Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzug von Arbeitsunfähigkeitstagen auf dem Arbeitszeitkonto im Zusammenhang mit Brückentagen des Betriebes. authentische Interpretation der bisherigen Regelungen über die Arbeitszeitflexibilisierung durch Tarifänderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 2 Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Elektrohandwerke in Nordrhein-Westfalen v. 21.03.1994 ist dahingehend auszulegen, dass Arbeitszeitguthaben nicht auf Urlaub, Krankheit und Feiertage, die auf einen Werktag fallen, angerechnet wird.

2. Bestimmt eine Betriebsvereinbarung, dass ein durch Abwesenheit des Arbeitnehmers infolge seiner Arbeitsunfähigkeit entstandenes Arbeitszeitdefizit lediglich durch Tarifurlaub, Nacharbeit oder unbezahlte Freizeit ausgeglichen werden kann, so ist diese Regelung unwirksam. Sie verstößt gegen die Unabdingbarkeit der Entgeltfortzahlung nach § 12 EntgeltfortzG und ist deshalb gem. § 134 BGB nichtig.

 

Normenkette

MTV-Elektrohandwerk 1994 §§ 2, 11; MTV-Elektrohandwerk 2001 § 2 Ziff. 7

 

Verfahrensgang

ArbG Bocholt (Urteil vom 16.03.2001; Aktenzeichen 2 Ca 1328/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.01.2004; Aktenzeichen 5 AZR 58/03)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 16.03.2001 (2 Ca 1328/00) teilweise abgeändert:

Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten wird festgestellt, daß das Arbeitszeitkonto des Klägers am 01.01.2000 einen Stand von 30,4 Guthabenstunden aufwies.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.014,03 EUR festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Streit der Parteien geht darum, ob in der Zeit vom 20.12. bis 31.12.1999 im Zusammenhang mit Brückentagen des Betriebes auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers 69.20 Stunden in Abzug gebracht werden konnten oder nicht. Die Beklagte ist ein Unternehmen des Elektrohandwerks. Sie befaßt sich unter anderem mit der Konstruktion und Herstellung von Schaltanlagen und unterhält Betriebe in 02. und D3..

Bei ihr ist der Kläger seit dem 18.10.1988 als technischer Zeichner im Betrieb 02. zu einem monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 4.613,63 DM beschäftigt. Er ist Vorsitzender des dortigen siebenköpfigen Betriebsrats. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die Arbeitnehmer der Elektrohandwerke in Nordrhein-Westfalen Anwendung. Im Manteltarifvertrag vom 21.03.1994 (MTV 1994) ist u.a. bestimmt:

§ 2

Arbeitszeit

1. a) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 37,0 Stunden und ab 01.04.1996 36,0 Stunden.

Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,0 Stunden beträgt die tägliche Arbeitszeit bei gleichmäßiger Verteilung auf 5 Werktage 7,4 Stunden (gleich 7 Stunden 24 Minuten) und die durchschnittliche monatliche Arbeitszeit 160,95 Stunden. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 36,0 Stunden beträgt die tägliche Arbeitszeit bei gleichmäßiger Verteilung auf 5 Werktage 7,2 Stunden (gleich 7 Stunden und 1 Minuten) und die durchschnittliche monatliche Arbeitszeit 156,60 Stunden.

b) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann gleichmäßig oder ungleichmäßig auf 5 Werktage verteilt werden. Hierbei darf die werktägliche Arbeitszeit die Dauer von 8 Stunden nicht überschreiten.

c) Die wöchentliche Arbeitszeit kann ungleichmäßig auf die einzelnen Werktage sowie auf mehrere zusammenhängende Wochen oder Monate verteilt werden. Im Durchschnitt dieser Verteilungszeiträume soll die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nicht überschritten werden. Sie kann zwischen 32 und 40 Stunden betragen.

Hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit für den Betrieb, einzelne Betriebsabteilungen. Betriebsstätten (Montagestellen) oder einzelne Arbeitnehmer sind die Wünsche der betroffenen Arbeitnehmer sowie die gesetzlichen Bestimmungen – Arbeitszeitgesetz, Betriebsverfassungsgesetz, Tarifverträge usw. zu beachten.

Der Durchschnitt der jeweils gültigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit muß innerhalb eines Ausgleichszeitraums von 6 Monaten erreicht werden. Aus betrieblichen Gründen kann der Ausgleichszeitraum durch Betriebsvereinbarung auf 12 Monate ausgedehnt werden. Ein längerer Ausgleichszeitraum kann nur mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien festgelegt werden.

Der Zeitausgleich kann auch in der Form von Freischichten erfolgen. Innerhalb von 6 Monaten dürfen 9 Arbeitstage (bis zum 31.03.1998) bzw. 12 Arbeitstage (ab 01.04.1998) in diesen Zeitausgleich einbezogen werden. Vereinbarungen über Freischichten unterliegen der Zustimmung des Betriebsrats und sind einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer zu regeln.

d) Die regelmäßige Arbeitszeit endet am Tage vor Weihnachten und Neujahr spätestens um 13.00 Uhr.

2. Die Verteilung und Festlegung der regelmäßigen Arbeitszeit für den Betrieb, einzelne Betriebsabteilungen, Betriebsstätten (Montagestellen) oder einzelne Arbeitnehmer auf die einzelnen Werktage, die Festlegung von Ausgleichszeiträumen sowie Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Pausen werden durch Betriebsvereinbarung zwischen Ar...

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