Die Revision wird zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abfindungsanspruch nach § 1 a KSchGAnrechnung von Ansprüchen aus einer Dienstvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei dem Abfindungsanspruch nach § 1 a KSchG handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch.

2. Lässt sich durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB ermitteln, dass eine Erklärung nach § 1 a KSchG vorliegt, so besteht auch dann ein Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 0,5 Monatsverdiensten für jedes Jahr der Beschäftigung, wenn in dieser Erklärung ein Betrag genannt worden ist, der hinter der gesetzlichen Höhe zurückbleibt.

3. Eine Dienstvereinbarung zum Ausgleich bzw. zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile nach §§ 36 Abs. 1 Nr. 11, 38 Abs. 1 Nr. 11 MAVO kann bestimmen, dass eine darin vereinbarte Abfindung auf den Abfindungsanspruch nach § 1 a KSchG angerechnet wird.

 

Normenkette

KSchG § 1a

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 19.01.2005; Aktenzeichen 8 Ca 5998/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.06.2007; Aktenzeichen 1 AZR 340/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 19.01.2005

– 8 Ca 5998/04 – werden kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens zu 1/6, die Klägerin zu 5/6. Hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten verbleibt es bei der Entscheidung des Arbeitsgerichts

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe einer Abfindung nach § 1 a KSchG sowie um eine Abfindung nach einer bei der Beklagten abgeschlossenen Dienstvereinbarung.

Die am 23.11.1950 geborene Klägerin war bei der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgänger ab dem 01.10.1986 als Hebamme beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag der schriftliche Arbeitsvertrag vom 22.04.1986 (Bl. 15 bis 16 der Akte) zu Grunde. Nach § 2 gelten für das Dienstverhältnis die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Die Klägerin wurde nach der Tarifgruppe KR 6 der AVR vergütet. Sie wurde im Schichtdienst eingesetzt. Neben einer Grundvergütung von 1.990,89 EUR erhielt die verheiratete Klägerin einen Ortszuschlag in Höhe von 468,52 EUR, eine Tarifzulage von 106,38 EUR, eine Zulage für vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 6,65 EUR sowie eine Fitnesszulage in Höhe von 12,50 EUR, insgesamt 2.584,94 EUR. In den Monaten April bis Juni 2004 wurden ihr Zeitzuschläge von insgesamt 646,95 EUR gezahlt, ihr stand zudem ein Weihnachtsgeld in Höhe von 2.559,30 EUR zu (zur Berechnung vergleiche Bl. 9 der Akte).

Die Beklagte ist Trägerin des S2. C2xxxxxxxxxxx-K3xxxxxxxxx in W3xxx, in dem eine Mitarbeitervertretung gebildet ist. Nachdem beschlossen worden war, die Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe zur Mitte des Jahres 2004 zu schließen, wurde am 15. März 2004 aus diesem Grunde eine Dienstvereinbarung nach §§ 36 Abs. 1 Nr. 11, 38 Abs. 1 Nr. 11 MAVO geschlossen, mit der die durch die Schließung dieser Abteilung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer ausgeglichen beziehungsweise gemildert werden sollten. Diese sieht in § 3 unter anderem eine Abfindung für diejenigen Mitarbeiter vor, deren Arbeitsverhältnis auf Grund der Stilllegung endet. In § 5 ist bestimmt, dass die Abfindungsansprüche zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehen und sie vorher weder übertragen noch vererbt werden können. Zu den weiteren Einzelheiten dieser Dienstvereinbarung wird auf Bl. 29 bis 32 der Akte verwiesen.

Mit Schreiben vom 24.03.2004 (Bl. 27 der Akte) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen wegen Schließung der Fachabteilung Gynäkologie und Geburtshilfe zum 30. September 2004. In dem Kündigungsschreiben wird unter anderem das Folgende ausgeführt:

„…

Da wir Ihnen aus dringenden betrieblichen Gründen kündigen, können Sie die nach § 1a KSchG vorgesehene Abfindung beanspruchen, wenn Sie die dreiwöchige Frist – gerechnet ab Zugang dieser Kündigung – für die Erhebung der Kündigungsschutzklage verstreichen lassen. Entscheiden Sie sich also, keine Kündigungsschutzklage zu erheben, haben Sie mit Ablauf der Kündigungsfrist, also zum Ende des Dienstverhältnisses, Anspruch auf die gesetzlich festgesetzte Abfindung. Die Höhe der Abfindung wird gemäß dem vorzitierten § 1a Abs. 2 Satz 1 KSchG auf 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses festgelegt. Demgemäß ergibt sich für Sie bei Annahme dieses Angebotes eine am 30.09.2004 fällige Abfindung für den Verlust des sozialen Besitzstandes in Höhe von Euro 22.678,93 brutto (siehe auch Dienstvereinbarung vom 15.03.2004).

…”

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 08.04.2004 teilten diese mit, dass die Klägerin die Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage verstreichen lassen werde und dementsprechend die ihr zustehende Abfindung beanspruche. Sie hielten die Berechnung der Abfindung jedoch für fehlerhaft und errechneten einen Anspruch von 25.713,00 EUR. ...

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