Leitsatz (amtlich)

1.) Insbesondere dann, wenn für die Begründung des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten die reine Rechtsbehauptung, es liege ein Arbeitsverhältnis vor, ausreicht (vgl. LAG Köln vom 23.03.1995 LAGE § 2 ArbGG 1979 Nr. 17; BAG vom 24.04.1996 AP Nr. 1 zu § 2 ArbGG 1979 Zuständigkeitsprüfung), ist einer Erschleichung des Rechtsweges für andere Ansprüche über die Zusammenhangszuständigkeit nach § 2 Abs. 3 ArbGG nach dem auch im Prozeßrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben zu begegnen.

2.) Ein Subunternehmer eines Paketdienst-Systems, der mit 18 selbst ausgewählten Arbeitnehmern und eigenen Fahrzeugen in einem ihm überlassenen Bezirk den Zustellungsdienst organisiert und durchführt, ist nicht Arbeitnehmer.

 

Normenkette

BGB § 611; ArbGG §§ 2, 48; GVG § 17a

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 02.10.1996; Aktenzeichen 3 Ca 4254/96)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Arbeitsgerichts vom 02.10.1996 – 3 Ca 4254/96 – abgeändert:

Für die mit Schriftsatz vom 25.04.1996 erhobene Klage ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Ar beitssachen nicht gegeben.

2. Rechtsstreit wird insoweit an das Landgericht Köln verwiesen.

3. Soweit die Verweisung reicht, wird der Rechts streit von dem in demselben Verfahren (3 Ca 4254/96) mit Schriftsatz vom 27.11.1996 anhän gig gemachten Statusverfahren getrennt.

4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

I. Das Arbeitsgericht hat – noch bevor der Kläger seine Klage um den Feststellungsantrag erweitert hat, daß zwischen den Parteien in der Zeit vom 28.02.1991 bis zum 30.11.1995 ein Arbeitsverhältnis bestanden habe – gemeint, für die auf Freistellung von der für die Anschaffung der Fahrzeuge eingegangenen Darlehensverpflichtung des Klägers gegenüber der Sparkasse gerichtete Klage sei der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG zulässig. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG ist die Zuständigkeit gegeben für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Darum handelte es sich bei der Freistellungsklage offensichtlich nicht. Das Arbeitsgericht meint indes, der Freistellungsrechtsstreit, „bei dem es sich in erster Linie um eine unmittelbare Auswirkung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses handelt”, unterscheide sich nicht von einem sogenannten Statusprozeß. Der geltend gemachte Klageantrag sei nur bei Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses begründet und begründbar. Unter Bezug auf die Entscheidung der erkennenden Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln vom 23.03.1994 (4 Ta 19/95 LAGE § 2 ArbGG 1979 Nr. 17 = NZA 1996, 557 ff.) hält es damit seine Zuständigkeit für gegeben.

Das Arbeitsgericht hat nicht begründet, warum es sich bei dem Freistellungsprozeß „in erster Linie um eine unmittelbare Auswirkung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses” handele, bzw. warum der geltend gemachte Klageantrag nur beim Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses begründbar sei.

Die erkennende Kammer hat in dem Beschluß vom 23.03.1994 (LAGE § 2 ArbGG 1979, Nr. 17 = NZA 1996, 557 ff.) die Auffassung vertreten, daß für eine Kündigungsschutzklage nach dem Kündigungsschutzgesetz bei einer ordentlichen Kündigung der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten zulässig sei, ohne daß es auf die Frage ankomme, ob der Kläger seine Rechtsbehauptung, Arbeitnehmer zu sein, mit hinreichend substantiiertem Tatsachenvortrag schlüssig dargelegt habe. Dieser Auffassung hat sich das Bundesarbeitsgericht inzwischen angeschlossen (BAG 24.04.1996 AP Nr. 1 zu § 2 ArbGG 1979 Zuständigkeitsprüfung = NJW 1996, 2948 ff. = NZA 1996, 1005 ff.). Grundlage dieser Rechtsprechung ist, daß im Falle der Kündigungsschutzklage bei ordentlicher Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz der Klageanspruch mit dem Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses „steht und fällt”.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger in der Klageschrift seinen Freistellungsanspruch lediglich auf § 257 BGB gestützt. § 257 BGB setzt voraus, daß der Anspruchsberechtigte Ersatz für Aufwendungen verlangen kann, die er für einen bestimmten Zweck gemacht hat. Daß ein solcher Aufwendungsersatzanspruch nur im Arbeitsverhältnis gegeben sein könnte, ist offensichtlich unrichtig. Ein Aufwendungsersatzanspruch kann in jedem Rechtsverhältnis vereinbart werden, gegebenenfalls auch mangels ausdrücklicher Vereinbarung im Wege einer an Treu und Glauben orientierten ergänzenden Vertragsauslegung gefolgert bzw. aus der analogen Anwendung des § 670 BGB abgeleitet werden. Sofern ausdrückliche Vereinbarungen einem solchen Aufwendungsersatzanspruch entgegenstehen, können diese gemäß § 138 BGB nichtig sein und eine entsprechende, durch ergänzende Auslegung zu füllende Lücke hinterlassen. Daß diese Möglichkeit allein auf das Arbeitsverhältnis beschränkt wäre, ist nicht ersichtlich. Jeglicher Vertragstyp ist einer richterlichen Inhaltskontrolle zu unterziehen, wenn aufgrund gestörter Vertragsparität einseitig vorgegebene Vertragsbedingun...

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