Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstufung einer Lehrerin bei Neueinstellung. Berücksichtigung einschlägiger Berufserfahrung. Auslegung einer Protokollerklärung

 

Leitsatz (amtlich)

Neueingestellte Arbeitnehmer, die einschlägige Berufserfahrung von mindestens 1 Jahr bei einem anderen Arbeitgeber erworben haben, sind in die Stufe 2 bzw. 3 ihrer jeweiligen Entgeltgruppe nach § 16 TV-L einzuordnen, ohne dass es auf die Dauer der Unterbrechung zwischen den Arbeitsverhältnissen ankommt.

Die ungünstigere Regelung in der Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L bei Arbeitnehmern, die zuvor beim selben Arbeitgeber Berufserfahrung erworben haben, kann nicht zum Nachteil erweiternd ausgelegt werden.

 

Normenkette

TV-L § 16 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Hagen (Westfalen) (Urteil vom 22.10.2008; Aktenzeichen 3 Ca 1131/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 22.10.2008 – 3 Ca 1131/08 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin 736,10 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.03.2007 zu zahlen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 26 %, die Klägerin zu 74 %.

Die Revision für das beklagte Land wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch über die Höhe der Monatsvergütung.

Die am 27.12.1956 geborene Klägerin stand in der Zeit vom 15.11.2006 bis zum 22.02.2007 bei dem beklagten Land als Lehrkraft in einem Arbeitsverhältnis. Sie war mit 23 Wochenstunden als Schwangerschaftsvertretung in einer Grundschule in E2 tätig. Grundlage waren zwei befristete Arbeitsverträge. Der erste wurde am 14.11.2006 unterzeichnet, der zweite stammt vom 08.02.2007.

In den Verträgen ist jeweils unter anderem folgendes geregelt:

㤠1

Die Beschäftigung erfolgt als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft zur Aushilfe im Angestelltenverhältnis mit 23/28 Wochenstunden.

§ 3

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), den Sonderregelungen für Beschäftigte als Lehrkräfte (§ 44 TV-L), dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder), soweit einschlägig und den ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung.

Die Klägerin wurde entsprechend ihrem Arbeitsvertrag mit 23/28 des Tabellenentgeltes der Entgeltgruppe 11 Stufe 1 des TV-L, d.h. monatlich mit 1.936,93 EUR brutto vergütet.

Vor der genannten Tätigkeit für das beklagte Land war die Klägerin in der Zeit vom 18.11.1996 bis zum 31.12.2001 als Lehrerin in der W1-Dorfschule M2-K1 tätig. Danach arbeitete sie seit Januar 2003 hauptberuflich als Umweltpädagogin, zunächst als Angestellte und seit 2004 als Selbständige.

Bei der Aushändigung des ersten befristeten Arbeitsvertrages am 14.11.2006 händigte die zuständige Sachbearbeiterin des Schulamtes des E3-R2 Kreises K2 der Klägerin gleichzeitig ein aus einer Seite bestehendes Schriftstück aus, das die Überschrift „Festsetzung der Grundvergütung bei Neueinstellungen” trägt sowie mit dem Vermerk „Sachlich richtig und festgestellt” und der Unterschrift der Zeugin K2 unten auf der Seite versehen ist. In diesem Schreiben sind die persönlichen Daten der Klägerin festgehalten, als Tag der Einstellung der 15.11.2006, die Vergütungsgruppe BAT III und als Angabe der Grundvergütung am Tag der Einstellung 2.803,71 EUR. Dabei handelte es sich unstreitig um den Vergütungsanspruch, der der Klägerin nach BAT III für eine Vollzeitstelle zugestanden hätte. Bei der Übergabe des Schriftstückes hat die Zeugin K2 zumindest erklärt, dass es jetzt nicht mehr BAT heiße, sondern neuerdings der TV-L gelte, der BAT gelte nicht mehr.

Mit Wirkung vom 31.10.2006 ist der BAT außer Kraft getreten und ersetzt worden durch den TV-L. Zum Zeitpunkt des 14.11.2006 lag die neue Entgelttabelle nach dem TV-L noch nicht vor.

Nach vorheriger mündlicher und schriftlicher Geltendmachung vertritt die Klägerin mit der Klage die Auffassung, ihr stehe für den Zeitraum vom 15.11.2006 bis zum 22.02.2007 eine Vergütung in Höhe von 2.803,71 EUR brutto monatlich zu entsprechend der ihr am 14.11.2006 ausgehändigten „Festsetzung der Grundvergütung bei Neueinstellungen” vom selben Tag zu. Den Differenzbetrag hat sie mit der vorliegenden Klage geltend gemacht. Sie errechnet einen Gesamtbetrag in Höhe von 2.876,88 EUR brutto. Sie hat gemeint, da das Schriftstück ihr zusammen mit dem Arbeitsvertrag ausgehändigt worden sei, ohne einen Hinweis darauf, dass die Feststellungen unverbindlich seien, habe sie mit einer anderen Vergütung rechnen müssen. Der Hinweis der Zeugin K2 habe keine hinreichende Aufklärung über die Zusammensetzung der Vergütung dargestellt. Ihr Vergütungsanspruch ergebe sich unmittelbar aus der Festsetzung vom 14.11.2006, jedenfall...

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