Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierungssystematik im TVöD-V/VKA. Bestimmung des Arbeitsvorgangs als Bezugspunkt der tariflichen Eingruppierung. Betriebsorganisation und Arbeitsvorgang

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 12 Abs. 2 Sätze 1 und 2 TVöD-V/VKA ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Dies ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Jeder Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf hinsichtlich der Anforderungen nicht aufgespalten werden.

2. Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sind eine natürliche Betrachtungsweise und die durch den Arbeitgeber vorgenommene Arbeitsorganisation ausschlaggebend. Dabei kann auch die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen.

3. Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist die Organisation des Arbeitgebers. Wird einer Sozialarbeiterin/einem Sozialarbeiter die einheitliche Fallbearbeitung mit unterschiedlich komplexen Aufgaben übertragen, ohne dass in den organisatorischen Ablauf der erforderlichen Arbeitsschritte durch den Arbeitgeber eine Zäsur mit einer neuen Arbeitsaufgabe eingefügt wird, handelt es sich regelmäßig um einen einheitlichen Arbeitsvorgang.

 

Normenkette

TVÜ-VKA § 17 Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 1, § 29a; TVöD-V/VKA § 12; TVöD-V/VKA § 12 Anl. 1 EntgO Teil B Nr. XXIV; TVöD-V/VKA EntgO EG S 12; TVöD-V/VKA EntgO EG S 14; BAT § 22 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Entscheidung vom 21.02.2019; Aktenzeichen 4 Ca 2218/18)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 21.02.2019 -17 Sa 504/19 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin in einem inzwischen beendeten Arbeitsverhältnis.

Sie ist Diplom-Sozialarbeiterin mit staatlicher Anerkennung (Bl. 17, 18 d.A.).

Mit Arbeitsvertrag vom 13.03.2008 (Bl. 15, 16 d. A.) stellte die Beklagte sie mit Wirkung zum 01.04.2008 als Diplom-Sozialarbeiterin ein. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages richtete sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für die Verwaltung vom 13.09.2005 und den diesen Tarifvertrag ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA). Die Klägerin war zunächst gemäß § 4 des Arbeitsvertrags in der Entgeltgruppe 9 (§ 17 TVÜ-VKA) eingruppiert.

Sie erzielte zuletzt ein Gehalt nach der Entgeltgruppe S 12 TVöD-V/VKA.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete durch Auflösungsvertrag mit dem 31.07.2018.

Am 04.07.2016 erteilte die Beklagte ihr ein Zwischenzeugnis (Bl. 28, 29 d.A). Sie beschrieb ihren Aufgabenbereich im Wesentlichen wie folgt:

- Fachliche Begleitung und Beratung von Pflegefamilien und Pflegekindern während des Pflegeverhältnisses

- Hilfeplanung gemäß § 36 SGB VIII

- Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung gemäß § 8a SGB VIII

- Mitwirkung in Verfahren vor dem Familiengericht gemäß § 50 SGB VIII

- Einschätzung und Überprüfung der Eignung von Pflegepersonen

- Vermittlung von Kindern in Pflegefamilien, sowie die Begleitung der Kinder im Vermittlungsprozess

- Ausgestaltung von Beziehungen des Kindes zur Herkunftsfamilie

- Beratung der Herkunftsfamilie

- Begleitung von Rückführungen in die Herkunftsfamilie

Die Tätigkeit der Klägerin war dem Pflegekinderdienst (PKD) im Fachbereich Kinder, Jugend, Familie der Beklagten zugeordnet. Es besteht ein Sozialer Beratungsdienst, in dem die Klägerin bis zum 30.04.2010 tätig war.

Mit Wirkung zum 01.01.2018 erhöhte sie ihre Wochenarbeitszeit von 30 Wochenstunden auf 39 Wochenstunden und übernahm neben den Aufgaben im Pflegekinderdienst Aufgaben im Bereich der Adoptionsvermittlung. Im Rahmen der Adoptionsvermittlung nahm sie auch Babys nach anonymen Geburten in Obhut.

Mit Schreiben vom 29.04.2016 (Bl. 21 d.A.) beantragte sie ihre Höhergruppierung von der Entgeltgruppe S 12 TVöD-V/VKA in die Entgeltgruppe S 14 TVöD-V/VKA.

Mit Schreiben vom 14.09.2017 (Bl. 22 d.A.) lehnte die Beklagte eine Höhergruppierung ab.

Mit Schreiben vom 29.03.2018 (Bl. 23 bis 25 d.A.) wiederholte die Klägerin ihr Begehren und machte Differenzvergütungsansprüche für die Zeit von November 2015 bis Februar 2018 geltend.

Mit Schreiben vom 27.04.2018 (Bl. 26, 27 d.A.) führte die Beklagte aus: Der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) nehme die originären Aufgaben im Zusammenhang mit Kindeswohlgefährd...

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