Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitwirkung des Betriebsrats bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern eines Werkunternehmens im Rahmen eines mit dem Arbeitgeber abgeschlossenen Werkvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

Lässt ein Arbeitgeber in seinem Betrieb bestimmte Teile im Rahmen eines Werkvertrages von Arbeitnehmern des Werkunternehmers unter dessen Leitung durch Wochenendarbeit mit Betriebsmitteln des Arbeitgebers produzieren, liegt hierin keine Einstellung von Arbeitnehmern in den Betrieb des Arbeitgebers und auch keine Betriebsänderung (Einzelfallentscheidung).

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 1, § 111 S. 3 Nrn. 3-4

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Entscheidung vom 07.10.2016; Aktenzeichen 2 BVGa 21/16)

 

Tenor

Die am 11.10.2016 eingelegte Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 07.10.2016 - 2 BVGa 21/16 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

A.

Von der Darstellung des Tatbestandes wurde abgesehen (vgl. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO).

B.

Die Beschwerde des Betriebsrates ist zwar zulässig, aber in vollem Umfang unbegründet.

I. Die Zulässigkeit der vom Betriebsrat verfolgten Anträge scheitert nicht daran, dass dieser keinen ordnungsgemäßen Beschluss zur Einleitung des Verfahrens und zur Beauftragung eines Rechtsanwaltes gefasst hat.

1. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt 04.11.2015 - 7 ABR 61/13 - AP BetrVG 1972 § 29 Nr. 10) ist ein für den Betriebsrat gestellter Antrag als unzulässig abzuweisen, wenn keine wirksame Beschlussfassung zur Verfahrenseinleitung und zur Beauftragung eines Verfahrensbevollmächtigten feststellbar ist, wobei insoweit eine Genehmigung bis zum Ergehen einer negativen Prozessentscheidung möglich ist.

So konnte hier der Betriebsrat noch im laufenden Rechtsmittelverfahren mit Schriftsatz vom 13.10.2016 belegen, dass in der Sitzung am 12.10.2016 durch einstimmige Entscheidungen des vollzählig versammelten 13köpfigen Gremiums entsprechende Beschlüsse gefasst wurden, wobei den durch Urlaubsabwesenheiten bedingten Verhinderungen (§ 25 Abs. 1 BetrVG) nach Maßgabe des § 25 Abs. 2 BetrVG Rechnung getragen wurde. Dem ist die Arbeitgeberin nicht substantiiert entgegengetreten, so dass ihr anfängliches Bestreiten mit Nichtwissen unerheblich geworden ist (vgl. BAG, 30.09.2008 - 1 ABR 54/07 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 71).

II. Die in der Anhörung am 14.10.2016 zu Protokoll gegebenen Anträge zu 1. - 4. sind bestimmt und damit zulässig.

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind Anträge, mit denen die Unterlassung von Handlungen bzw. Duldungen verlangt wird, so genau zu bezeichnen, dass der in Anspruch Genommene im Falle einer stattgebenden gerichtlichen Entscheidung eindeutig erkennen kann, unter welchen Voraussetzungen was von ihm verlangt wird, um sich künftig rechtmäßig verhalten zu können (ausführlich: BAG, 20.11.2012 - 1 AZR 179/11 - AP Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 179). Dabei sind bisweilen generalisierende Formulierungen unvermeidlich. Andernfalls würde die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen, durch prozessuale Anforderungen unzumutbar erschwert, wenn nicht gar beseitigt. Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe ist deshalb hinnehmbar und im Interesse einer sachgerechten Verurteilung zweckmäßig, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe kein Zweifel besteht (BAG, a.a.O.).

2. Diesen Anforderungen an die Bestimmtheit werden die gestellten Anträge gerecht. Sie geben mit den gebotenen Einschränkungen für Notfälle und Arbeitskampfmaßnahmen sowie in Fällen der §§ 99 ff. BetrVG und §§ 111 f. BetrVG die auch für die Arbeitgeberin eindeutig erkennbaren Begehren wieder, nämlich es zu unterlassen, portugiesische Arbeitnehmer in bestimmten Zeiträumen tatsächlich zu beschäftigen bzw. deren Beschäftigung zu dulden.

III. Alle Unterlassungsbegehren des Betriebsrates sind aber unbegründet.

1. Soweit er sich bei dem Antrag zu 1. einschließlich des gestellten Hilfsantrages

zu 2. auf Einstellungen im Sinne des § 3 Abs. 1 der Arbeitsordnung vom 19.02.2002 und auf § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG beruft, waren die Anträge abzuweisen, weil in der (bereits erfolgten) und weiter beabsichtigten Beschäftigung portugiesischer Arbeitnehmer am Betriebssitz der Arbeitgeberin in Q keine Einstellungen im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne zu sehen sind.

a) Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (grundlegend: 05.03.1991 - 1 ABR 39/90 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 90; siehe auch 09.07.1991 - 1 ABR 45/90 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 94; 11.09.2001 - 1 ABR 14/01 - EzA § 99 BetrVG 1972 Einstellung Nr. 10) ist es eine im arbeitsteiligen Wirtschaftsleben übliche Praxis, dass ein Arbeitgeber, letztlich gestützt auf Art. 14 GG, nicht alle zur Erreichung eines bestimmten Unternehmensziels erforderlichen Arbeiten durch eigene Arbeitnehmer ausführen, sondern Teilleistungen von Dritten namentlich auf der Grundlage eines Werkvertrages verrichten lässt. Diese Leistungen können häufig nur im Rahmen eines vom Arbeitgeber bestimmten Produktionsablaufs erbracht werden, so dass die vom...

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