Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahlrecht des Arbeitgebers bei Erfüllung vorbehaltlicher Versorgungszusage. Kapital-Auszahlung statt Rentenzahlung bei betrieblicher Altersvorsorge. Kein Verstoß gegen Abfindungsverbot nach § 3 Abs. 1 BetrAVG bei Kapitalabfindung Versorgungszusage. Wirkung des Vorbehalts bei betrieblicher Versorgungszusage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein vom Arbeitgeber bei der Erteilung einer Versorgungszusage erklärter Vorbehalt, bei Eintritt des Versorgungsfalls anstelle einer Rentenzahlung eine wertgleiche Auszahlung des Kapitalbetrags vorzunehmen, verstößt nicht gegen das Abfindungsverbot nach § 3 Abs. 1 BetrAVG.

2. Ist die Ausübung eines derartigen Vorbehaltsrechts nicht durch die Versorgungszusage eingeschränkt, liegt regelmäßig eine Wahlschuld nach § 262 BGB vor. Der Arbeitgeber kann in einem solchen Fall zwischen beiden Alternativen frei wählen, ohne billiges Ermessen nach § 315 Abs. 1 BGB beachten zu müssen (Abgrenzung zu BAG, Urteil vom 14.05.2019 - 3 AZR 150/17).

 

Normenkette

BetrAVG § 3 Abs. 1; BGB §§ 262, 315; ZPO § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Arnsberg (Entscheidung vom 23.11.2020; Aktenzeichen 2 Ca 483/20)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 23.11.2020 - 2 Ca 483/20 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, anstelle einer betrieblichen Altersrente eine Einmalzahlung zu leisten.

Der am 09.09."0000" geborene Kläger wurde zum 1. Januar 1992 von der A eG eingestellt. Diese erteilte dem Kläger unter dem 01.10.1997 eine Versorgungszusage, mit der ihm u.a. eine monatliche Altersrente in Höhe von 2.000 DM bei Ausscheiden mit oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres zugesagt wurde.

Daneben enthält die Versorgungszusage unter Ziffer 2 ("Höhe und Fälligkeit der Versorgungsleistungen") im letzten Absatz folgende Regelung:

"Die Firma behält sich vor, anstelle der Renten eine einmalige Kapitalabfindung zu zahlen. Bei der Ermittlung des Wertes der einmaligen Kapitalabfindung werden die ertragssteuerlichen anzuwendenden Rechnungsgrundlagen (zur Zeit die Richttafeln 1983 von Dr. Klaus Heubeck) unter Berücksichtigung des gemäß § 6a EStG vorgeschriebenen Rechnungszinsfußes zugrundegelegt."

Wegen der weiteren Einzelheiten der Versorgungszusage wird auf ABl. 6 - 10 Bezug genommen.

Zeitgleich mit der Versorgungszusage wurde auf das Leben des Klägers eine Rückdeckungsversicherung geschlossen und zur Sicherheit zu seinen Gunsten bzw. bei seinem Ableben zugunsten seiner Ehefrau eine Verpfändungsvereinbarung (ABl. 44/45) geschlossen, die letztere mitunterzeichnete.

Am 2.11.2005 vereinbarten die B eG, die Rechtsnachfolgerin der A eG, und der Kläger einen "Nachtrag zur Versorgungszusage", der die oben genannte Klausel wie folgt änderte:

"Die Firma behält sich vor, anstelle der Renten eine wertgleiche, einmalige Kapitalabfindung zu zahlen; hierdurch erlöschen sämtliche Ansprüche aus dieser Versorgungszusage. Die Höhe der einmaligen Kapitalzahlung entspricht dem Barwert der künftigen Versorgungsansprüche und Versorgungsanwartschaften, ermittelt nach den Rechnungsgrundlagen des versicherungsmathematischen Gutachtens über die Höhe der ertragssteuerlich zulässigen Pensionsrückstellung gemäß § 6a EStG zum letzten Bilanztermin vor der Abfindung."

Am 30.01./02.02.2006 schlossen der Kläger und die B eG einen "Dienstvertrag", hinsichtlich dessen Einzelheiten auf A Bl. 12-17 verwiesen wird. In § 11 des Dienstvertrags findet sich zur betrieblichen Altersversorgung des Klägers lediglich ein Hinweis auf eine Mitgliedschaft der Vertragsparteien in der "Versorgungskasse Westfälischer Genossenschaften", die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. In einem nicht unterschriebenen, undatierten Anhang zum Dienstvertrag (ABl. 18) finden sich zu einzelnen Paragraphen des Dienstvertrags ergänzende Regelungen. Zu § 11 heißt es auszugsweise:

"Altersversorgung [...] Am 01.10.1997 wurde eine weitere betriebliche Altersversorgung bei der Volkswohl abgeschlossen. Die Beiträge werden komplett vom Arbeitgeber getragen. Bei Vollendung des 65. Lebensjahres zahlt der Arbeitgeber eine lebenslängliche Altersrente von 1.022,58 € im Monat."

Der Kläger schied zum 30.09.2018 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, der Rechtsnachfolgerin der B eG, aus.

Mit Schreiben vom 06.04.2020 (ABl. 46/47) teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie mache von ihrem Recht Gebrauch, anstelle einer monatlichen Rente eine einmalige Kapitalabfindung zu zahlen, die zum 01.10.2020 fällig werde. In einem weiteren Schreiben vom gleichen Tag (ABl. 19) bezifferte sie den diesbezüglichen Bruttobetrag mit 153.787,79 €, beruhend auf einem von der Volkswohl Bund Lebensversicherung a.G. ermittelten Barwert von 12,53266159 je 1 Euro Altersrente pro Jahr. Zugleich forderte sie den Kläger auf, ihm übersandte Auszahlungsverfügungen unterschrieben zurückzusenden. Dies lehnt der Kläger ab.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger stattdessen b...

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