Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlussverfahren Rechtsschutzbedürfnis bei vorgeschaltetem Verfahren durch paritätische Kommission

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Vereinbaren die Betriebspartner in einer Betriebsvereinbarung für den Fall auftretender Meinungsverschiedenheiten bei Anwendung und Auslegung der geschlossenen Betriebsvereinbarung den Versuch der Beilegung durch Einsetzung einer paritätischen Kommission und für den Fall keiner zu erzielenden Einigung das Einigungsverfahren wie es im anwendbaren Manteltarifvertrag vorgesehen ist, fehlt für ein Beschlussverfahren, in dem über die Auslegung der betreffenden Betriebsvereinbarung gestritten wird, das Rechtsschutzbedürfnis.

2. Ein derartiges vor der paritätischen Kommission vorgeschaltetes Verfahren enthält keinen unzulässigen Ausschluss des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten.

 

Normenkette

ZPO § 256

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Beschluss vom 07.06.2006; Aktenzeichen 2 BV 7/06)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 07.06.2006 – 2 BV 7/06 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A

Im vorliegenden Beschlussverfahren nimmt der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf Einhaltung der Regelungen in einer Rahmenbetriebsvereinbarung „Arbeitszeit” sowie auf Unterlassung in Anspruch.

Die Arbeitgeberin ist ein Betrieb der Umwelttechnik mit ca. 180 Mitarbeitern. Im Betrieb der Arbeitgeberin ist der antragstellende Betriebsrat, der aus sieben Personen besteht, gewählt. Vorsitzender des Betriebsrats ist der am 17.08.1957 geborene Arbeitnehmer E1xxx K1xx, der seit 1978 im Betrieb der Arbeitgeberin als Schlosser eingestellt wurde. Seit 1988 ist Herr K1xx Betriebsratsvorsitzender. Ob er seit 1993/1994 aufgrund einer Regelungsabrede nahezu vollständig freigestellt worden ist, ist seit Jahren zwischen den Beteiligten streitig. Mindestens seit 1996 verwendet Herr K1xx nahezu seine gesamte Arbeitszeit zur Ausführung von Betriebsratstätigkeiten. Ob dies erforderlich ist, ist seit Jahren zwischen den Beteiligten streitig.

Hinsichtlich der betrieblichen Arbeitszeit haben die Betriebsparteien die regelmäßige Arbeitszeit des Betriebes durch eine Rahmenbetriebsvereinbarung „Arbeitszeit” vom 31.05.1996 (Bl. 7 ff.d.A.) geregelt. Die Rahmenbetriebsvereinbarung wird durch verschiedene Arbeitszeitmodule für bestimmte Betriebsbereiche ergänzt. Für den Bereich der Produktion gilt das Modul II zur Rahmenbetriebsvereinbarung „Arbeitszeit”, in Kraft seit dem 01.06.1996 (Bl. 12 ff.d.A.). Nach Ziffer 2. des Moduls II gilt die Betriebsvereinbarung für alle gewerblichen Mitarbeiter der Arbeitgeberin u.a. in dem Bereich Entsorgungstechnik, mit den Unterbereichen Behälterbau und Fahrzeugbau, Komponenten, mechanische Werkstatt, Kundendienst. Auf die Bestimmungen der Ziffer 4. des Moduls II sowie der Ziffer 9. der Rahmenbetriebsvereinbarung vom 31.05.1996 wird ausdrücklich Bezug genommen.

Ob die Arbeitgeberin berechtigt ist, für den Mitarbeiter K1xx, den Betriebsratsvorsitzenden, einen besonderen Personaleinsatzplan zu erstellen, der nicht dem Personaleinsatzplan für den Behälterbau, dem der Mitarbeiter K1xx zugeordnet ist, entspricht, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Im Jahre 2004 wurde Herr K1xx von der Arbeitgeberin aufgefordert, sich zu Betriebsratstätigkeiten an- und abzumelden. Nachdem Herr K1xx dieser Aufforderung nach Auffassung der Arbeitgeberin nicht ordnungsgemäß nachgekommen war, kündigte die Arbeitgeberin Lohnkürzungen an und behielt schließlich in den Monaten Mai bis September 2004 pauschal 20 % des monatlichen Arbeitsentgelts von Herrn K1xx ein. Hiergegen wehrte sich Herr K1xx mit einer Klage zum Arbeitsgericht Detmold – 3 Ca 984/04 –. Durch Urteil vom 09.12.2004 wurden Herrn K1xx die entsprechend eingeklagten Lohndifferenzen zugesprochen. Die zum Landesarbeitsgericht Hamm eingelegte Berufung der Arbeitgeberin führte zu folgendem am 20.05.2005 abgeschlossenen Vergleich – 10 Sa 41/05 -:

  1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Kläger als Betriebsratsvorsitzender im Umfang von 115 Stunden monatlich durchschnittlich pro Jahr wegen Betriebsratstätigkeit von seiner Arbeitsleistung freigestellt wird.
  2. Die Beklagte zahlt die ab Mai 2004 einbehaltenen Lohndifferenzen in Höhe von jeweils 20 % an den Kläger nach.
  3. Der Kläger und die Beklagte sind sich darüber einig, dass vorerst auf die tägliche An- und Abmeldeverpflichtung des Klägers wegen Betriebsratstätigkeit verzichtet wird.

Mit Schreiben vom 07.06.2005 (Bl. 20 d.A.)kündigte die Arbeitgeberin dem Mitarbeiter K1xx an, jede über 115 Stunden im Kalendermonat hinausgehende Freistellung für Betriebsratstätigkeit grundsätzlich als Arbeitsverweigerung zu werten und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.

Seither erhält der Betriebsratsvorsitzende K1xx regelmäßig Personaleinsatzpläne für eine Arbeitsgruppe 31, Kostenstelle 3701, Abt.: Behälterbau. Eine Arbeitsgruppe 31 ist in der Anlage I zur Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit” (Bl. 18 ff.d.A.) nicht vorgesehen. Der Betriebs...

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