Verfahrensgang

ArbG Bochum (Beschluss vom 26.06.1997; Aktenzeichen 3 BVGa 11/97)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der am 26.06.1997 verkündete Beschluß des Arbeitsgerichts Bochum – 3 BVGa 11/97 – abgeändert:

Der Antrag wird abgewiesen.

 

Tatbestand

A

Mit dem beim Arbeitsgericht Bochum am 20.06.1997 eingereichten Beschlußverfahren begehrt der Antragsteller im Wege der einstweiligen Verfügung, der Antragsgegnerin aufzugeben, Kündigungen bis zur Durchführung des Interessenausgleichsverfahrens gemäß § 112 BetrVG zu unterlassen.

Die Antragsgegnerin ist eine KG mit Sitz in K…. (künftig: Arbeitgeberin), die mit 37 Arbeitnehmern (Stand: 18.06.1997) in B… ein Werk betreibt, in dem sie Kabeltrommeln zwecks Vermietung repariert und wartet. Der Antragsteller des Verfahrens ist der in diesem Werk existierende dreiköpfige Betriebsrat (künftig: BR), dessen Vorsitzender Herr M… ist.

Am 01.04.1997 unterrichtete der Geschäftsführer Waßmuth der Arbeitgeberin den BR mündlich darüber, daß aus Gründen jahrelanger Verluste und hoher Frachtkosten das Werk zum 31.12.1997 geschlossen werden solle. Der BR reagierte darauf mit folgendem Schreiben vom 03.04.1997:

Die Arbeitgeberin antwortete unter dem 09.04.1997:

Es entwickelte sich noch weiterer Schriftwechsel zwischen dem BR und der Arbeitgeberin. Zu einer Interessenausgleichsverhandlung kam es jedoch nicht. Unter dem 19.06.1997 schrieb daraufhin die Arbeitgeberin dem BR mit einer dazugefügten Namensliste aller 37 Arbeitnehmer:

Mit Antwortschreiben vom 26.06.1997 widersprach der BR den gesamten Kündigungen mit der Begründung, es hätten noch keine Verhandlungen über einen Interessenausgleich stattgefunden.

Der BR hat gemeint, gemäß §§ 111, 112 BetrVG in Verbindung mit dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) seien die Kündigungen bis zum Abschluß eines Interessenausgleiches von der Arbeitgeberin zu unterlassen, da es nach deren Ausspruch keine Möglichkeit mehr zur Verhandlung über einen Interessenausgleich gebe.

Der BR hat beantragt,

im Wege der einstweiligen Verfügung den gesetzlichen Vertretern der Arbeitgeberin aufzugeben, den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen im Zusammenhang mit der beabsichtigten Schließung des B… Betriebes bei Meidung eines Zwangsgeldes von bis zu 500.000,– DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Zwangshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Arbeitgeberin, zu unterlassen, solange das Verfahren über den Interessenausgleich entsprechend § 112 BetrVG nicht durchgeführt worden ist.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Durch Beschluß vom 26.06.1997, der weder Tatbestand noch Gründe enthält, hat das Arbeitsgericht nach dem Antrag des BR entschieden.

Gegen diesen Beschluß, der der Arbeitgeberin in der abgekürzten Form persönlich am 26.06.1997 und ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 22.07.1997 zugestellt worden ist, hat die Arbeitgeberin durch einen beim Landesarbeitsgericht Hamm am 10.07.1997 eingegangenen Schriftsatz vom 09.07.1997, der die Begründung enthielt, Beschwerde eingelegt.

Die Arbeitgeberin ist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm (Entscheidung vom 01.04.1997 – 13 TaBV 34/97 –) der Ansicht, dem BR fehle es an einem Anspruch auf Erlaß der begehrten einstweiligen Verfügung. Ein Interessenausgleich sei inhaltlich nicht erzwingbar. Die Durchführung des Interessenausgleichsverfahrens sei lediglich als Obliegenheit ausgestaltet. Im übrigen sei die Frist des § 113 Abs. 3 Satz 2 BetrVG abgelaufen, so daß schon deshalb der Unterlassungsanspruch zu verneinen sei.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluß des Arbeitsgerichts Bochum vom 26.06.1997 (– 3 BVGa 11/97 –) abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Der BR beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen. Die Arbeitgeberin hat inzwischen vor Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses an ihren Verfahrensbevollmächtigten alle Kündigungen ausgesprochen bis auf drei, die Arbeitnehmer mit Sonderkündigungsschutz betreffen, deren Genehmigung noch ausstehen.

 

Entscheidungsgründe

B

I

Die nach §§ 89, 87, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 516 ff. ZPO an sich statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Arbeitgeberin ist begründet.

II

1. Zwar ist der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung zulässig.

a) Gemäß §§ 2 a, 80 Abs. 1, 85 Abs. 2 ArbGG ist das gewählte Beschlußverfahren für die einstweilige Verfügung die richtige Verfahrensart, da der BR mit ihr die Durchführung des Interessenausgleichsverfahrens nach § 112 BetrVG vor Ausspruch der Kündigungen erzwingen will.

b) Auch wenn der BR mit seinem Antrag eigentlich keine einstweilige Regelung, wie sie in den §§ 935, 940 ZPO für die einstweilige Verfügung gesetzlich nur vorgesehen ist, erstrebt, sondern eine vorläufige Tatsachen schaffende Regelung, also eine Leistungs- oder Befriedigungsverfügung begehrt, ist eine solche Leistungsverfügung nach der ständigen Rechtsprechu...

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