Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Anforderungen an die Ausgangskontrolle bei Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Telefax

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht.

2. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört dabei die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbständig geprüft wird.

3. Bei Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur Ausgangskontrolle nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden.

 

Normenkette

ArbGG § 66 Abs. 1 S. 1-2; ZPO §§ 233-234, 520 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Entscheidung vom 24.02.2016; Aktenzeichen 5 Ca 2641/15)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 24.02.2016 - 5 Ca 2641/15 - wird unter Ablehnung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Ersatz eines vermeintlichen Versorgungsschadens aufgrund eines von der Beklagten veranlassten Arbeitgeberwechsels.

Der 50jährige Kläger wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum 01.09.1982 auf dem Bergwerk A eingestellt. Auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 07.12.1995 (Bl. 41 d. A.) war der Kläger ab dem 01.01.1996 als Arbeiter der Fachrichtung Bahnbetrieb in der Lohngruppe 8 für Arbeiten im Übertagebereich der Werksdirektion J B- und H bei der Beklagten beschäftigt.

Im Rahmen eines Beratungsgespräches am 25.06.2014 wurde dem Kläger die Aufhebung seines bisherigen Arbeitsverhältnisses zur Beklagten bei gleichzeitigem Abschluss eines neues Arbeitsverhältnisses mit der J angeboten.

Mit Schreiben vom 09.09.2014 (Bl. 8 d. A.) unterrichtete die Beklagte den Kläger darüber, dass mit dem Wechsel in ein Arbeitsverhältnis zu der J zukünftig nicht mehr die Bundesknappschaft der für ihn zuständige Versicherungsträger sei. Als Ausgleich wurde ihm eine Zusage auf Leistungen einer betrieblichen Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung auf der Grundlage der Versorgungsregelung des B Verbandes zugesagt. Ab dem 01.10.2004 war der Kläger auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 07.06.2004 (Bl. 42 d. A.) als Mitarbeiter im Bereich Ruhr für die J in G tätig.

Mit seiner am 06.10.2015 eingereichten Klage hat der Kläger die Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt, weil diese ihn beim Arbeitgeberwechsel unzureichend beraten habe.

Der Kläger hat behauptet, vor Abschluss des Arbeitsvertrags von der Beklagten nicht darauf hingewiesen worden zu sein, dass es sich bei dem neuen Beschäftigungsbetrieb weder um einen knappschaftlichen, noch um einen knappschaftlich versicherten handele und er keine knappschaftlich versicherte Beschäftigung mehr ausübe. Dies mit der Folge, dass keine Beiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung mehr entrichtet würden, sondern eine Beitragsleistung kraft Gesetzes der Rentenversicherung der Arbeitgeber erfolge. Insbesondere sei er nicht darauf hingewiesen worden, dass er keine Knappschaftsausgleichsleistungen bzw. Anpassungsgeldleistungen in Anspruch nehmen könne. Er sei davon ausgegangen, er könne nach wie vor Leistungen der Knappschaft in Anspruch nehmen und Anpassungsgeld beantragen. Aufgrund der besonderen Konstellation, dass ein gesamter Industriezweig geschlossen würde und es Instrumente zur sozial verträglichen Flankierung gebe, hätte die Beklagte ihn auf die Rechtsfolgen seines Handelns hinweisen müssen. Es sei ihm nicht erläutert worden, dass er seinen Untertage-Status verliere und keine Knappschaftausgleichsleistungen, Transferkurzarbeitergeld oder Anpassungsgeld in Anspruch nehmen könne. Ihm gehe es speziell um Knappschaftsausgleichsleistungen nach § 239 SGB VI. Hierauf hätte er nach Vollendung des 55. Lebensjahrs einen Anspruch, wenn er aus einem knappschaftlichen Betrieb ausscheide und eine Wartezeit von 25 Beitragsjahren erfülle. Ihm sei wohl ein Schaden von deutlich über 100.000,00 € entstanden. Er sei allerdings darauf hingewiesen worden, dass er knappschaftlich nicht mehr versichert sei infolge des Wechsels zur J. Aufgrund der besonderen Umstände hätte er jedoch auch über die Folgen des Krankenkassenwechsels beraten werden müssen. Dies habe die Beklagte indes nicht getan.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm allen Schaden zu ersetzen, den er daraus er...

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