Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg für Zahlungsansprüche eines als Bau- und Projektleiter tätigen Bauingenieurs

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Bau- und Projektleiter, der in den Betriebsräumen eines Unternehmens einen fest eingerichteten Arbeitsplatz mit PC und Telefonanschluss hat, über Visitenkarten mit dem Firmenlogo des Unternehmens verfügt, im Firmentelefonverzeichnis aufgeführt ist, eine Firmen-Email-Adresse hat und im Übrigen nach außen wie ein Arbeitnehmer auftritt, ist auch dann als solcher zu behandeln, wenn vereinbart ist, dass er seine Vergütung nebst Umsatzsteuer in Rechnung stellt und eine Fortzahlung der Vergütung im Krankheits- und Urlaubsfall gerade ausgeschlossen sein soll. Gerade hieraus kann nicht darauf geschlossen werden, ob es sich um eine selbständige oder abhängige Beschäftigung handelt, weil die Bestimmungen über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie die Regelung über den bezahlten Mindesturlaub zwingendes Recht darstellen und nicht zur Disposition der Arbeitsvertragsparteien stehen. Unerheblich ist insoweit auch, dass der Arbeitnehmer für seine Tätigkeit Rechnungen einschließlich Mehrwertsteuer ausstellt und selbst für die Einhaltung der steuerrechtlichen Bestimmungen verantwortlich sein soll, da auch die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung der vereinbarten Vergütung nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht, sondern durch die Rechtsnatur eines Vertragsverhältnisses zwingend vorgegeben ist.

 

Normenkette

ArbGG; ArbGG § 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 14.09.2011; Aktenzeichen 4 Ca 3459/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 14.09.2011 - 4 Ca 3459/09 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 6.530,28 € festgesetzt.

 

Gründe

I

Die Parteien streiten im Beschwerderechtszug um die Zulässigkeit des Rechtsweges für die von dem Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche.

Der Kläger war seit dem 01.06.2000 für die Beklagte als Bau- und Projektleiter tätig. Für seine Tätigkeit stellte der Kläger der Beklagten monatlich Abrechnungen auf Stundenbasis unter Beifügung von Arbeitszeitnachweisen aus, wobei er pro Stunde zuletzt einen Betrag in Höhe von 75,79 € nebst Zinsen in Rechnung stellte. Wegen der Einzelheiten der Rechnung sowie der Arbeitszeitnachweise wird auf Bl. 229 - 324 d.A. Bezug genommen.

Der Kläger hatte in den Betriebsräumen der Beklagten einen fest eingerichteten Arbeitsplatz mit einem PC und Telefonanschluss. Er besaß eine Visitenkarte mit dem Firmenlogo der Beklagten, war im Firmentelefonverzeichnis aufgeführt und hatte eine Firmen-Emailadresse wie die anderen Mitarbeiter der Beklagten. Der Kläger nahm an Betriebs- und Bauleiterbesprechungen sowie an Betriebsfeiern teil. Nach außen trat der Kläger wie ein Arbeitnehmer der Beklagten auf. Neben dem Kläger beschäftigte die Beklagte weitere 15 Bauleiter, deren Arbeitnehmerstatus unstreitig ist. Die Kernarbeitszeit im Betrieb der Beklagten war von 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr und wurde auch vom Kläger eingehalten, der ca. 45 Stunden pro Woche für die Beklagte arbeitete. Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Klägers wurden die ihm übertragenen Tätigkeiten, die bauprojektbezogen waren, von anderen Bauleitern der Beklagten verrichtet. Eine Urlaubsvergütung sowie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wurden in der Vergangenheit nicht gezahlt. Ab Mai 2009 stellte die Beklagte dem Kläger ein Dienstwagen zur Verfügung.

Mit Bescheid der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung vom 28.04.2010 wurde festgestellt, dass der Kläger bei der Beklagten sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt habe. Der dagegen von der Beklagten eingelegte Rechtsbehelf wurde mit Bescheid vom 27.12.2010 zurückgewiesen. Die von der Beklagten erhobene Klage ist beim Sozialgericht Detmold unter dem Aktenzeichen S 22 R 94/11 anhängig.

Der Kläger ist der Ansicht, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei eröffnet, weil er tatsächlich Arbeitnehmer der Beklagten gewesen sei. Die Arbeitnehmereigenschaft folge daraus, dass er in dem Betrieb der Beklagten eingegliedert gewesen sei, mit anderen Mitarbeitern der Beklagten zusammen gearbeitet habe und von der Beklagten nach Fertigstellung eines Projektes weitere Projekte zugewiesen bekommen habe, wobei er bei der Verrichtung der übertragenen Tätigkeiten weisungsabhängig gewesen sei. Die Aufgabenerledigung sei ihm jeweils seitens der Beklagten detailliert vorgegeben worden. Darüber hinaus sei von der Beklagten wie ein Arbeitnehmer behandelt worden.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei nicht eröffnet, da der Kläger die Tätigkeiten ausschließlich im Rahmen eines Dienstverhältnisses über freie Mitarbeit erbracht habe. Die Tatsache, dass der Kläger im Rahmen der Betriebsabläufe in ihre Organisation eingebunden gewesen sei, führe zu keiner anderen Beurteilung, da die Einbindung lediglich auf den Erfordernissen der bes...

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