Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs des Betriebsrats

 

Leitsatz (amtlich)

Der Auskunftsanspruch des Betriebsrats nach § 80 II BetrVG setzt nicht voraus, dass im Zeitpunkt seiner Geltendmachung bereits feststeht, dass bestimmte allgemeine Aufgaben oder Beteiligungsrechte zur Wahrnehmung anstehen. Es reicht vielmehr aus, dass hierfür eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht.

 

Normenkette

ArbGG § 87; BetrVG §§ 21b, 80 Abs. 2, § 87 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Entscheidung vom 05.06.2019; Aktenzeichen 3 BV 74/18)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin/Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 05.06.2019 in Sachen 3 BV 74/18 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um einen Auskunftsanspruch des mit einem Restmandat nach § 21 b) BetrVG ausgestatteten Betriebsrats.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Siegburg dazu bewogen haben, dem Auskunftsanspruch des Betriebsrats in vollem Umfang stattzugeben, wird auf die Abschnitte I und II der Gründe des angegriffenen arbeitsgerichtlichen Beschlusses Bezug genommen.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 05.06.2019 wurde der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin am 18.06.2019 zugestellt. Sie hat hiergegen am 16.07.2019 Beschwerde eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Frist am 19.09.2019 begründet.

Die Arbeitgeberin als Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, der in dem Schreiben vom 06.09.2017 an die Mitarbeiterin S enthaltene Satz,

„der mit Ihnen bereits vereinbarte Retention-Bonus für 2017 wird mit der Januar-Abrechnung 2018 an Sie ausbezahlt werden“,

enthalte keinen ausreichenden Anhaltspunkt für eine Wahrscheinlichkeit, dass ein kollektiver Tatbestand vorliege, der ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausgelöst haben könnte. Vielmehr deute die Bezeichnung der Zahlung als „vereinbart“ auf einen individuellen Sachverhalt hin. Anderes könne auch aus dem Begriff „Retention“ nicht geschlossen werden, da der Mitarbeiterin S nicht eine klassische Halteprämie gezahlt worden sei, sondern eine Prämie, die auf einer Zielvereinbarung vom 21.03.2017 beruhe. Es handele sich um einen Bonus für im Jahr 2017 erbrachte Leistungen. Das Restmandat des Betriebsrats könne hierdurch nicht mehr berührt werden, da es ausschließlich gegenwarts- bzw. zukunftsbezogen sei.

Auf den vollständigen Inhalt der Beschwerdebegründungsschrift der Beschwerdeführerin vom 19.09.2019 wird Bezug genommen.

Die Beteiligte zu 2) und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 05.06.2019 abzuändern und die Anträge des Beteiligten zu 1) abzuweisen.

Der Betriebsrat als Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde der Beteiligten zu 2) zurückzuweisen.

Der Betriebsrat und Beschwerdegegner verteidigt das ihm vom Arbeitsgericht zugebilligte Auskunftsrecht. Der Auskunftsanspruch diene gerade dazu nachprüfen zu können, ob sich ihm aktuell eine Regelungsfrage stelle, in deren Zusammenhang er das Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG auszuüben habe. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass dies der Fall sein könne, sei gegeben. Insbesondere schließe der Umstand, dass die Arbeitgeberin den Bonus aufgrund einer einzelvertraglichen Zusage gezahlt haben könnte, ein Mitbestimmungsrecht nicht aus.

Auf den vollständigen Inhalt der Beschwerdeerwiderungsschrift des Betriebsrats vom 14.11.2019 sowie das Sitzungsprotokoll des Anhörungstermins vom 12.12.2019 wird ebenfalls Bezug genommen.

II. A. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 05.06.2019 in Sachen 3 BV 74/18 ist zulässig. Sie ist gemäß § 87Abs. 1 ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 87 Abs. 2 i. V. m. § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen formal ordnungsgemäß eingelegt und begründet.

B. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 05.06.2019 musste jedoch erfolglos bleiben. Das Arbeitsgericht Siegburg hat den vom Betriebsrat geltend gemachten Auskunftsanspruch zu Recht zugesprochen. Es hat den ihm unterbreiteten Lebenssachverhalt in jeder Hinsicht rechtlich zutreffend gewürdigt und seine Entscheidung in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung umfassend und überzeugend begründet. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeinstanz rechtfertigt keine Abänderung des angegriffenen Beschlusses des Arbeitsgerichts.

Anknüpfend an die Ausführungen des Arbeitsgerichts unter II der Gründe seines Beschlusses vom 05.06.2019 bleibt unter Berücksichtigung des in der Beschwerdeinstanz erreichten Sach- und Streitstandes zusammenfassend und ergänzend das Folgende auszuführen:

1. Der Auskunftsanspruch des Betriebsrats findet seine Rechtsgrundlage in § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.

a. Das Auskunftsrecht des Betri...

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