Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliche Mehrarbeitsvergütung. Betriebsübergang

 

Leitsatz (redaktionell)

Tarifvertragliche Regelungslücken können nur dann durch ergänzende Auslegung geschlossen werden, wenn sie unbewusst entstanden sind, eine abschließende Regelung geschaffen werden sollte und Anhaltspunkte dafür bestehen, wie die Tarifvertragsparteien bei Kenntnis die Lücke geschlossen hätten.

 

Normenkette

BGB §§ 613a, 611; TVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 17.01.2008; Aktenzeichen 5 Ca 1139/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.11.2010; Aktenzeichen 8 AZR 392/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 17.01.2008 – 5 Ca 1139/07 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger war seit dem 24.11.1969 bei der Beklagten zu 2, die hochwertige Küchengeräte für den Gastronomiebereich fertigt, im Bereich Wärmetechnik beschäftigt.

Die Beklagte zu 2 übertrug in Vollzug eines Unternehmenskaufvertrages den Bereich Wärmetechnik zum 31.12.2006 auf die Beklagte zu 1.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging, wie in einem Schreiben der Beklagten zu 2 vom 22.12.2006 mitgeteilt, zum 31.12.2006 auf die Beklagte zu 1 im Wege eines Betriebsteilübergangs über.

Unter dem 08.06.2001 vereinbarten die Beklagte zu 2 und die K1 H1 AG einerseits und die IG Metall, Bezirksleitung NRW, andererseits eine tarifliche Sonderregelung, nach deren § 2 die Beschäftigten Mehrarbeit leisten sollten und die geleisteten Mehrarbeitsstunden auf einem gesonderten Mehrarbeitskonto erfasst werden sollten. Zur Vergütung der Mehrarbeit enthielt § 2 d) folgende Regelungen:

„Die Vergütung dieser Mehrarbeit erfolgt nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

  1. Das auf dem gesonderten Mehrarbeitskonto erfasste Zeitguthaben dient allein als Berechnungsgröße zur Ermittlung der nachstehenden renditeorientierten Ergebnisbeteiligung für die Beschäftigten.
  2. Die Auszahlung des Zeitguthabens erfolgt mit der aktuellen Vergütung und ohne Zuschläge in Abhängigkeit von dem jeweils im Geschäftsjahr erzielten Geschäftsergebnis nach Maßgabe der folgenden Regelungen:

Eine Vergütung der offenen Mehrarbeitsstunden erfolgt immer dann, wenn am Ende des Geschäftsjahres die Umsatzrendite = ≫ über 2,48 % liegt. Von der Ergebnisverbesserung kommt jeweils 50 % zur Auszahlung bis ein vollständiger Ausgleich erfolgt ist.

Die Ermittlung des Geschäftsergebnisses erfolgt nach dem testierten Jahresergebnis. Hierzu wird jeweils unverzüglich nach Ende eines Geschäftsjahres (31. Dezember) geprüft, ob die eine Vergütungspflicht auslösende Rendite erreicht ist. Zur abschließenden Prüfung wird dem Betriebsrat die offizielle Ergebnisrechnung zur Verfügung gestellt und auf Wunsch ergänzende Unterlageneinsicht (ggf. unter Hinzuziehung eines Vertreters der IG Metall) gewährt.

Kommt es im Zusammenhang mit der Frage, ob dem Betriebsrat/der IG Metall alle zur Prüfung des Geschäftsergebnisses erforderlichen Unterlagen ausgehändigt worden sind und/oder ob und in welcher Höhe eine Vergütung auf der Grundlage dieses Tarifvertrages gezahlt werden kann, zu einem Streit, der nicht einvernehmlich zwischen den Parteien geregelt werden kann, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers, des Betriebsrates und der IG Metall die Einigungsstelle gemäß § 76 BetrVG den Streitverbindlich. Im Übrigen bleibt der Rechtsweg offen.

Bei Tod des Beschäftigten steht der Anspruch auf Zahlung des Zeitguthabens nach den vorstehenden Regeln den Hinterbliebenen zu.

Die Anspruchsberechtigung und Auszahlung richtet sich nach § 22 MTV Metall NRW.

  1. kommt in dem jeweiligen Geschäftsjahr wegen Unterschreitung der Zielsetzung keine Ergebnisbeteiligung zur Auszahlung, so wird das bestehende Zeitguthaben auf das Folgejahr übertragen.
  2. Bei betriebsbedingter Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Veranlassung des Arbeitgebers ist das im Geschäftsjahr des Austritts entstehende Zeitguthaben – ohne Zuschläge – unabhängig von den vorstehenden Regelungen mit der letzten Lohn- und Gehaltsabrechnung auszuzahlen.
  3. Arbeitnehmer, die während der Laufzeit oder elf Monate danach durch Altersteilzeit, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ausscheiden, erhalten rückwirkend die vollen tariflichen Leistungen berechnet und ausgezahlt.
  4. Im Übrigen finden die flächentariflichen Mehrarbeitsbestimmungen unter Beachtung der vorgreiflichen Regelungen dieses Ergänzungstarifvertrages Anwendung.
  5. Soweit außerhalb der vorstehend geregelten Mehrarbeit weitere Mehrarbeit geleistet wird, gelten insoweit die allgemeinen tarifvertraglichen Bestimmungen mit der Maßgabe, dass für die Staffel der Mehrarbeitszuschläge nach § 6 Nr. 1 a) MTV Metall NRW die nach diesem Sondertarifvertrag zu leistenden Mehrarbeitsstunden außer Betracht bleiben.”

Nach § 4 Ziff. 2. trat die tarifliche Sonderregelung am 01.07.2001 in Kraft und endete mit Ablauf des 31.12.2002 mit Ausnahme des § 2 Ziff. d), der bis zum Ausgleich der tariflichen Ansprüche gelten sollte.

Unter dem 15.12....

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