Die Revision wird zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Freistellungsanspruch. ergänzende Vertragsauslegung. betriebliche Übung. Energielieferung

 

Leitsatz (amtlich)

Der durch eine betriebliche Übung begründete Anspruch auf Leistung verbilligter Energie von Arbeitnehmern und Ruheständlern kann sich in einen Anspruch auf Freistellung von Kosten der Energielieferung wandeln, wenn die Arbeitgeberin keine Endkunden mehr beliefert, jedoch noch mittelbar an der Energieversorgung beteiligt ist.

 

Normenkette

BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 06.10.2004; Aktenzeichen 2 Ca 3120/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.02.2008; Aktenzeichen 3 AZR 61/06)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 06.10.2004 – 2 Ca 3120/03 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Freistellung von Energiekosten während des Ruhestands eines Arbeitnehmers.

Der am 13.01.14xx geborene, verheiratete Kläger wurde 1963 von dem Eigenbetrieb Stadtwerke der Stadt G1xxxxxxxxxxx eingestellt. Durch Umwandlungsbeschluss vom 05.06.1978 wurde der Eigenbetrieb nach § 58 UmwG umgewandelt in die Beklagte, die zunächst firmiete als Fa. S3xxxxxxxx G1xxxxxxxxxxx GmbH und seit Anfang 1999 wie im Passivrubrum angeführt. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten endete aufgrund des Auflösungsvertrags vom 31.01.1996 (Abl. Bl. 29 d.A.) am 31.08.1998. Seit Vollendung des 60. Lebensjahres im Jahre 2000 bezieht der Kläger die gesetzliche Altersrente.

Anfang 1999 wurde die Firma E3xxxxx-L3xxx E1xxxxx GmbH (im Folgenden: Fa. E4x) in das Handelsregister eingetragen. Die Fa. R3x AG übertrug die ihrem Teilbetrieb „R8xxx-xxxxxxxxx E3xxxxx-L3xxx” zuzuordnenden Vermögensgegenstände und Rechtsstellungen in den Städten G1xxxxxxxxxxx und B2xxxxx im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme auf die Fa. E4x. Später übertrug sie sämtliche der Netzregion West zuzuordnenden Vermögensgegenstände und Rechtsstellungen in der Stadt G2xxxxxx im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme der Fa. E4x. Entsprechend übertrugen die Beklagte und die Fa. R4xxxx G2xx-xxxx ihre die Energieversorgung betreffenden Teilbetriebe auf die Fa. E4x. Diese übernahm ab Anfang 1999 die Energieversorgung in den Versorgungsgebieten der von ihr übernommenen Betriebsteile der drei Energieversorgungsunternehmen.

Die Beklagte betreibt gegenwärtig die städtischen Bäder, das Sportparadies, den Zoo sowie ein Blockheizkraftwerk in G1xxxxxxxxxxx-R5xxx, dessen Energie jedoch ausschließlich an die R3x-P1xxx AG sowie einen Großabnehmer geliefert wird. Das Blockheizkraftwerk, das mit zwei Dieselmotoren und Grubengas betrieben wird, dient nach dem Vortrag der Beklagten dazu, Stromspitzen abzufangen und werde nur für Sondereinsätze hochgefahren. Es speise dann gegen Vergütung in das Mittelspannungsnetz der R3x-Stromversorgung E3-xxxxx-L3xxx ein. Es diene nicht der Belieferung von Endkunden. Die Beklagte verfügt nach ihrem Vortrag nicht mehr über eine Genehmigung nach § 3 EnWG und sei deshalb nicht als Energieversorgungsunternehmen zugelassen.

In der Vergangenheit bestand bei dem Eigenbetrieb und später bei der Beklagten die ständige Übung, den aktiven Mitarbeitern wie auch den Ruheständlern bzw. deren überlebenden Ehegatten vergünstigte Energie (Strom, Erdgas) zu liefern. Die Vergünstigung betrug 50% auf die Verbrauchskosten und auf die Zählermiete. Die Fa. E4x führte die Energielieferungen zu den gleichen Konditionen fort. Sie führt dies auf Abrechnungsfehler aufgrund der übermittelten und nicht korrigierten alten Datensätze zurück. Die vergünstigten Lieferungen seien zunächst nicht aufgefallen, sondern erst anlässlich einer Steuerprüfung bemerkt worden.

Mit Schreiben vom 22.10.2003 (Abl. Bl. 3 f. d.A.) teilte die Beklagte dem begünstigten Personenkreis mit, dass künftig eine vergünstigte Energielieferung ohne lohnsteuerliche Konsequenzen nicht mehr möglich sei, da sie keine Energie mehr an Endkunden liefere. Die steuervergünstigte Energielieferung müsse daher rückwirkend zum 31.12.2002 eingestellt werden. Ab 2003 würden die bisher Begünstigten als normale Energiekunden von der Firma E4x beliefert. Zugleich wurde den ehemaligen Mitarbeitern die Zahlung eines Ausgleichsbetrages in Höhe des 30-fachen monatlichen geldwerten Vorteils der Energielieferung des Jahres 2002 angeboten.

Am 17.11.2003 schloss die Beklagte mit ihrem Betriebsrat rückwirkend zum 01.01.2003 eine Betriebsvereinbarung (Abl. Bl. 19 – 22 d. A.), die für die aktiven Mitarbeiter anstelle der bisherigen Vergünstigungen bei Energielieferungen eine monatliche individuelle persönliche Zulage vorsieht, die sich aus dem Monatsdurchschnitt des individuell gewährten geldwerten Vorteils aus der Gewährung der Energievergünstigung des Kalenderjahres 2002 zuzüglich 10 % zusammensetzt. Hinsichtlich der Pensionäre bzw. Hinterbliebenen wird geregelt, dass bisherige Vergünstigungen für Energielieferungen entfallen und statt dessen der genannte Personenkreis auf Antrag eine einmali...

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