Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung. Urlaubsvergütung. Zeiten für Betriebsratstätigkeit ohne Freizeitausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

Der Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 04.10.2003 enthält eine von §§ 3, 4 EFZG und § 11 BUrlG abweichende Regelung zur Berechnung des Geldfaktors für die Urlaubsvergütung und für die Entgeltfortzahlung nach dem EFZG. Der Zeitfaktor bestimmt sich nach den gesetzlichen Vorschriften.

Mit Änderung des § 4 EFZG durch das Gesetz „zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte” vom 19.12.1998 und mit Änderung des § 11 BUrlG durch das „Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz” vom 25.09.1996 sind Zeiten, die ohne Freizeitausgleich für Betriebsratstätigkeit aufgewandt wurden, und die hierfür gezahlte Vergütung bei Entgeltfortzahlung nach dem EFZG und der Urlaubsvergütung nicht mehr zu berücksichtigen (anders noch BAG 11.01.1995 – 7 AZR 543/94 –).

 

Normenkette

EFZG § 4; BUrlG § 11

 

Verfahrensgang

ArbG Suhl (Urteil vom 03.02.2009; Aktenzeichen 1 Ca 1870/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgericht Suhl vom 03.02.2009 – 1 Ca 1870/09 – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

für den Monat April 2009 ein weiteres Entgelt in Höhe von 27,68 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.05.2009,

für den Monat Mai 2009 ein weiteres Entgelt in Höhe von 67,80 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.06.2009,

für den Monat Juni 2009 ein weiteres Entgelt in Höhe von 19,92 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.07.2009 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 10% und die Beklagte zu 90%.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechnung von Urlaubsvergütung und Entgeltfortzahlung.

Die Klägerin war bei der Beklagten als „Reinigerin” beschäftigt. Im April 2009 hatte sie an vier und im Mai 2009 an fünf Tagen Urlaub. Im Mai 2009 war sie an fünf und im Juni 2009 an drei Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung von Urlaubsvergütung bzw. Entgeltfortzahlung müssten die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten zwölf Monate und der durchschnittliche Stundenverdienst der letzten zwölf Monate zu Grunde gelegt werden. Es sei falsch, dass die Beklagte lediglich die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeit von 30 Wochenstunden und den tariflichen Grundlohn von 6,67 EUR berücksichtigt habe. Sie habe – unstreitig – über die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeit hinaus gearbeitet und neben dem Grundlohn auch Feiertags- und Sonntagszuschläge erhalten.

Mit Schreiben vom 16.06.2009 und 28.07.2009 hat die Klägerin weitere Urlaubsvergütung und Entgeltfortzahlung für die Monate April und Mai 2009 und mit Klage vom 18.08.2009 weitere Ansprüche für Juni 2009 geltend gemacht.

Der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbare Allgemeinverbindliche Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 04.10.2003 (im weiteren RTV) enthält auszugsweise folgende Regelung:

„§ 5 Arbeitsversäumnis bei Arbeitsunfähigkeit

(…)

2. (…)

Bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit bzw. Arbeitsunfall erhält der/die Beschäftigte bis zu einer Dauer von sechs Wochen seinen/ihren für seine/ihre regelmäßige Arbeitzeit durchschnittlichen Lohn der letzten zwölf Monate; unberücksichtigt bleiben dabei

unverschuldete Fehltage, wie z. B. Krankheitstage außerhalb des gesetzlichen Entgeltfortzahlungszeitraumes, Kurzarbeitszeiten, u. s. w. (…)

§ 14 Urlaub

(…)

2.1. Während des Urlaubs erhält der/die Beschäftigte den für seine/ihre regelmäßige Arbeitszeit durchschnittlichen Lohn der letzten zwölf Monate, unberücksichtigt bleiben dabei

unverschuldete Fehltage, wie z. B. Krankheitstage außerhalb des gesetzlichen Entgeltfortzahlungszeitraumes, Kurzarbeitszeiten, u. s. w.

Bei der Berechnung des Lohnes bleiben außer Ansatz: Einmalvergütungen, Aufwendungsersatz, wie z.B. Gratifikationen, Fahrtkosten und Auslösung.”

Arbeitsverdienst und Arbeitszeit der Klägerin in der Zeit von April 2008 bis Mai 2009 stellten sich folgendermaßen dar:

Lohn

Std.

Arbeitstage

04/08

1.104,09 EUR

152,78

22

05/08

1.114,66 EUR

153,99

22

06/08

1.010,09 EUR

134,75

21

07/08

995,50 EUR

141,00

23

08/08

910,87 EUR

132,25

21

09/08

1.044,77 EUR

152,70

22

10/08

1.058,45 EUR

150,25

23

11/08

993,00 EUR

136,50

20

12/08

1.123,06 EUR

151,50

23

01/09

961,73 EUR

132,00

22

02/09

942,97 EUR

129,00

20

03/09

1.141,40 EUR

158,00

22

04/09

1.007,58 EUR

137,75

22

05/09

1.017,59 EUR

140,00

21

Die Klägerin hat beantragt,

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für April 2009 weiteres Entgelt in Höhe von 30,68 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über de...

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