Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei einer Mitarbeiterbefragung

 

Leitsatz (amtlich)

Hinsichtlich einer Mitarbeiterbefragung, die keinen Personalfragebogen i.S.d. § 94 BetrVG darstellt, ist die Mitbestimmung durch Betriebsvereinbarung ausgeübt, wenn die Struktur der Befragung hinsichtlich der Verarbeitung, Speicherung, Anonymisierung und Bekanntgabe der Ergebnisse geregelt ist. Die konkreten Fragen sind nicht mitbestimmt. Vielmehr sind mögliche Folgen innerhalb der Regelungen zur Struktur der Befragung zu regeln. (hier: Anonymisierung der Aussagen über Vorgesetzte wurde konkret in der BV übersehen)

Pressemitteilung

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Entscheidung vom 20.04.2016; Aktenzeichen 5 BV 108/15)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 11.12.2018; Aktenzeichen 1 ABR 13/17)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 20.04.2016- 5 BV 108/15 - abgeändert und der Antrag vollständig abgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten in der Beschwerdeinstanz nur noch darüber, ob bei einer konzernweiten Mitarbeiterbefragung der Inhalt der einzelnen Fragen dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unterfällt oder ob die Mitbestimmung durch die Einigung auf das "Informationsdokument zum IT-System Employee Opinion Survey (Mitarbeiterbefragung) Web-Version und Papier-und-Bleistift-Verfahren" abschließend ausgeübt wurde.

Der Antragsteller ist der bei der Antragsgegnerin, die den Konzern D P AG betreibt und etwa 216.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit beschäftigt, gebildete Konzernbetriebsrat.

Zwischen den Beteiligten besteht eine Konzernbetriebsvereinbarung "Informationstechnologien des Konzerns D P AG" (im Folgenden: KBV IT). Im Rahmen dieser KBV ist die Mitbestimmung hinsichtlich einzelner IT-Systeme und Anwendungen geregelt.

Seit dem Jahr 2007 führt die Arbeitgeberin konzernweite Mitarbeiterbefragungen durch, mit denen sie unter anderem die Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeiter festzustellen versucht. Die seit Beginn der Mitarbeiterbefragungen unveränderten Fragen werden durch das IT-System " Employee Opinion Survey" (im Folgenden: EOS) verarbeitet. Dieses System wurde nach den Bestimmungen der KBV IT mitbestimmt eingeführt. In dem auf der Grundlage der KBV IT zustande gekommenen Informationsdokument EOS ist unter anderem geregelt, wie die Anonymität der Mitarbeiter, die an der Befragung teilnehmen, gesichert wird, bis zu welcher Mitarbeiterebene Informationen aufgeschlüsselt werden, wie sichergestellt wird, dass Mitarbeiter nicht zweimal an der Befragung teilnehmen können, welche Rechner und Programme insgesamt eingesetzt werden, wie und wo Daten gespeichert werden. Nicht geregelt in dieser Vereinbarung ist, wie zu verfahren ist, wenn Fragen gestellt werden, die Aussagen über Vorgesetzte ermöglichen. Eine Regelung, wie die Anonymität der Vorgesetzten gewahrt werden kann, findet sich in dem Informationsdokument EOS nicht.

Nach Abschluss des Beteiligungsverfahrens zum Informationsdokument EOS veränderte die Arbeitgeberin den Fragenkatalog. Teilweise passte sie Fragen redaktionell an, teilweise fügte sie völlig neue Fragen hinzu. Die vom Konzernbetriebsrat gewünschten neuen Fragen nahm die Arbeitgeberin nicht in den Fragenkatalog auf.

Beide Beteiligten stellen außer Streit, dass die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates bzw. nach dessen Geschäftsordnung des Konzern Betriebsausschusses vorliegend gegeben ist, da die Arbeitgeberin mittels der jährlich gestellten Fragen nicht nur Veränderungen im Zeitablauf für einzelne Betriebe feststellen will, sondern auch aufgrund der einheitlichen Fragenstruktur Vergleiche verschiedener betrieblicher Einheiten weltweit vornehmen will.

Das Arbeitsgericht hat ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG abgelehnt. Es hat ebenso den Antrag abgewiesen, festzustellen, dass die beauftragte Erhebung und Erfassung von Daten mittels Personalfragebogen in Form der Mitarbeiterbefragung EOS 2015 nach § 94 Abs. 1 BetrVG unzulässig ist.

Der Konzernbetriebsrat ist insoweit nicht in die Beschwerde gegangen. Das Arbeitsgericht hat ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bejaht.

In der Beschwerde streiten die Beteiligten nunmehr nur noch darum, ob dieses Mitbestimmungsrecht gegeben ist oder die Mitbestimmung durch das Informationsdokument EOS vom 24.07.2014 abschließend ausgeübt wurde.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 20.04.2016, - Az. 5 BV 108/15 - abzuändern und die Anträge vollumfänglich zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich der geäußerten Rechtsansichten und insbesondere der bereits bestehenden Konzernbetriebsvereinbarungen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die zulässige und fristgerechte Beschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Der Konzernbetriebsrat hat sein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrV...

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