Entscheidungsstichwort (Thema)

Einrichtung einer Einigungsstelle aufgrund einer zwischenzeitlich gekündigten Betriebsvereinbarung zur Einführung und zum Betrieb eines Zeiterfassungssystems

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach Kündigung einer Betriebsvereinbarung zur Einführung und zum Betrieb eines Zeiterfassungssystems steht dem Betriebsrat kein Anspruch auf Einrichtung einer Einigungsstelle mehr zu, wenn die vorgesehene Bildung der Einigungsstelle nicht Gegenstand der zwingen Mitbestimmung war und und daher nach Kündigung der Betriebsvereinbarung keine Nachwirkung im Sinne von § 77 Abs. 6 BetrVG entfaltet.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 16.01.2018; Aktenzeichen 10 BV 324/17)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 16.01.2018 - 10 BV 324/17 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Einsetzung einer Einigungsstelle.

Die Beteiligten schlossen 2010 eine in der Folgezeit seitens der Arbeitgeberin gekündigte Betriebsvereinbarung zur Einführung und zum Betrieb eines Zeiterfassungssystems, die unter § 5 Nr. 1 vorsieht, dass eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle im Sinne BetrVG ausgeschlossen sei. Zusätzliche Auswertungen sind gemäß § 5 Nr. 2 der Betriebsvereinbarung von der Genehmigung des Betriebsrats abhängig. Gemäß § 7 Nr. 4 der Betriebsvereinbarung ist bei Streitfällen eine betriebliche Schlichtungsstelle vorgesehen. Wird die Schlichtung für gescheitert erklärt, kann jede Betriebspartei gemäß § 7 Nr. 5 der Betriebsvereinbarung eine Einigungsstelle mit zwei Vertretern je Seite anrufen.

Der Betriebsrat hat behauptet, die Arbeitgeberin habe in Bezug auf sein Mitglied A eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle auf der Grundlage der durch die Zeiterfassung gewonnenen Erkenntnisse durchgeführt. Dies ergebe sich daraus, dass die Arbeitgeberin Herrn A mit Schreiben vom 03.02.2017 ein eigenmächtiges vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes vorgeworfen habe. Der Versuch, eine betriebliche Schlichtungsstelle einzurichten, sei gescheitert.

Der Betriebsrat hat beantragt,

  1. den Richter am Arbeitsgericht S H P , K Straße , S , zum Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand der Untersagung der rechtswidrigen Leistungs- und Verhaltenskontrolle des Mitarbeiters B A sowie eines Verstoßes gegen § 5 Nr. 1 der Betriebsvereinbarung zur Einführung und zum Betrieb eines Zeiterfassungssystems zu bestellen;
  2. die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf zwei festzusetzen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig sei. Bei dem genannten Vorfall bezüglich des Mitarbeiters A handele sich um einen Einzelfall ohne kollektiven Bezug. Die Regelung in der Betriebsvereinbarung über die Einrichtung einer Einigungsstelle stelle eine freiwillige Regelung dar, die nach Ablauf der Kündigungsfrist ihre Wirkung verloren habe.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 16.01.2018 zurückgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Einigungsstelle zur Regelung der Angelegenheit offensichtlich unzuständig sei. Es fehle hierfür an einem kollektiven Tatbestand. Denn es gehe nur um eine einzelne Maßnahme gegenüber einem einzelnen Mitarbeiter. Die Regelung in § 7 Nr. 5 der Betriebsvereinbarung über die freiwillige Einrichtung einer Einigungsstelle entfalte nach Kündigung der Betriebsvereinbarung keine Nachwirkung.

Der Beschluss ist dem Betriebsrat am 01.02.2018 zugestellt worden. Seine dagegen gerichtete Beschwerde ist nebst Begründung am 15.02.2018 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen.

Der Betriebsrat rügt, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht einen kollektiven Tatbestand verneint. Herr A sei nicht der einzige Mitarbeiter, der von der Leistungs- und Verhaltenskontrolle betroffen sei. Bereits im Jahr 2017 habe sich ein weiteres arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren mit derselben Problematik befasst. Aufgrund dieses kollektiven Tatbestandes gehe es im vorliegenden Fall nicht um die Einrichtung einer freiwilligen Einigungsstelle, sondern es handele sich um einen Fall der erzwingbaren Mitbestimmung.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln vom 16.01.2018 - 10 BV 324/17 -

  1. den Richter am Arbeitsgericht S H P , K Straße , S , zum Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand der Untersagung der rechtswidrigen Leistungs- und Verhaltenskontrolle des Mitarbeiters B A sowie eines Verstoßes gegen § 5 Nr. 1 der Betriebsvereinbarung zur Einführung und zum Betrieb eines Zeiterfassungssystems zu bestellen;
  2. die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf zwei festzusetzen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts unter Vertiefung ihres Sachvortrags und bestreitet, dass weitere Mitarbeiter von einer Leistungs- und Verhaltenskontrolle betroffen gewesen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach...

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