Stufenzuordnung bei Einstellung von Beschäftigten

Die Anerkennung von Zeiten förderlicher Tätigkeit im Rahmen der Stufenzuordnung bei der Einstellung von Beschäftigten setzt nicht voraus, dass der Bewerber bei seiner Einstellung eine Berücksichtigung solcher Zeiten verlangt hat. Dies hat das BAG entschieden.

Die Klägerin wurde bei dem beklagten Land als Musiklehrerin eingestellt. Hierbei wurde gem. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L eine einschlägige Vorbeschäftigung als förderliche Zeit anerkannt, so dass die Klägerin in die Entgeltgruppe (EG) 9 Stufe 4 TV-L zugeordnet wurde. Zuletzt erhielt die Lehrerin eine Vergütung nach der EG 10 Stufe 5 TV-L.

Rechnungshof hatte Stufenzuordnung gerügt

Nachdem der Rechnungshof eine ausreichende Dokumentation der Förderlichkeit moniert und darauf hingewiesen hatte, dass die Klägerin keine höhere Vergütung verlangt hatte, korrigierte das Land seine Einstufung.

Unstreitig war, dass die Vordienstzeiten förderlich waren und dass die Klägerin aktiv keine höhere Vergütung verlangt hatte. Allerdings war unklar, ob ihre Einstellung tatsächlich zur Deckung eines Personalbedarfs gem. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L erfolgte. Insbesondere konnte die Bewerbungssituation bei der Einstellung der Klägerin nicht mehr im Einzelnen nachvollzogen werden. Das beklagte Land verneinte dies allerdings; denn die Anerkennung förderlicher Zeiten sei denkbar z. B. in Mangelberufen oder wenn der bestqualifizierte oder unter Umständen einzige Bewerber nicht bereit sei, ohne Anerkennung förderlicher Zeiten einen Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Allerdings räumte der Vertreter des Fachreferats ein, dass es in Musik, noch dazu bei einer so geringen Stundenzahl, sehr schwierig sei, Bewerber zu finden.

Die Klägerin, die der Ansicht war, dass auf Grundlage dieses Sachverhalts eine korrigierende Rückstufung nicht möglich sei, erhob Klage.

BAG: Beschäftigte müssen Anerkennung förderlicher Zeiten nicht ausdrücklich verlangen

Die Klage hatte Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) führte aus, dass eine korrigierende Rückstufung grundsätzlich möglich sei, wenn der Arbeitgeber sich bei der Anwendung der Tatbestandsvoraussetzungen einer Tarifnorm – hier des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L – geirrt habe, nicht jedoch, wenn er im Nachhinein zu der Auffassung gelangt, sein Ermessen nicht richtig ausgeübt zu haben. Das beklagte Land ist aber seiner diesbezüglichen Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen, weil es nicht ausreichend dargelegt hatte, dass arbeitsmarktbedingte oder örtliche Personalgewinnungsschwierigkeiten zum Zeitpunkt der Einstellung der Klägerin nicht vorgelegen haben.

Weiter führte das BAG aus, dass Beschäftigte die Anerkennung förderlicher Zeiten weder selbst verlangen müssen noch überhaupt wissen müssen, dass sie einer höheren Stufe zugeordnet wurden. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L verlange nicht, dass Bewerber zunächst die übliche tarifliche Vergütung ablehnen und eine höhere Einstufung verlangen.

(BAG, Urteil vom 15.10.2021, 6 AZR 254/20)


Anmerkung: 

Die Entscheidung ist entsprechend auch auf die wortlautgleichen Regelungen in § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD übertragbar.


Hinweis:

§ 16 Abs. 2 TV-L lautet:

(2) Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.

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