Verfahrensgang

ArbG Herford (Aktenzeichen 2 Ca 514/97)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers und Berufungsbeklagten auf Erlaß eines Kostenbeschlusses gegen die Beklagte und Berufungsklägerin wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Die Parteien streiten nur noch über die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 10.01.1997 eine Abmahnung wegen eigenmächtiger Aufrundung der Fahrerspesen erteilt.

Das Arbeitsgericht Herford hat durch Urteil vom 10.12.1997 (2 Ca 514/97), auf welches vollinhaltlich Bezug genommen wird, die Beklagte zur Rücknahme dieser Abmahnung und Entfernung aus der Personalakte verurteilt, ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 5.403,– DM festgesetzt.

Gegen das ihr am 27.01.1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte am Montag, dem 02.03.1998 Berufung eingelegt und diese am 05.03.1998 zurückgenommen.

Am 12.03.1998 hat sich der Prozeßbevollmächtigte des Klägers bestellt und einen Antrag auf Berufungszurückweisung angekündigt.

Nach Zustellung der Berufungsrücknahme begehrt der Kläger den Erlaß eines Kostenbeschlusses. Er meint, die Kostenfolge ergäbe sich aus § 269 Abs. 3 ZPO.

Der Kläger beantragt

der Beklagten und Berufungsklägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt,

den gegnerischen Kostenfestsetzungsantrag mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückzuweisen.

Sie meint, der Kläger habe kein Rechtsschutzbedürfnis an der Kostenfestsetzung, da es sich nicht um erstattungsfähige und notwendige Verfahrenskosten handele. Ihre Prozeßbevollmächtigten hätten dem Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 27.02.1998 mitgeteilt, daß die Berufungseinlegung nur vorsorglich und fristwahrend erfolgen solle und ihn kollegialiter gebeten, sich bis zum Abschluß der Aussichtsprüfung im Berufungsverfahren beim Landesarbeitsgericht nicht zu bestellen.

 

Entscheidungsgründe

II. Der Antrag des Klägers auf Erlaß eines Kostenbeschlusses gegen die Beklagte ist mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückzuweisen.

1. Der Kläger kann keine Kostenerstattung für das Berufungsverfahren verlangen, da die Beklagte die Berufung nur zur Fristwahrung eingelegt und bereits vor der Bestellung des gegnerischen Prozeßbevollmächtigten zurückgenommen hatte. Das ist bereits im Verfahren über den Antrag auf Kostenentscheidung zu berücksichtigen und nicht erst dem Kostenbeamten im Kostenfestsetzungsverfahren zu überlassen (vgl. BGH vom 13.06.1972 – X ZR 45/69, LM Nr. 20 zu § 515 ZPO = MDR 1972, 945, 946 = NJW 1972, 1716 = VersR 1972, 1046). Einen Kostenerstattungsanspruch hat der Kläger hier deshalb nicht, weil die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bei Berufungseinlegung dem Kläger mit Schreiben vom 27.02.1998 an dessen Prozeßbevollmächtigten ausdrücklich erklärt hatte, die Rechtsmitteleinlegung erfolge nur zur Fristwahrung. Da die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten den Prozeßbevollmächtigten des Klägers kollegialiter gebeten hatten, sich bis zum Abschluß der Aussichtsprüfung im Berufungsverfahren beim Landesarbeitsgericht nicht zu bestellen, bestand für den Kläger kein Anlaß, einen Prozeßbevollmächtigten für die II. Instanz zu beauftragen. Es hat insbesondere auch kein Anlaß bestanden, einen Schriftsatz mit dem Antrag auf Zurückweisung der Berufung beim Landesarbeitsgericht einzureichen. Der Hinweis des Klägers, die Kostenfolge ergäbe sich aus § 269 Abs. 3 ZPO (gemeint ist § 515 Abs. 3 ZPO) schlägt fehl, da auch für einen Kostenantrag nach § 515 Abs. 3 ZPO ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen muß.

2. Die Frage, ob bei Einlegung der Berufung „nur zur Fristwahrung” der Prozeßgegner sofort einen Anwalt mit seiner Vertretung beauftragen darf und veranlassen darf, sogleich die Zurückweisung der Berufung zu beantragen, ist äußerst umstritten.

2.1. Nach der einen Ansicht ist es dem Prozeßgegner zuzumuten, vorerst keinen Anwalt zu beauftragen, und zwar auch dann noch nicht, wenn der Berufungsgegner bereits um eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nachgesucht hat (vgl. OLG Bamberg vom 09.01.1979 – 5 W 91/78, JurBüro 1979, 703; OLG Bamberg vom 18.07.1985 – 1 W 39/85, JurBüro 1986, 62; OLG Bamberg vom 10.10.1989 – 1 W 64/89, JurBüro 1990, 48 [Mümmler]; LAG Düsseldorf vom 20.01.1986 – 7 Ta 415/85, LAGE § 91 ZPO Nr. 9 = JurBüro 1986, 1361; LG Zweibrücken vom 07.05.1979 – 3 S 243/78, MDR 1979, 851; LG Zweibrücken vom 07.05.1979 – 3 S 72/79, n.v.).

2.2. Nach der Gegenmeinung ist eine sofortige Beauftragung eines Anwalts auch bei der Berufungseinlegung „nur zur Fristwahrung” grundsätzlich notwendig und ist auch eine 13/10 Prozeßgebühr für den Antrag auf Zurückweisung der Berufung erstattungsfähig (vgl. z.B. OLG Düsseldorf vom 03.11.1988 – 10 W 90/88, Rpfleger 1989, 169; OLG Düsseldorf vom 23.03.1993 – 10 W 123/92, AnwGeb 1993, 93 [Eicken] = JurBüro 1994, 97 [Mümmler]; LAG Köln vom 17.12.1996 – 4 Ta 285/96, AR-Blattei ES 160.13 Nr. 207 = ARST 1997, 94 = MDR 1997, 754; OLG München vom 18.12.1970 – 11 W 1745/70, NJW 1971, 1045; OLG München vom 12.05.1989 – 11 W 1515/89, JurBüro ...

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