Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung der Stufenlaufzeit bei horizontaler Wiedereinstellung nach befristeter Beschäftigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Soweit nach § 16 Abs. 2 S. 2 TVöD (VKA) angeordnet ist, dass die Stufenlaufzeit bei erneuter Einstellung nach zuvor befristeter Beschäftigung unter den dortigen Maßgaben neu zu laufen beginnt, verstößt die Tarifbestimmung gegen das Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 2 S. 3 TzBfG und ist damit insoweit unwirksam.

2. In den Fällen einer horizontalen Wiedereinstellung ist daher die bei demselben Arbeitgeber erworbene Berufserfahrung grundsätzlich in vollem Umfang der Stufenzuordnung zugrunde zu legen, soweit kein Fall einer schädlichen Unterbrechung der Beschäftigung vorliegt.

 

Normenkette

TVÜ-VKA § 17 Abs. 1 S. 1, § 28a Abs. 1-2; TVöD-BT-B § 52 Anlage C, § 52 Abs. 2; TVöD (VKA) § 16 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Entscheidung vom 24.02.2016; Aktenzeichen 2 Ca 794/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 24.02.2016 - 2 Ca 794/15 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.03.2015 Vergütung nach der Entgeltgruppe S 6 Stufe 4 TVöD-VKA zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils insoweit abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 80 % und die Beklagte zu 20 %.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Anwendungsbereich des TVöD (VKA) über die tarifgerechte Einstufung der Klägerin.

Die 1961 geborene Klägerin ist seit dem 04.08.2008 bei der beklagten Stadt ununterbrochen und zuletzt unbefristet als Erzieherin in Teilzeit (32 Wochenstunden) beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13.09.2005 in der für die Beschäftigten im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung. Diesem letzten, aktuell fortbestehenden Arbeitsverhältnis gingen folgende, jeweils aufgrund einzelvertraglicher Befristung beendete Beschäftigungszeiträume voraus: 05.08.1996 bis 31.08.2004, 13.01.2005 bis 16.02.2005, 15.08.2005 bis 31.08.2007 und 01.10.2007 bis 31.07.2008. Innerhalb dieser Zeiträume arbeitete die Klägerin für die Beklagte ebenfalls im Berufsbild der Erzieherin.

Zum 01.11.2009 traten die tarifvertraglichen Neuregelungen für die Beschäftigten im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst in Kraft. § 52 Abs. 1 des Besonderen Teils Pflege- und Betreuungseinrichtungen (TVöD-BT-B) sieht vor, dass sich die tarifliche Eingruppierung bis zum Inkrafttreten der Eingruppierungsvorschriften des TVöD einschließlich der Entgeltordnung nach den Merkmalen des Anhangs zur Anlage C (VKA) zum TVöD und deren Vergütung - abweichend von § 15 Abs. 2 S. 2 TVöD - nach der gesonderten Entgelttabelle der Anlage C (VKA) richtet. Bei Überleitung und Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 6 erhielt die Klägerin auf dieser Grundlage zunächst Entgelt nach der Stufe 2 und ab dem 01.08.2011 nach der Stufe 3. Mit Wirkung zum 01.08.2015 ordnete die Beklagte sie der Stufe 4 zu.

Schon zuvor, mit Schreiben vom 09.02.2015 (Bl. 8/9 d. A.), auf welches Bezug genommen wird, hatte die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf eine rund 17-jährige Gesamttätigkeit als Erzieherin aufgefordert, sie der Entgeltgruppe S 6 Stufe 5 zuzuordnen und entsprechende Nachzahlungen vorzunehmen. Nach Zurückweisung des Anspruchs verfolgt die Klägerin mit ihrer am 21.07.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 27.07.2015 zugestellten Klage ein nunmehr auf Zuordnung zur Stufe 6 gerichtetes Feststellungsbegehren auf dem Rechtsweg. Zur Begründung hat die Klägerin darauf verwiesen, dass die gesamte bei der Beklagten zurückgelegte Vorbeschäftigungszeit im Berufsbild der Erzieherin bei ihrer Einstufung zur berücksichtigen sei. Deren Nichtberücksichtigung sowie die vorausgehende wiederholte, langjährige Befristung des Arbeitsverhältnisses stelle sich als rechtsmissbräuchlich dar. Zudem liege eine Benachteiligung wegen der zahlreichen Befristungen vor.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die beklagte Stadt verpflichtet ist, an sie ab dem 01.03.2015 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe S 6 TVöD Stufe 6 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass hinsichtlich der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 TVöD (VKA) nicht zwischen Neueinstellungen und Fällen wiederholter Einstellung zu differenzieren sei. Der dem Wortlaut nach umfassende Einstellungsbegriff der Tarifnorm erfasse selbst die erneute Begründung eines Arbeitsverhältnisses unmittelbar im Anschluss ein zuvor bestehendes, ggf. befristetes Arbeitsverhältnis. Deshalb sei die Klägerin - bei letzter Einstellung vor dem 31.12.2008 und einschlägiger Berufserfahrung von einem Jahr - im August 2008 zutreffend der Stufe 2...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge