Verfahrensgang

ArbG Arnsberg (Urteil vom 20.10.1994; Aktenzeichen 1 Ca 307/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.06.1997; Aktenzeichen 9 AZR 839/95)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 20.10.1994 – 1 Ca 307/94 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von seiner ehemaligen Arbeitgeberin die restlose Auszahlung einer Versicherungssumme.

Die beklagte Arbeitgeberin hat über ihre Konzernmutter in Großbritannien für ihre Mitarbeiter eine Gruppen-Unfallversicherung bei der britischen Versicherung „S. A.” abgeschlossen. Hierüber verhalten sich die Konzernrichtlinien – ins Deutsche übersetzt – wie folgt:

„Private Unfallversicherung gegen Personenschäden – alle Angestellte

Umfang:

24 Stunden Schutz während oder außerhalb der Firmentätigkeiten

Gegenstand:

Ermessensschutz für alle Angestellten im Vereinigten Königreich und weltweit (wenn nicht nordamerikanische Angestellte)

Leistungen:

Siehe Leistungsskala am Ende dieses Anhangs. Die Leistung liegt im Ermessen der Gesellschaft und jeder Vorschlag, diese nicht zu erbringen, muß sich auf den obersten Verwaltungsbeamten der Konzerngesellschaft beziehen, der in solcher Angelegenheit die endgültige Entscheidung trifft.”

Der maßgebliche englische Text ist auf Blatt 14 der Gerichtsakte wiedergegeben.

Der Kläger war vom 01.04.1991 bis zum 31.03.1992 als Personalleiter bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von 6.250,– DM beschäftigt. Er erlitt am 09.08.1991 einen Freizeitunfall, nachdem er für die Zeit von sechs Wochen hinaus arbeitsunfähig war. Die im Rahmen der Gehaltsfortzahlung von der Beklagten gemachten Aufwendungen bezifferte der Kläger selbst in einem Schreiben vom 28.10.1991 auf 9.787,95 DM.

In die Abwicklung des Unfalls war auch die W. Versicherung AG als Haftpflichtversicherer der Drittbeteiligten K. Z.-B. eingeschaltet. Diese erstattete der Beklagten einen Teil der Gehaltsfortzahlungskosten, nämlich 4.736,47 DM. Auf das im Berufungstermin überreichte Abrechnungsschreiben vom 31.03.1992 wird Bezug genommen.

Von der oben erwähnten Konzern-Gruppen-Unfallversicherung flossen der Beklagten weitere 30.000,– DM zu. Hiervon leitete sie zunächst 20.000,– DM und später weitere 5.263,60 DM an den Kläger weiter. Dieser vertritt jedoch die Auffassung, daß die Beklagte zur Auszahlung der vollen Versicherungssumme verpflichtet sei. Mit seiner am 28.03.1994 vor dem Arbeitsgericht Arnsberg erhobenen Klage hat er daher die Auszahlung der Rest-Versicherungssumme geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.736,40 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18.02.1994 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, daß sie berechtigt gewesen sei, ihre unfallbedingten Aufwendungen bei der Gehaltsfortzahlung des Klägers gegenüber dessen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme aus der Konzern-Gruppen-Unfallversicherung anzurechnen. Dieses Recht gebe ihr die einschlägige Konzernrichtlinie.

Das Arbeitsgericht hat durch sein am 20.10.1994 verkündetes Urteil nach dem Klageantrag erkannt. Es hat gemeint, die betriebliche Gruppen-Unfallversicherung sei als Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 BGB anzusehen, so daß der Kläger als Begünstigter Anspruch auf volle Auszahlung der Versicherungsleistung habe. Ein Recht der Beklagten zur Verrechnung mit ihren unfallbedingten Aufwendungen könnten den Konzernrichtlinien nicht entnommen werden.

Wegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts im einzelnen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihr am 16.12.1994 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.01.1995 Berufung eingelegt und diese am 07.02.1995 begründet.

Dabei wiederholt sie ihren bereits erstinstanzlich geäußerten Rechtsstandpunkt und betont außerdem, daß der Kläger den fraglichen Unfall grob fahrlässig selbst verschuldet habe. Er sei nämlich zur nächtlicher Zeit in einer dunklen Bar gestürzt.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die eingelegte Berufung der Beklagten bereits für unzulässig, da es an der notwendigen Beschwer fehle. Die Beklagte habe nämlich noch vor Berufungseinlegung den vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Betrag ohne Vorbehalt gezahlt.

Im übrigen verteidigt er das angefochtene Urteil als zutreffend und meint, daß die Beklagte zur Anrechnung ihrer Gehaltsfortzahlungsaufwendungen gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Auskehrung der Versicherungssumme nicht berechtigt

Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Berufung ist statthaft, weil die Beklagte durch das angefochtene Urteil zu einem Betrag von über 800,– DM beschwert ist (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Die Annahme des Klägers, daß die Zah...

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