Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung. Anforderungen an die Bestimmtheit des Änderungsangebots

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es ist im Hinblick auf das Erfordernis der Bestimmtheit des dem Arbeitnehmer anlässlich einer Änderungskündigung unterbreiteten Änderungsangebots unschädlich, wenn der Arbeitgeber mehrere Angebote alternativ unterbreitet und dem Arbeitnehmer selbst die Wahlmöglichkeit überlassen bleibt, welches der Angebote er, ggfls. unter Vorbehalt, annehmen oder ablehnen will.

2. Auch bei Ablehnung des Änderungsangebots durch den Arbeitnehmer ist die Prüfung der sozialen Rechtfertigung i.S. von § 1 Abs. 2 KSchG nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern auf die angetragene Änderung zu beziehen.

3. Bei einer ordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob betriebliche Erfordernisse i.S. des § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlass zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, dem Arbeitnehmer nur solche Änderungen vorzuschlagen, die dieser billigerweise hinnehmen muss.

4. Hat der Arbeitgeber die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Produktion an einen bestimmten Standort ersatzlos einzustellen, so entfällt ein betriebswirtschaftliches Bedürfnis für die Beschäftigung des Arbeitnehmers über den Zeitpunkt der Schließung hinaus.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Entscheidung vom 25.06.2015; Aktenzeichen 4 Ca 323/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 25.06.2015 - 4 Ca 323/15 - teilweise abgeändert:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Änderungskündigung vom 28.01.2015 aus betriebsbedingten Gründen.

Die Beklagte ist eine deutsche Fahrzeugherstellerin, die neben ihrem Unternehmenssitz in S derzeit zwei weitere Produktionswerke in F und L betreibt. Im Zeitraum 1962 bis Ende 2014 betrieb die Beklagte zudem einen Produktionsstandort in C, der Ende Dezember 2014 aufgrund Absatzrückganges vollständig eingestellt wurde.

Am Standort C unterhielt die Beklagte bis zum Jahr 2005 drei Werke. Werk 3- das Warenlager - wurde im Jahr 2005 an die O GmbH bzw. deren Rechtsvorgängerin ausgegliedert. Die H-Gruppe ist mit einer Minderheitsbeteiligung von 20 Prozent des Stammkapitals an der O GmbH beteiligt.

Der 1967 geborene Kläger ist seit dem 02.06.1987 bei der Beklagten, die mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, als Mitarbeiter in der Qualitätsprüfung im Rahmen einer 35-Stunden-Woche mit einem Bruttomonatsgehalt von 3.543,- € beschäftigt.

Der Aufsichtsrat der Beklagten beschloss am 16.04.2013, den Produktionsstandort C vollständig zu schließen. Entsprechendes wurde am 26.03.2014 nochmals per Beschluss bestätigt. Danach sollte das Werk 2 bereits am 31.10.2013 stillgelegt werden. Die Produktion im Werk I sollte zum 31.12.2014 eingestellt werden.

Anlässlich der von der Beklagten beabsichtigten Schließung des C Werks wurde zwischen der IG-Metall, Bezirk Nordrhein-Westfalen und der Beklagten unter dem 12.06.2014 ein Sozialtarifvertrag geschlossen. In diesem heißt es auszugsweise (Bl. 45 ff. d. GA):

"Ziff. 6.4 Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen im Werk 3

Im Werk 3 werden mindestens 265 neue Arbeitsplätze angeboten. ...Das Verfahren dazu wird wie folgt festgelegt:

Die Ersatzarbeitsplätze werden mittels interner Ausschreiben von Stellenprofilen so rechtzeitig allen Mitarbeitern im Werk 1 bekannt gemacht, dass die Arbeitsplätze bis 30.09.2014 verbindlich besetzt werden können...

Die Stellenbesetzung erfolgt bei entsprechender Qualifikation bzw. zumutbarer Qualifizierbarkeit. Bei Satz 1 entsprechender Eignung werden die in der Anlage 7 genannten sozialen Auswahlkriterien (Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung) zugrunde gelegt...

Die nach Bewerberverfahren ausgewählten Mitarbeiter erhalten zum 01.01.2015 einen Arbeitsvertrag mit O GmbH in C.

Ziff. 7 Arbeitsbedingungen nach Wechsel zu O

Die P AG stellt sicher, dass die Arbeitnehmer, die gem. Ziffern 6.2 bis 6.4 zu U bzw. O wechseln, dort unter Anrechnung der bei der P AG geleisteten Vordienstzeiten und unter Fortführung der Altersversorgung beschäftigt werden...

Ziff. 8 Wechsel zu anderen Standorten der P AG

An den deutschen Standorten der P AG werden bis zu 200 Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt, zu denen C Mitarbeiter der P AG auf der Grundlage eines entsprechend geänderten Arbeitsvertrages wechseln können. Die betreffenden Mitarbeiter werden dort unter Anrechnung der bei der P AG geleisteten Vordienstzeiten und unter Fortführung der Altersversorgung beschäftigt. Die Arbeitnehmer werden nach den dort geltenden Tarifbestimmungen (ERA Metall) eingruppiert. Die Differenz zwischen dem heutigen...

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