Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Verfügung im Beschlussverfahren. Unterlassungsanspruch des Betriebsrats. Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte. Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage. freiwillige Leistungen von Samstagsarbeit. Verfügungsgrund

 

Leitsatz (redaktionell)

1. In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist anerkannt, dass dem Betriebsrat grundsätzlich ein Anspruch auf Unterlassung von mitbestimmungswidrigen Maßnahmen zusteht, wenn der Arbeitgeber Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 BetrVG verletzt. Dieser Anspruch setzt auch keine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers i.S.v. § 23 Abs. 3 BetrVG voraus. Auch die beim Beschwerdegericht zuständigen Kammern haben einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Verstoßes gegen Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG grundsätzlich anerkannt.

2. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie bei der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Dadurch, dass die Arbeitgeberin Arbeitnehmer auch am letzten Samstag im Monat einsetzen will, ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 S. 2 BetrVG berührt, wenn die Arbeitnehmer bislang in zwei Schichten von montags bis freitags gearbeitet haben. Eine derartige Änderung der Arbeitszeit ist nur unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG möglich.

 

Normenkette

ArbGG § 85 Abs. 2, § 23 Abs. 3; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2; ZPO §§ 890, 935, 940

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Beschluss vom 13.09.2007; Aktenzeichen 4 BVGa 23/07)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 13.09.2007 – 4 BVGa 23/07 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

A

Im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren nimmt der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf Unterlassung in Anspruch.

Die Arbeitgeberin betreibt im Kraftwerk H1 die Industriereinigung. Seit der Übernahme des Betriebes durch die jetzige Arbeitgeberin erstrebt sie den Tarifwechsel in die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk.

Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der im Frühjahr 2006 gewählte Betriebsrat, der aus drei Personen besteht.

Im Betrieb der Arbeitgeberin werden Arbeitnehmer auch im Bereich der sogenannten Contherm-Anlage eingesetzt, dort wurde in der Vergangenheit in zwei Schichten von 6.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr gearbeitet; bei einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden jeweils montags bis freitags wurden 40 Stunden wöchentlich vergütet.

Um die vorgeschriebenen Ruhepausen von 30 Minuten einzuhalten, beabsichtigte die Arbeitgeberin, die restlichen Arbeitsstunden jeweils am letzten Samstag im Monat arbeiten zu lassen. Verhandlungen hierüber mit dem Betriebsrat führten zu keiner Einigung. Auf den zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat geführten Schriftverkehr (Bl. 15 ff.d.A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 20.08.2007 (Bl. 21 d.A.) teilte die Arbeitgeberin den Mitarbeitern in der Contherm-Anlage mit:

„Der Betriebsrat hat meinem Vorschlag zur Neuregelung der Arbeitszeit im ConTherm-Annahmebereich nicht zugestimmt, sodass es bei der bisherigen Regelung verbleibt.

Die geleisteten Stunden werden von dem Vorarbeiter erfasst und Ihnen zur Gegenzeichnung vorgelegt. Soweit die tarifliche Arbeitszeit dadurch nicht ausgeschöpft wird, biete ich die Arbeitsleistung generell am letzten Samstag im Monat an.”

Nachdem der Betriebsrat mit Schreiben vom 20.08.2007 (Bl. 22 d.A.) und vom 21.08.2007 (Bl. 24 d.A.) auf seine Mitbestimmungsrechte hingewiesen hatte, erklärte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit Schreiben vom 22.08.2007 (Bl. 25 d.A.):

„Der Betriebsrat hat einer Neuregelung zur Arbeitszeit aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen nicht zugestimmt, sodass ich diese nun nicht weiter verfolge. Allerdings bringt dies mit sich eine Bezahlung gemäß Tarif und Arbeitsvertrag. Das dürften auch Sie einsehen, denn nirgendwo ist geregelt, dass der Arbeitgeber Stunden zu bezahlen hat, die nicht geleistet wurden, obwohl Arbeit angeboten wurde. Ich verweise auf § 615 BGB.

Bei der vom Betriebsrat gewünschten Schichtzeit 06.00 h bis 14.00 h und 14.00 bis 20.00 h sind schon bei einfacher Berechnung nur 7,5 Stunden Arbeitszeit zu erreichen, sodass darüber hinaus den Mitarbeitern Arbeit am Samstag angeboten wird, damit diese das Stundensoll gemäß Arbeitsvertrag und Tarifvertrag erreichen können. Der Betriebsrat ist daran nicht zu beteiligen, da es sich hier um das Direktionsrecht des Arbeitgebers handelt.”

Mit dem am 05.09.2007 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren begehrte der Betriebsrat daraufhin die Unterlassung der Anordnung oder Annahme von Arbeit am letzten Samstag im Monat ohne seine Zustimmung.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin verletze sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG. Da die Arbeitgeberin in ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge