Entscheidungsstichwort (Thema)

Verhältniswahl. Mehrheitswahl. Gesamtbetriebsrat

 

Leitsatz (amtlich)

Wird die Zahl der Mitglieder des Gesamtbetriebsrats und des anzuwendenden Verfahren durch Tarifvertrag geregelt, so ist weder zwingend erforderlich, dass ein Wahlverfahren festgelegt wird noch dass die Wahl nach dem Prinzip der Verhältniswahlrechts erfolgt.

 

Normenkette

BetrVG § 47 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Beschluss vom 10.01.2003; Aktenzeichen 2 BV 54/02)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 25.05.2005; Aktenzeichen 7 ABR 10/04)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin – Beteiligte zu 6) –wird als unzulässig verworfen.

2. Auf die Beschwerde der Beteiligte zu 4) und 5) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 10.01.2003 – 2 BV 54/02 – geändert.

Die Anträge der Beteiligten zu 1) – 3) werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Arbeitgeberin – Beteiligte zu 6) – ist ein bundesweit tätiges Unternehmen, in dem bei den Betriebsratswahlen im Jahre 2002 insgesamt 167 Betriebsräte gewählt wurden. Die Antragsteller zu 1), 2) und 3) sind Mitglieder von Betriebsräten in Betrieben in N. Bei den im Mai 2002 in den Betrieben des Unternehmens der Arbeitgeberin durchgeführten Betriebsratswahlen konkurrierten die Gewerkschaften ver.di, die Kommunikationsgewerkschaft D sowie die C G P und T um die zu vergebenden Betriebsratsmandate, wobei die zwei zuletzt genannten Gewerkschaften auch mit gemeinsamen Wahlvorschlagslisten antraten. Gemäß § 5 Abs. 2 des Tarifvertrages Nr. 458 vom 19.08.1994 in der Fassung des Tarifvertrages Nr. 58 vom 23.04.1999, abgeschlossen zwischen dem Vorstand der Arbeitgeberin und der D P (jetzt v) – Bl.31 – 35 GA – wird die Zahl der Mitglieder des Gesamtbetriebsrates im Unternehmen der Arbeitgeberin auf 66 begrenzt. Zur Bildung dieses Gesamtbetriebsrates wird in § 5 abweichend von der in § 47 Abs. 2 BetrVG enthaltenen Regelung festgelegt, dass die Gesamtbetriebsräte in insgesamt sechs Entsendungsbereichen gewählt werden. Gemäß § 5 Satz 1 dieses Tarifvertrages findet nach den Betriebsratswahlen in jedem Entsendungsbereich eine Versammlung statt, an der alle im Entsendungsbereich gewählten Betriebsratsmitglieder teilnehmen und deren Aufgabe es nach § 5 Abs. 6 Satz 1 des vorgenannten Tarifvertrages ist, die Mitglieder des Gesamtbetriebsrates und deren Ersatzmitglieder für den Entsendungsbereich zu bestellen. Hierzu heißt es in § 5 Abs. 6 Satz 2:

„Die Entsendung der Betriebsratsmitglieder erfolgt durch Wahl mit einfacher Stimmenmehrheit.”

Die Entsendungsversammlung für den Entsendungsbereich N fand am 03. und 04.06.2002 statt. Hierbei wurden von den anwesenden 469 Betriebsratsmitgliedern, von denen 434 für die Gewerkschaft v, 32 der Gewerkschaft T und drei der C G P angehörten, wurden 14 Gesamtbetriebsratsmitglieder und Ersatzmitglieder gewählt, die sämtlich der Gewerkschaft v angehörten. Der Antragsteller zu 1) stellte in der Versammlung am 03.06.2002 den Antrag, die am 04.06.2002 stattfindenden Entsendungswahlen als Listenwahl nach dem Verhältniswahlrecht durchzuführen; dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Die Antragsteller zu 1) bis 3) haben mit einem am 17.06.2002 bei Gericht eingegangenen Antrag die Beschlüsse der Versammlung der Betriebsräte des Entsendungsbereichs N angefochten. Sie haben die Auffassung vertreten, dass ein von der Kommunikationsgewerkschaft D und der C G P und T vorgetragener Wahlvorschlag die konkrete Chance gehabt hätte, das 13. Gesamtbetriebsratsmandat sowie das 13. Ersatzmitgliedsmandat zu erlangen, sofern die Wahl der Gesamtbetriebsratsmitglieder dem Antrag des Antragstellers vom 03.06.2002 entsprechend im Wege der Verhältniswahl durchgeführt worden wäre. Sie haben hierzu behauptet, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätten die Mitglieder dieser beiden Gewerkschaften bei einem gemeinsamen Wahlvorschlag diesen auch in der Wahl geschlossen unterstützt.

Sie haben ferner die Auffassung vertreten, der ablehnende Beschluss, die Wahlen im Wege der Verhältniswahl durchzuführen, stelle einen Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften dar, da die Verhältniswahl als Grundprinzip des Betriebsverfassungsrechts angesehen werden müsse. Außer bei den Wahlen in Kleinbetrieben seien die Betriebsratswahlen regelmäßig im Wege der Verhältniswahl durchzuführen. Eine Änderung dieser Vorgabe könne nur durch Gesetz erfolgen. Das Gebot der Verhältniswahl habe verfassungsrechtlichen Rang, so dass davon auch durch Tarifvertrag nicht abgewichen werden könne.

Die Antragsteller haben beantragt,

die Beschlüsse der Versammlung des Entsendungsbereiches N der Betriebsräte der D P W N AG vom 04.06.2002 unter Tagesordnungspunkt 8 und Tagesordnungspunkt 9, mit der sie die Wahlen der Gesamtbetriebsratsmitglieder und der Ersatzmitglieder im Wege des Mehrheitsbeschlusses vorgenommen hat, für unwirksam zu erklären.

Die Beteiligten zu 4), 5) und 6) haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, der Gesamtbetriebsrat habe entsprechend der wirks...

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