Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang von einem privaten Klinikträger auf einen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber. Ablösung von Haustarifverträgen durch den TVöD-VKA aufgrund kongruenter Tarifbindung, § 613 a Abs. 1, Satz 3 BGB. Anwendbarkeit der TVÜ-LWL nach Betriebsübergang

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB müssen beim Rechtsvorgänger erbrachte Dienstzeiten hinsichtlich der nur bei dem neuen Arbeitgeber geltenden Tarifbestimmungen nicht angerechnet werden

2. § 613a Abs. 1 S. 3 BGB setzt neben der kongruenten Tarifgebundenheit an den beim Erwerber geltenden Tarifvertrag voraus, dass dieselben Regelungsgegenstände betroffen sind.

 

Normenkette

BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 02.08.2011; Aktenzeichen 7 Ca 407/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.02.2014; Aktenzeichen 4 AZR 317/12)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 02.08.2011 – 7 Ca 407/11 – wird hinsichtlich des Hauptantrags auf Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, neben dem gezahlten Gehalt nach dem TVöD die allgemeine Zulage und den Ortszuschlag nach dem Haustarifvertrag der Rechtsvorgängerin des Beklagten weiter zu zahlen, als unzulässig verworfen.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 02.08.2011 unter Zurückweisung ihrer Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und insoweit neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein monatliches Kleidergeld von 21,31 Euro für die Monate Dezember 2009 bis Mai 2010 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über den Basiszinssatz aus 21,31 Euro seit dem 01.01.2010 aus weiteren 21,31 Euro seit dem 01.02.2010, aus weiteren 21,31 Euro seit dem 01.03.2010, aus weiteren 21,31 Euro seit dem 01.04.2010, aus weiteren 21, 31 Euro seit dem 01.05.2010 und aus weiteren 21,31 Euro seit dem 01.06.2010 zu zahlen.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 02.08.2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin zu 91 %, der Beklagte zu 9%.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 95 %, der Beklagte zu 5 %.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten nach einem Betriebsübergang auf den Beklagten um die Anwendbarkeit tariflicher Vorschriften sowie um Zahlungsansprüche der Klägerin.

Die am 23.01.1959 geborene, verheiratete Klägerin ist seit März 1995 als Kinderkrankenschwester im Pflege- und Erziehungsdienst der E1-Klinik D1, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, tätig. Die Klinik wurde von der S2-F1 GmbH betrieben. Mitte 2008 wurde über das Vermögen der Betreiberin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter nahm die Arbeitsleistung der Klägerin weiterhin entgegen.

Mit Wirkung zum 01.01.1998 schlossen die damalige Trägergesellschaft der E1-Klinik und die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr einen Manteltarifvertrag (Bl. 63 bis 74 d.A.). Nach § 20 des Manteltarifvertrages hat jede Arbeitnehmerin/jeder Arbeitnehmer des pädagogisch-pflegerischen Bereichs Anspruch auf ein Kleidergeld für die dienstliche Zurverfügungstellung privater Kleidung. Die Vorschrift lautet wie folgt:

§ 20

1. Jede Arbeitnehmerin/jeder Arbeitnehmer des pädagogisch-pflegerischen Bereichs erhält für die dienstliche Zurverfügung-stellung privater Kleidung anstelle von Dienstkleidung pro Quartal ein Kleidergeld in Höhe von 125 DM.

2. Das Kleidergeld wird mit dem ersten Gehalt eines Quartals ausgezahlt (Januar, April, Juli Oktober).

3. Dieses Kleidergeld wird erstmalig im 2. Quartal (April) 1998 gezahlt.

4. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer/-innen erhalten

– bis zur Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen

Arbeitszeit das halbe Kleidergeld

  • bei mehr als der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit das volle Kleidergeld.

5. Mit Zahlung dieser Pauschale sind sämtliche Ansprüche bei Beschädigung von Kleidung gegenüber dem Arbeitgeber abgegolten. Ansprüche gegenüber Dritten sind davon nicht berührt.

Gemäß § 33 des Manteltarifvertrages verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für wiederkehrende Ansprüche reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus.

Mit Tarifvertrag vom 06.05.2005 (Bl. 59 bis 67 d.A.), geschlossen von der S2-F1 GmbH und der Gewerkschaft ver.di, setzten die Tarifvertragsparteien den Manteltarifvertrag vom 27.11.1997 wieder in Kraft.

Am 01.01.2006 schlossen die Tarifvertragsparteien für die E1-Klinik einen Tarifvertrag über die Zahlung einer Jahressonderzahlung (Bl. 56 bis 58 d.A.). Nach § 4 des Tarifvertrages erhalten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein jährliches Urlaubsgeld, das mit der Gehaltszahlung für den Monat Juli auszuzahlen ist. Die bei Inkrafttreten des Tarifvertrages in der Klinik beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten ei...

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