Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe des Urlaubsentgelts eines Betriebsratsmitglieds

 

Leitsatz (redaktionell)

Geleistete Ausgleichszahlungen für Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit ohne Freizeitausgleich sind bei der Ermittlung des Urlaubsentgelts i.S. von § 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG zu berücksichtigen.

 

Normenkette

BUrlG § 11 Abs. 1 S. 1; BetrVG § 37 Abs. 3 S. 3 Hs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 27.04.2016; Aktenzeichen 3 Ca 2493/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 08.11.2017; Aktenzeichen 5 AZR 11/17)

 

Tenor

  1. Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 27.04.2016 - 3 Ca 2493/15 werden zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 15%, die Beklagte zu 85%.
  3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Einbeziehung von Ausgleichszahlungen wegen Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit in die Berechnung des Urlaubsentgelts und der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle.

Der 1970 geborene Kläger ist seit dem 31.05.1996 bei der Beklagten als Zeitungszusteller tätig. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein "Zustellvertrag" vom 22.10.1996 zugrunde, in welchem u.a. unter einer Ziffer 19 eine Ausschlussklausel enthalten ist, die eine Frist zur schriftlichen Geltendmachung von 14 Tagen vorsieht (Bl. 123, 124 d.A.). Grundsätzlich ist die Arbeitsleistung in den frühen Morgenstunden zu erbringen, da die auszutragenden Zeitungen bei den Kunden bis 6.00 Uhr zuzustellen sind. Die Kläger ist Mitglied des bei der Beklagten gewählten Betriebsrates; aufgrund des Umfangs der Betriebsratstätigkeit trägt er seit geraumer Zeit keine Zeitungen mehr aus. Insoweit ist zwischen den Parteien nicht im Streit, dass sämtliche Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit anfällt.

Die Beklagte beschäftigte ursprünglich ca. 1.200 Mitarbeiter, aktuell deutlich weniger und erbringt Zustelldienste u.a. für die Zeitung X im Ostwestfälischen Raum.

Die Beklagte leistete an den Kläger wegen der außerhalb der Arbeitszeit anfallenden Betriebsratsarbeit, die nicht in Freizeit ausgeglichen werden kann, Ausgleichszahlungen. Die Berechtigung dieser Ausgleichszahlungen sowie deren Höhe und die zugrunde liegenden Zeiträume sowie die einzelnen Zeiten sind zwischen den Parteien nicht im Streit.

In Zeiten des Urlaubs und der Erkrankung des Klägers von August 2012 bis Juli 2015 bezog die Beklagte bei der Berechnung sowohl des Urlaubsentgeltes wie auch der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle diese Ausgleichszahlungen nicht mit ein.

Der Kläger errechnete hinsichtlich des Urlaubsentgeltes einen Differenzbetrag für den vorgenannten Zeitraum in Höhe von 6.479,82 € brutto, der sich nach einer von ihm vorgelegten Tabellenkalkulation (Bl.4 d.A.) "Unter Berücksichtigung der von der Beklagten ... erfolgten Ausgleichszahlungen nach § 37 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2BetrVG ergibt".

Die Zahlung dieses Betrages hat der Kläger ursprünglich mit der vorliegenden, am 22.10.2015 beim Arbeitsgericht Bielefeld eingegangenen Klage verfolgt. Während der Rechtshängigkeit stellte die Beklagte eine Berechnung für den vorgenannten Zeitraum an, die nicht nur die Differenz bei der Zahlung des Urlaubsentgelts, sondern auch eine weitere Differenz für Zeiträume der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle beinhaltete. Insoweit errechnete sie einen Betrag in Höhe von 5.951,98 € brutto, den sie am 06.11.2015 an den Kläger leistete. Dabei entnahm die Beklagte die geleisteten Ausgleichszahlungen den jeweiligen Lohnabrechnungen (Bl. 39-88 d.A.); ausgewiesen dort als "BR StdL Basisbezug", bildete einen drei Monats-Schnitt und ermittelte die im jeweiligen Monat anfallenden und durch Urlaub oder Krankheit ausgefallenen Arbeitstage (Bl. 102 d.A.). Keine zwei Wochen später, am 19.11.2015, wandte sich die Beklagte, vertreten durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten, an die den Kläger vertretende Gewerkschaft ver.di und teilte mit, dass sie u.a. an den Kläger eine Nachzahlung in Höhe von 5.951,98 € geleistet habe, die hinsichtlich des Klägers zum Gegenstand einer Widerklage, mit der die Rückzahlung der Beträge gefordert werde, gemacht werde. Die Beklagte beziehe sich ausdrücklich auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Thüringen vom 17.12.2010, 5 Sa 143/10, veröffentlicht u.a. bei [...]. Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 19.11.2015 wird auf Bl. 131, 132 d.A. Bezug genommen. Die angekündigte Widerklage wurde dem Vertreter des Klägers am 02.12.2015 zugestellt. In Höhe der Widerklage hat der Kläger die Klage zurückgenommen (Bl. 115 d.A.).

Er hat vorgetragen:

Der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Thüringen in der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung könne nicht gefolgt werden. Nach wie vor sei davon auszugehen, dass mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit der Entscheidung vom 11.01.1995, 7 AZR 543/94, von einer Einbeziehung der Ausgleichszahlungen für Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit ohne Freizeitausgleich auszugehen sei. Diese Auffa...

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