Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung des Insolvenzverwalters wegen Stilllegung des Betriebes vor dem ersten Berichtstermin. keine Zustimmung des Gläubigerausschusses gemäß § 158 InsO erforderlich

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Zustimmung der Gläubigerversammlung gem. § 157 InsO ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine auf Betriebsstilllegung gestützte Kündigung des Insolvenzverwalters.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2 S. 1; BetrVG § 102 Abs. 1; KSchG § 17 Abs. 2-3, § 18 Abs. 1; InsO §§ 80, 113; InSO §§ 157-158

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 23.05.2001; Aktenzeichen 2 Ca 2363/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 23.05.2001 – 2 Ca 2363/00 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.608,86 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner am 12.10.2000 beim Arbeitsgericht Gelsenkirchen eingegangenen Klage gegen die Kündigung des Beklagten vom 29.09.2001 und begehrt Weiterbeschäftigung sowie Vergütungsfortzahlung.

Der 42-jährige ledige Kläger war seit 27 Jahren bei der Firma F1, T2. Spezialschraubenfabrik als Metallarbeiter tätig, über deren Vermögen am 01.09.2000 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist. Termin zur Gläubigerversammlung, in der auf der Grundlage eines Berichts des Insolvenzverwalters über den Fortgang des Verfahrens beschlossen wird, wurde auf den 16.10.2000 bestimmt.

Nachdem die Bemühungen des Beklagten zur Fortsetzung oder Veräußerung des Betriebes gescheitert waren, fasste er seiner Darstellung zufolge Ende September 2000 den Entschluss, den Betrieb der Gemeinschuldnerin bis Ende November 2000 vollständig stillzulegen und alle Mitarbeiter zu entlassen.

Am 25.09.2000 kam es zwischen dem Betriebsrat und dem Beklagten zu einem schriftlich niedergelegten Interessenausgleich, in dem es heißt, die Parteien dieses Interessenausgleichs stimmten darin überein, dass eine Betriebsstilllegung der Firma T2. unabwendbar sei und aus diesem Grunde ein Personalabbau durchgeführt werden müsse, der sämtliche Arbeitnehmer des Unternehmens beträfe. Zur Anhörung des Betriebsrats heißt es in § 3 dieses Interessenausgleichs:

„Im Hinblick auf die erforderlich werdenden betriebsbedingten Kündigungen besteht Einigkeit zwischen den Parteien darüber, dass der Betriebsrat im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen umfassend gemäß § 102 BetrVG unterrichtet und beteiligt worden ist. Ihm sind insbesondere die Namen der betroffenen Arbeitnehmer, die Geburtstage, die Dauer der Betriebszugehörigkeiten, die Tätigkeiten, die Bruttomonatseinkommen, Familienstände, Unterhaltspflichten sowie die jeweiligen Kündigungsfristen und -termine mitgeteilt worden. Der Betriebsrat nimmt den Personalabbau mit Bedauern zur Kenntnis und erhebt keine Einwände.

Soweit zum Ausspruch einer Beendigungskündigung die Zustimmung von Behörden oder des Betriebsrats notwendig ist, wird der Betriebsrat erklären, dass, er gegen die Kündigungen keine Einwendungen erhebt.”

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 29.09.2000 zum 31.12.2000.

Mit Schreiben vom 10.10.2000 informierte der Beklagte den Betriebsrat unter dem Stichwort „Anzeigepflichtige Entlassungen gemäß § 17 KSchG” darüber, dass er zwischenzeitlich gegenüber sämtlichen Arbeitnehmern die betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen habe. Er sei nunmehr gehalten, die Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 Abs. 1 KSchG gegenüber dem zuständigen Arbeitsamt in G1. vorzunehmen und den Betriebsrat darüber zu unterrichten. Er sei dieser Unterrichtungspflicht bereits im Rahmen der Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen nachgekommen, wiederhole seine Unterrichtung aus äußerster Vorsorge mit diesem Schreiben wie folgt: Von der Entlassung seien insgesamt 28 Arbeitnehmer betroffen. Es handele sich dabei um 17 Arbeiter, und zwar Hilfsarbeiter, Fräser, Dreher, Reinigungskräfte, Presser, Fahrer und Arbeiter im Bereich des Zuschnitts; ferner um 11 Angestellte aus der Verwaltung. Der Betriebsrat gab dazu unter dem 17.10.2000 folgende Stellungnahme ab:

„Der Betriebsrat hat mit der Gemeinschuldnerin und dem Insolvenzverwalter die in dem Antrag aufgeführten wirtschaftlichen Probleme eingehend erörtert. Er hat einen Interessenausgleich und Sozialplan ausgearbeitet. Der Betriebsrat sieht ebenso wie die Geschäftsführung keine Möglichkeit, andere Vorschläge für eine Fortführung des Unternehmens zu unterbreiten. Der Antrag wird daher von dem Betriebsrat unterstützt.”

Der Beklagte erstattete dem Arbeitsamt G1. mit Schreiben vom 18.10.2000 die Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG, wobei in der Berufungsinstanz streitig geworden ist, ob das an den Betriebsrat gerichtete Schreiben vom 10.10.2000 beigefügt war.

Mit Bescheid vom 03.11.2000 setzte das Arbeitsamt G1. die einmonatige Regelsperrfrist auf den Zeitraum 20.10.2000 bis zum 19.11.2000 fest, so dass die Entlassungen planmä...

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