Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. eiordnung. Erforderlichkeit. Ortsansässigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts bei anwaltlicher Vertretung der Gegenseite gemäß § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO wird im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht gemäß § 11a Abs. 2 ArbGG auf Erforderlichkeit überprüft.

2. Ist zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag die gegnerische Partei nicht mehr vertreten, ist in der Beschwerdeinstanz ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die Prozesskostenhilfe vom Arbeitsgericht rückwirkend bewilligt wurde, sie sich dadurch auch auf einen Zeitraum erstreckt, in dem die Gegenseite anwaltlich vertreten war, und lediglich die Versagung der Beiordnung Gegenstand des Rechtsmittels ist.

 

Normenkette

ArbGG § 11a Abs. 2; ZPO § 121 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bocholt (Beschluss vom 10.06.2008; Aktenzeichen 3 Ca 1718/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 10. Juni 2008 (3 Ca 1718/07) teilweise abgeändert.

Dem Kläger wird Rechtsanwalt B2 aus G1 auch für die Anträge aus der Klageschrift vom 13. September 2007 zu 3.1 (Abrechnung für Juli 2007) sowie zu 3.2 (Zahlung von 1.665,57 Euro für Juli 2007) beigeordnet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Mit seiner am 17. September 2007 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger neben Bestandsschutz, Weiterbeschäftigung und Zwischenzeugnis (hilfsweise Endzeugnis) mit seinen Anträgen zu 3.1 und 3.2 die Erteilung einer Abrechnung für den Monat Juli 2007 sowie die Zahlung seiner monatlichen Vergütung in Höhe von 1.665,57 Euro für die Monate Juli und August 2007 verlangt. Mit dem am 2. Oktober 2007 eingegangenen Schriftsatz hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine Klageanträge unter gleichzeitiger Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten als Rechtsanwalt beantragt und eine Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen überreicht, wonach er zur Zeit bei seiner Lebensgefährtin wohne und lebe. Seine Angaben hat er durch Vorlage eines Belegs für sein Girokonto mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2007 ergänzt. Im Termin vom 23. Oktober 2007 wurde mit der seit 2. Oktober 2007 anwaltlich vertretenen Beklagten ein Teilvergleich bezüglich der Kündigungsschutzklage geschlossen. Im Übrigen wurde der auf den 31. Januar 2008 bestimmte Kammertermin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Inhabers der Beklagten am 7. Dezember 2007 aufgrund der eingetretenen Unterbrechung aufgehoben.

Unter dem 15. Februar 2008 gab das Arbeitsgericht dem Kläger auf, seine aktuellen Einkünfte glaubhaft zu machen. Eine Reaktion erfolgte hierauf nicht. Mit der hier angefochtenen Entscheidung vom 10. Juni 2008 hat das Arbeitsgericht teilweise Prozesskostenhilfe bewilligt, unter anderem für den Antrag auf Herausgabe einer Abrechnung und auf Entgeltzahlung. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts hat es jedoch in diesem Zusammenhang abgelehnt. Es handele sich um eine leichte Fallgestaltung, die der Kläger von seinen intellektuellen Fähigkeiten alleine gegebenenfalls mit Hilfe der Rechtsantragsstelle habe bewältigen können, so dass eine Beiordnung trotz anwaltlicher Vertretung der Gegenseite nicht erforderlich gewesen sei.

Der Beschluss wurde dem Kläger am 20. Juni 2008 zugestellt, hiergegen richtet sich die am 11. Juli 2008 eingegangene sofortige Beschwerde. Der Kläger ist der Auffassung, dass zwar für den Monat August 2007 eine Abrechnung vorgelegen habe, jedoch nicht für den Monat Juli 2007. Im Übrigen sei die Klage auf Abrechnung aus Sicht des Klägers auch keine einfache Fallgestaltung. Zumindest für die Lohnansprüche des Monats Juli 2007 sowie für den Anspruch auf Abrechnung habe daher ein Rechtsanwalt beigeordnet werden müssen, dies gelte insbesondere im Hinblick auf § 11 a Abs. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet.

1. Die zunächst nicht begründete sofortige Beschwerde vom 8. Juli 2008 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 5. August 2008 dahingehend konkretisiert, dass er nunmehr nur noch die Beiordnung für den Antrag auf Zahlung von Vergütung für den Monat Juli 2007 sowie auf Erteilung einer Abrechnung für diesen Monat begehrt. Im Übrigen ist die Entscheidung in Rechtskraft erwachsen, so dass über eine Beiordnung hinsichtlich des Zahlungsantrages für den Monat August 2007 nicht mehr zu befinden war.

2. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts war dem Kläger auch für die Anträge zu 3.1 (Erteilung einer Abrechnung für den Monat Juli 2007) und für den Antrag zu 3.2 (Zahlung von Vergütung für den Monat Juli 2007) ein Rechtsanwalt beizuordnen. Es geht zu Unrecht davon aus, dass im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei einer Beiordnung nach § 121 Abs. 2 ZPO in dem Fall, dass die Gegenseite anwaltlich vertreten ist, noch eine Erforderlichkeit der Beiordnung zu prüfen ist.

a) Nach § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO wird einer Pa...

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