Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer tarifvertraglichen Regelung hinsichtlich der Höhe des Urlaubsgeldes

 

Leitsatz (redaktionell)

Ermittelt der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer den Urlaubslohn nach der tarifvertraglichen Regelung aus dem durchschnittlichen Lohn der letzten 12 Monate, so sind auch im Referenzzeitraum gezahlte Überstundenvergütungen zu berücksichtigen.

 

Normenkette

BUrlG § 11; EFZG § 4; RTV Gebäudereiniger § 3 Fassung: 2011-06-28, § 15 Fassung: 2011-06-28; TVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 14.11.2013; Aktenzeichen 12 Ca 9982/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.02.2018; Aktenzeichen 9 AZR 238/17)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.11.2013 in Sachen12 Ca 9982/12 abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 511,21 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die richtige Berechnung der Vergütung für einen dem Kläger im Sommer 2012 gewährten Erholungsurlaub nach Maßgabe des zum 01.01.2012 in Kraft getretenen Rahmentarifvertrages für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 28.06.2011.

Der am 1973 geborene Kläger steht seit dem 24.07.1995 bei der Beklagten in einem Vollzeitarbeitsverhältnis als Kraftwerksreiniger. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand im Jahre 2012 der seit dem 01.01.2012 in Kraft befindliche Rahmentarifvertrag für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 28.06.2011 (im Folgenden "RTV") Anwendung.

§ 15 RTV regelt u. a. Folgendes:

"2. Urlaubslohn

2.1 Während des Urlaubs erhält der/die Beschäftigte den durchschnittlichen Lohn der letzten zwölf Monate für seine/ihre aktuelle regelmäßige Arbeitszeit; unberücksichtigt bleiben dabei unverschuldete Fehltage, wie z. B. Krankheitstage außerhalb des gesetzlichen Entgeltfortzahlungszeitraumes, Kurzarbeitszeiten, usw.

Bei der Berechnung des Lohnes bleiben außer Ansatz: Einmalvergütungen, Aufwendungsersatz, wie z. B. Gratifikationen, Fahrtkosten und Auslösung."

§ 3 RTV enthält zur Arbeitszeit folgende Bestimmungen:

"1. Allgemeine Regelungen

1.1 Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 39 Stunden. Die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit, ausschließlich der Ruhepausen, beträgt 8 Stunden.

...

3. Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit

3.1 Mehrarbeit (Überstunden) ist die Arbeitszeit, die über die regelmäßige wöchentliche oder werktägliche Arbeitszeit gemäß Nr. 1 hinaus geleistet wird."

Der Kläger leistete im Zeitraum 2011/2012 ebenso wie die meisten anderen bei der Beklagten beschäftigten Kraftwerksreiniger nahezu jeden Monat Überstunden in unterschiedlichem Umfang.

Die Beklagte gewährte dem Kläger von Montag, dem 16.07.2012 bis Dienstag, dem 21.08.2012 einschließlich Erholungsurlaub. In den Zeitraum von Montag, dem 16.07.2012 bis Dienstag, dem 31.07.2012 fielen 12 Urlaubstage, in den August fielen 15 Urlaubstage. Die Beklagte rechnete für den in den Monat Juli 2012 fallenden Teil des Erholungsurlaubs 94 Arbeitsstunden ab, für den in den Monat August fallenden Teil 117 Stunden. Sie legte dabei die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden zugrunde. Dabei verteilte sie die tarifliche Wochenarbeitszeit gedanklich auf die Tage Montag bis Donnerstag zu je 8 Stunden und Freitag zu 7 Stunden. So erklärt sich die Berechnung für die 12 Urlaubstage im Monat Juli 2012 mit 2 x 39 Stunden plus 2 x 8 Stunden (Montag/Dienstag). Für die 15 Urlaubstage im August ergaben sich 3 x 39 Stunden = 117 Stunden.

Aus dem "durchschnittlichen Lohn der letzten 12 Monate" errechnete die Beklagte für die Urlaubsstunden im Monat Juli 2012 einen Stundenlohn von12,42 €, für die Urlaubsstunden im Monat August 2012 einen Stundenlohn von 12.33 €. Der allgemeine tarifliche Stundenlohn des Klägers betrug zu diesem Zeitpunkt 11,22 €. Vergütungsbestandteile, die der Kläger im Referenzzeitraum für von ihm geleistete Überstunden erhalten hatte, berücksichtigte sie dabei nicht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, in die Durchschnittsberechnung zur Ermittlung des Urlaubslohnes habe auch die für Überstunden im Referenzzeitraum erzielte Vergütung mit einzufließen. Dies müsse schon deshalb gelten, weil die Überstunden regel- und planmäßig angefallen seien. Nach der Berechnung des Klägers hat die Beklagte ihm daher für die im Monat Juli 2012 angefallenen Urlaubstage 208,35 € brutto zu wenig gezahlt, für die Urlaubstage des Monats August weitere 302,86 € brutto. Unter der Voraussetzung, dass die im Referenzzeitraum angefallene Überstundenvergütung mit zu berücksichtigen ist, ist die Berechnung des Klägers rechnerisch unstreitig (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 17.11..2016).

Der Rechenweg des Klägers lautet dabei im Einzelnen wie folgt:

- Urlaubslohn für Juli 2012

Gesamtverdienst im Referenzzeitraum Juli 2011 bis Juni 2012 ohne Einmalzahlung (Ur...

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