Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeugnis. Abschlussklausel. Zukunftswünsche. Vergleich über Zeugnisinhalt

 

Leitsatz (amtlich)

Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem gerichtlichen Vergleich zur Erteilung eines wohlwollenden Arbeitszeugnisses, welches „dem beruflichen Fortkommen förderlich ist”, so kann der Arbeitnehmer verlangen, dass in das Zeugnis die Abschlussklausel aufgenommen wird „Für die weitere berufliche und private Zukunft wünschen wir alles Gute”.

 

Normenkette

BGB § 630

 

Verfahrensgang

ArbG Minden (Urteil vom 10.02.2011; Aktenzeichen 3 Ca 678/10)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 9 AZN 1673/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 10.02.2011 – 3 Ca 678/10 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zuge des Berufungsverfahrens zuletzt noch um die Frage, ob in das von der Klägerin beanspruchte Arbeitszeugnis eine sog. Abschlussformel i. S. „guter Wünsche für die Zukunft” aufzunehmen ist.

Im vorausgegangenen Verfahren ArbG Minden 3 Ca 1289/09 haben die Parteien unter dem 27.08.2009 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, in welchem sich die Beklagten verpflichtet haben, der Klägerin ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen, welches ihrem weiteren beruflichen Werdegang förderlich ist und als Bewertung die Gesamtnote „gut” enthält.

Durch Urteil vom 10.02.2011 (Bl. 158 ff.) auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Fassung des Klageantrags Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Beklagten zur Erteilung eines neu gefassten Arbeitszeugnisses einschließlich der von der Klägerin verlangten Abschlussklausel mit dem Inhalt „Für die weitere berufliche und private Zukunft wünschen wir Frau S1 alles Gute” verurteilt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, aus dem gerichtlichen Vergleich vom 27.08.2009 und hierin gewählten Formulierung ergebe sich für die Beklagten die Verpflichtung zur Erteilung eines über den durchschnittlichen Bereich hinaus gehenden, gerade wohlwollend mit guter Bewertung zu erteilenden Zeugnisses. Diese sich auf das gesamte Zeugnis erstreckende Verpflichtung beinhalte auch die Aufnahme der von der Klägerin begehrten Abschlussformulierung. Ohne eine entsprechende Abschlussformulierung bestehe die Gefahr, dass ansonsten der Eindruck einer negativen Bewertung verbunden sei. Im Übrigen beschränke sich die von der Klägerin begehrte Abschlussformel – im Gegensatz zu sog. „Bedauernsformeln” und „Dankesbekundungen” – auf eine übliche Höflichkeitsbekundung.

Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung wenden sich die Beklagten gegen ihre Verurteilung, in das Arbeitszeugnis eine entsprechende „Wünscheformel” aufzunehmen und verweisen insoweit auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.02.2001 (9 AZR 44/00, NZA 2001,843), nach welcher der Arbeitgeber zur Aufnahme derartiger persönlicher Empfindungen in das Arbeitszeugnis nicht verpflichtet sei. Entgegen dem Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils handele es sich bei der begehrten Abschlussformulierung nicht um eine bloße Höflichkeitsfloskel. Allein aus deren Fehlen könne danach eine Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit des Arbeitszeugnisses nicht hergeleitet werden.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des ArbG Minden vom 10.02.2011 – 3 Ca 678/10 – wird abgeändert, soweit es die Beklagten verurteilt hat, dem Zeugnis der Klägerin folgende Schlussformel hinzuzufügen:

„Für ihre weitere berufliche und private Zukunft wünschen wir Frau S1 alles Gute”

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

I. Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass die Beklagten verpflichtet sind, die von der Klägerin begehrte „Wünscheformel” in das zu beanspruchende Arbeitszeugnis aufzunehmen.

1. Die Frage, ob das bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erteilende qualifizierte Arbeitszeugnis eine sog. Schlussformel zu enthalten hat, welche in der Praxis in verschiedenen Formen – als „Bedauernsformel”, „Dankesformel” und/oder „Wünscheformel” anzutreffen ist, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt (vgl. zuletzt Düwell/Dahl, NZA 2011, 958 mit Überblick über aktuelle Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte). Nach dem Standpunkt des Bundesarbeitsgerichts umfasst der gesetzliche Zeugnisanspruch derartige Schlusssätze nicht, vielmehr handle es sich, sofern der Arbeitgeber tatsächlich derartige Erklärungen in das Arbeitszeugnis aufnehme, um die Äußerung persönlicher Empfindungen, auf welche der Arbeitnehmer keinen Anspruch habe. Demgegenüber umfasst nach der Rechtsprechung des LAG Düsseldorf (Urteil vom 03.11.2010, 12 Sa 974/10, NZA-RR 2011, 123 ff. der Anspruch auf Zeugniserteilung ohne Weiteres auch die Aufnahme einer freundlich...

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