Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer kommissarischen Schulleiterin. Wirksamkeit einer sog. Druckkündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine sog. echte Druckkündigung, die nicht mit dem Verhalten des Arbeitnehmers, sondern ausschließlich damit begründet wird, dass andere Arbeitnehmer ihre Kündigung angedroht haben, ist nur dann wirksam, wenn der Arbeitgeber dem Druck der Beschäftigten in zumutbarem Umfang entgegen getreten ist. Insbesondere hat der Arbeitgeber sich um eine Konfliktlösung zu bemühen und ggfls. die Durchführung eines Mediationsverfahrens zumindest anzubieten.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Entscheidung vom 22.04.2015; Aktenzeichen 3 Ca 1268/14)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 22.04.2015 - 3 Ca 1268/14 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Kündigung der Beklagten beendet ist.

Die 1961 geborene, ledige, keinem Kind unterhaltsverpflichtete Klägerin ist seit dem 01.08.2012 als hauptamtliche Lehrkraft (Planstelleninhaberin) für die Fächer Deutsch, Geschichte und Pädagogik am Berufskolleg der Beklagten tätig. Diese beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Ausbildung Beschäftigten. Im schulischen Bereich sind zwölf bis dreizehn Lehrkräfte eingesetzt.

Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Dienstvertrag vom 23.01.2012 (Bl. 4 - 6 d.A.) zugrunde. Nach Nr. 7 des Dienstvertrags kann die Klägerin das Vertragsverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten zum 31.07. jeden Jahres kündigen. Die Beklagte kann es unter den Voraussetzungen des § 626 BGB außerordentlich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wobei die Vertragspartner wichtige Kündigungsgründe beispielhaft in Nr. 7 a - d des Vertrages benannt haben. Im Übrigen kann sie den Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist entsprechend den Fristen nach § 34 Abs. 3, Abs. 4 LBG NW kündigen, wenn einer der Entlassungsgründe nach § 34 Abs. 1 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der jeweils gültigen Fassung vorliegt, der sinngemäß gilt.

Die Klägerin erzielte zuletzt ein Bruttomonatsgehalt von 5.311,01 €.

Mit Schreiben vom 14.06.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos mit sofortiger Wirkung. Hilfsweise kündigte sie den Dienstvertrag insoweit mit sofortiger Wirkung, als der Klägerin die kommissarische Schulleitung übertragen war. Diese wendete sich gegen die Kündigungen in dem bei dem Arbeitsgericht Detmold unter dem Aktenzeichen 2 Ca 657/13 geführten Verfahren. Mit Urteil vom 30.10.2013 stellte dieses u.a. fest, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.06.2013, zugegangen am 14.06.2013, noch durch die außerordentliche Teilkündigung vom 14.06.2013, zugegangen am 14.06.2013, beendet wurde. Die beim Landesarbeitsgericht Hamm unter dem Aktenzeichen 17 Sa 1635/13 eingelegte Berufung wurde von der Beklagten mit Schriftsatz vom 21.01.2014 zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 18.11.2013 (Bl. 74 d.A.), gerichtet an den vormaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten Rechtsanwalt W1, erklärten zehn Beschäftigte der Beklagten und ihre Geschäftsführerin L, die Klägerin sei aus Gründen des Betriebsfriedens untragbar und ihre Wiedereingliederung in das Schulsystem könne nicht akzeptiert werden.

In dem vor dem Arbeitsgericht Detmold geführten Rechtsstreit 2 Ca 187/14 stritten die Parteien um den Anspruch der Klägerin auf Beschäftigung als kommissarische Schulleiterin. Der Rechtsstreit wurde übereinstimmend für erledigt erklärt.

Seit dem 01.02.2014 wird die Klägerin wieder beschäftigt. Seitdem erteilte die Beklagte ihr elf Abmahnungen, gegen die sie Gegendarstellungen erhob. In dem Rechtsstreit 2 Ca 301/14 griff sie eine Abmahnung vom 25.02.2014 an. Sie nahm die Klage zurück.

Im September 2014 trat die Schülerschaft der Beklagten in einen mehrtägigen Streik, indem sie nicht am Unterricht teilnahm. Mit Schreiben vom 12.09.2014 (Bl. 35 d.A.) lastete der Betriebsrat der Klägerin an, sie habe ehrenrührigen Aussagen der Schülerschaft gegen die Schule und das Kollegium nicht widersprochen, obwohl sie Kontakt zu vielen Schülern, insbesondere zu dem Anführer des Streiks gehabt habe. Sie habe ihre Position nicht genutzt, um mäßigend auf die Schülerschaft einzuwirken.

Mit Schreiben vom 19.09.2014 (Bl. 36 d.A.) übersandte die Lehrkraft C der Beklagten ein Schreiben vom 14.09.2014 (Bl. 37, 38 d.A.), dass sieben Lehrkräfte, die Schulsekretärin und der Hausmeister unterzeichnet hatten. Die Unterzeichner kündigten an, ihr Arbeitsverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beenden, sollte die Beklagte das zu der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis nicht spätestens bis zum 30.09.2014 gekündigt haben.

Mit E-Mail vom 26.09.2014 (Bl. 39 d.A.) bat die Geschäftsführerin L um eine Frist...

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