unzuständigkeit einer Einigungsstelle liegt nicht vor, wenn eine Betriebspartei die teilweise Änderung einer ungekündigten Betriebsvereinbarung mit Arbeitszeitregelungen aufgrund nachträglicher Entwicklungen erreichen will.

2. Sofern die Einigungsstelle nur eingerichtet werden soll, damit eine Betriebspartei ihre früheren Regelungsvorschläge, die in der geltenden Betriebsvereinbarung nicht ihren Niederschlag gefunden haben, erneut vorbringen kann, ist der Antrag auf Errichtung der Einigungsstelle schon mangels Rechtschutzbedürfnis unzulässig. Zudem steht der anderen Betriebspartei der Einwand des Rechtsmissbrauchs zu (§ 242 BGB).

 

Normenkette

ArbGG § 98 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 16.10.2006; Aktenzeichen 15 BV 143/06)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 16. Oktober 2006 – 15 BV 143/06 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Frau Dauch, Direktorin des Arbeitsgerichts Düsseldorf, zur Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt wird.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.

Die Antragstellerinnen und Beteiligte zu 1 bis 4 (Arbeitgeberinnen) führen ihre Hauptverwaltungen in K als Gemeinschaftsbetrieb. Von den insgesamt beschäftigten 5000 Arbeitnehmern sind etwa 200 bis 300 Beschäftigte mit herausgehobenen und verantwortungsvollen Aufgaben, die eine Vergütung erhalten, die über der obersten Tarifgruppe liegt (ÜT-Mitarbeiter). 300 Arbeitnehmer sind leitende Angestellte.

Am 13. Juli 1999 schlossen sie mit dem Betriebsrat des Gemeinschaftsbetriebes eine Betriebsvereinbarung Arbeitszeitflexibilisierung, in der Arbeitszeitrahmen, Dienstbereitschaft, tägliche Arbeitszeit, Pausen und Arbeitsunterbrechungen, Zeitkonten, Ausgleichstage, Arbeitszeiterfassung und die Bewertung von Fehlzeiten, dienstlicher Abwesenheit und Abwesenheit aus sonstigen Gründen geregelt sind. In den Schlussbestimmungen heißt es, die Unternehmensleitung und der Betriebsrat seien sich darüber einig, dass die Betriebsvereinbarung Modellcharakter habe und dass zukünftige Erfahrungen, wie z. B. Marktentwicklungen, Änderungen erforderlich machen könnten. Die Betriebsvereinbarung solle für alle Arbeitnehmer gelten, soweit sie nicht ständig überwiegend im Außendienst tätig seien oder im Einzelfall nach Zustimmung des Betriebsrats einzelvertraglich keine anderweitige Arbeitszeitregelung vereinbart sei.

Am 3. September 1999 schlossen sie mit dem Betriebsrat des Gemeinschaftsbetriebes eine Betriebsvereinbarung Zutrittskontrolle, Zeiterfassung und Geldkarte, in der die Einführung eines bestimmten Zeiterfassungs- und Zugangskontrollsystems und das Verfahren bei der Arbeitszeiterfassung, die Benennung von Gleitzeitbeauftragten sowie der Datenschutz geregelt sind. Die Betriebsvereinbarung soll für alle Arbeitnehmer gelten, soweit im Einzelfall keine anderweitige Regelung vereinbart ist.

Die Antragstellerinnen zu 1, 3 und 4 haben mit ihren jeweiligen Gesamtbetriebsräten Gesamtbetriebsvereinbarungen über ein neues Vergütungssystem für ÜT-Mitarbeiter abgeschlossen. Die übertarifliche Vergütung erfolgt durch die Gewährung eines Bonus, dessen Höhe sich nach Gehaltsbändern, Verantwortungsebenen und Zielvereinbarungen richtet. Die Antragstellerin zu 2 verhandelt derzeit mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat über die Einführung eines solchen Vergütungssystem auch für ihre ÜT-Mitarbeiter.

Im Zusammenhang mit ihrem Bestreben, wegen der Managementfunktionen dieser Mitarbeiter die Arbeitsverhältnisse an Regelungen für die leitenden Angestellten anzunähern, wollen sie auch die Arbeitszeiterfassung für diese Beschäftigtengruppe ändern. Die Mitarbeiter sollen künftig ihre Arbeitszeit selbst aufschreiben.

Die Antragstellerinnen haben dem Antragsgegner den Entwurf einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitflexibilisierung und über Zutrittskontrolle, Zeiterfassung und Geldkarte für ÜT-Mitarbeiter in dem Gemeinschaftsbetrieb in Köln zugeleitet mit Regelungen über Arbeitszeitrahmen, Dienstbereitschaft, tägliche Arbeitszeit, Pausen und Arbeitsunterbrechungen, Abrechnungszeitraum, Ausgleichstage, Arbeitszeiterfassung mittels Selbstaufschreibung und die Bewertung von Fehlzeiten und Abwesenheitszeiten aus dienstlichen und sonstigen Gründen sowie Datenschutz.

Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 25. August 2006 den Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarungen aus dem Jahr 1999 fielen auch die ÜT-Mitarbeiter. Da diese Betriebsvereinbarungen nicht gekündigt worden seien, erübrige sich auch die Einberufung einer Einigungsstelle.

Die Antragstellerinnen haben beantragt,

  1. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle, die über die Arbeitszeiterfassung für ÜT-Mitarbeiter im Gemeinschaftsbetrieb der Antragstellerinnen zu 1 bis 4 in Köln und eine Sonderregelung für ÜT-Mitarb...

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