Verfahrensgang

ArbG Hamm (Beschluss vom 30.09.1994; Aktenzeichen 1 BV 3/94 L)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den am 30.09.1994 verkündeten Beschluß des Arbeitsgerichts Hamm – 1 BV 3/94 L – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

A

Mit dem beim Arbeitsgericht Hamm am 19.01.1994 eingereichten Beschlußverfahren begehrt die Antragstellerin die Ersetzung der Zustimmung des in ihrem Unternehmen existierenden Betriebsrates zur fristlosen Kündigung des Betriebsratsmitgliedes S..

Die Antragstellerin des Verfahrens (künftig: Arbeitgeberin) ist eine GmbH mit Sitz in B. S., die dort mit ca. 400 Arbeitnehmern zwei Kliniken, das Kurmittelhaus, das Thermalbad und in Kliniken Dritter Therapieabteilungen betreibt. Der Antragsgegner des Verfahrens ist der von der Gesamtbelegschaft der Arbeitgeberin gewählte neunköpfige Betriebsrat (künftig: BR), dessen Vorsitzender bis zur Neuwahl im März 1994 Herr B. war und jetzt Herr S. ist. Der am 25.07.1951 geborene verheiratete Herr S. ist bei der Arbeitgeberin ab 01.06.1985 als Masseur gegen einen Bruttomonatslohn von zuletzt 4.338,14 DM (Stand: Januar 1995) tätig. Vor der Neuwahl des BR war er zugunsten der Betriebsratstätigkeiten von seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen freigestellt.

Am 17.01.1994 übergab die Arbeitgeberin dem BR-Vorsitzenden B. um 11.10 Uhr folgendes Schreiben von demselben Tag:

Rheuma, Herz-, Kreislauf- und Luftwegeerkrankungen, Frauenleiden.

Saline B. K.

An den Betriebsrat der S. B. S. GmbH

Kurmittelhaus

Ihr Zeichen

Ihre Nachricht vom

Unser Zeichen Os/Rf.

Durchwahl-Nr. 501– 503

Datum 17.01.1994

Antrag auf Erteilung der Zustimmung zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Herrn P. S. gemäß § 103 BetrVG

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit beantragen wir Ihre Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsratsmitglied P. S., geboren am 25.07.1951, wohnhaft S. R., Familienstand verheiratet, beschäftigt seit dem 01.06.1985, zuletzt freigestelltes Betriebsratsmitglied.

An 05.01.1994 wurde die Geschäftsführung erstmals davon in Kenntnis gesetzt, daß Herr S. bei dem damaligen Umbau des Kurmittelhauses Geräte, die in unserem Eigentum standen, entwendet hatte. Uns wurde in Kopie ein Inserat aus der Fachzeitschrift „Physiotherapie” – Ausgabe von September 1989 – mit folgendem Inhalt zugeleitet:

„Verkaufe

UVM neuwertig, 2700,– DM

5 Infrarotstrahler mit Wand-Schwenkarm,

Stück 250,– DM

Telefon (…)”

Eine Kopie des Inserates fügen wir zu Ihrer Information bei.

Bei der angegebenen Telefonnummer handelt es sich um diejenige von Herrn P. S., Eine Fotokopie eines Auszuges aus dem Telefonbuch der Stadt R. ist als Anlage beigefügt.

Herr S. wurde vom damaligen Leiter des Kurmittelhauses dabei beobachtet, wie er seinerzeit fünf Infrarotstrahler demontierte.

Blatt zum Schreiben vom 17.01.1994

an den Betriebsrat der S. B. S. GmbH

Am 10.01.1994 wurde ein Gespräch zwischen Herrn S. und Herrn H. im Beisein des Herrn O. geführt. Den Inhalt des Gespräches entnehmen Sie dem in Kopie beigefügten Vermerk vom 10.01.1994, den wir zum Gegenstand der Anhörung machen.

Unter dem 12.01.1994 wurde Herr S. schriftlich aufgefordert, eine Stellungnahme über den Verbleib der fünf Infrarotstrahler und der zwei Unterwassermassagewannen abzugeben.

Unser Schreiben vom 12.01.1994, welches wir gleichfalls zum Gegenstand dieser Anhörung machen, fügen wir in Kopie bei,

Einen weiteren Vermerk der Geschäftsführung vom 12.01.1994 zum Verhalten des Herrn S. fügen wir gleichfalls in Kopie bei.

Nachdem wir mit Schreiben vom 13.01.1994 Herrn Schomann nochmals schriftlich aufgefordert hatten, zur Sache Stellung zu nehmen, ging uns die Stellungnahme des Herrn S. am 14.01.1994 zu.

Die Kopien unseres Schreibens und der schriftlichen Stellungnahme des Herrn S. vom 14.01.1994 fügen wir als Anlage bei.

Angeblich kann Herr S. über den Verbleib der Geräte und Anlagen keine Angaben machen. Diese Einlassung von Herrn S. ist unglaubwürdig, da er selbst die bei uns demontierten Anlagen in einer Fachzeitschrift zum Verkauf angeboten hat.

Zu keiner Zeit haben wir unser Einverständnis mit der Handlungsweise von Herrn S. erklärt. Geschweige dessen hat er die betreffenden Anlagen von uns käuflich erworben.

Wir müssen Herrn S. daher vorwerfen, daß er die betreffenden Anlagen entwendet hat, um sich selbst widerrechtlich zu bereichern. Herr S. hat somit schuldhaft eine Straftat zum Nachteil unseres Unternehmens begangen.

Obwohl wir davon überzeugt sind, daß Herr S. die geschilderte Straftat begangen hat, hören wir Sie ergänzend auch zu einer Verdachtskündigung an, da aufgrund der gegebenen Sachlage – zeitlicher Zusammenhang zwischen Demontage der Anlagen und Angebot zum Verkauf der Anlagen in einer Fachzeitschrift unter Angabe der Telefonnummer des Herrn S.– der zumindest, dringende Tatverdacht gegen Herrn S. besteht.

Wir weisen darauf hin, daß Herr S. als Betroffener an einer Teilnahme an der Sitzung in seiner Funktion als Betriebsratsmitglied gehindert ist.

Um Ihre umgehende Ertei...

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