Beschwerde zurückgewiesen 21.10.2005 7 ABR 62/05 Beschluss aufgehoben, zurückverwiesen 06.12.2006

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrat. Beschlussfassung. ordnungsgemäß. Einleitung. Beschlussverfahren. Beauftragung. Rechtsanwalt. Vollmandat. Restmandat

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Einleitung eines Beschlussverfahrens und die Vollmachtserteilung an die Verfahrensbevollmächtigten bedarf eines wirksamen Beschlusses des Betriebsrats. Andernfalls ist dieser gerichtlich nicht ordnungsgemäß vertreten, und es kommt kein Prozessrechtsverhältnis zustande. Für den Betriebsrat gestellte Anträge sind als unzulässig abzuweisen.

2. Nehmen an einer Beschlussfassung des Betriebsrats noch (ehemalige) Mitglieder teil, deren Mitgliedschaft bereits zuvor geendet hatte, so ist der Beschluss unwirksam.

 

Normenkette

BetrVG §§ 21b, 24 Nr. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Beschluss vom 02.02.2005; Aktenzeichen 3 BV 39/04)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 13 TaBV 77/05)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 02.02.2005 – 3 BV 39/04 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten darum, ob der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens und der Beauftragung der Rechtsanwälte I1 und R1 ordnungsgemäße Beschlüsse des Betriebsrats zugrunde liegen; inhaltlich geht es um die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs zur Aufstellung eines Sozialplans.

Der Antragssteller ist der in der Niederlassung B2 L1 der Arbeitgeberin – nunmehr unstreitig – im Jahre 2002 gewählte fünfköpfige Betriebsrat.

Im Jahr 2003 beschloss die Arbeitgeberin, ein Unternehmen des Groß- und Einzelhandels mit insgesamt 700 bis 800 Mitarbeitern, die Verlegung der Betriebsstätte B2 L1 nach E1. Allen betroffenen 56 Arbeitnehmern wurde eine Fortbeschäftigung am Standort E1, der betriebsverfassungsrechtlich dem Hauptbetrieb in H2 zugeordnet ist, angeboten. Da nur wenige Mitarbeiter darauf eingingen, wurden in der Folgezeit Änderungskündigungen mit dem Ziel der Änderung des Arbeitsortes ausgesprochen; darüber kam es zu zahlreichen arbeitsgerichtlichen Verfahren. Letztlich wechselten nur elf Arbeitnehmer an den neuen Standort E1, so dass dort knapp 50 neue Mitarbeiter eingestellt wurden.

Vor dem geschilderten Hintergrund konnte die ursprünglich für den Jahreswechsel 2003/2004 geplante Verlegung nicht fristgerecht realisiert werden; vielmehr erfolgte ein etappenweiser Übergang bis zum 30.06.2004, dem Ende des Mietvertrages für die Räumlichkeiten in B2 L1. Diesem Standort waren im ersten Halbjahr 2004 noch folgende Mitarbeiter zugeordnet:

Ende Januar = 42 Arbeitnehmer,

Ende Februar = 17 Arbeitnehmer,

Ende März = 12 Arbeitnehmer,

Ende April = 9 Arbeitnehmer,

Ende Mai = 4 Arbeitnehmer und

bis Ende Juni = 3 Arbeitnehmer.

Von den fünf Mitgliedern des Betriebsrats wechselten der Vorsitzende W2 und das Mitglied L2 mit Wirkung ab 05.01.2004 einvernehmlich nach E1. Das weitere Betriebsratsmitglied P5 schied mit Ablauf des 31.05.2004 aus; die Arbeitsverhältnisse der verbliebenen Betriebsratmitglieder S5 und R2 endeten am 30.06.2004. Ersatzmitglieder waren nicht mehr vorhanden.

Anlässlich der geplanten Verlegung des Betriebs nach E1 stritten die Beteiligten u.a. um die Einsetzung einer Einigungsstelle betreffend die Aufstellung eines Sozialplans. Aufgrund eines am 12.05.2004 geschlossenen Vergleichs vor dem Landesarbeitsgericht Hamm in dem Beschlussverfahren ArbG Paderborn – 2 BV 4/04 = LAG Hamm – 13 TaBV 37/04, in dem sich die Beteiligten auf die Einrichtung einer Einigungsstelle verständigten, fanden in der Folgezeit drei Sitzungen der Einigungsstelle statt, die am 23.08.2004 mit einem Spruch endete.

Darin heißt es u.a.:

”Dieser Sozialplan regelt den Ausgleich bzw. die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (nachfolgend „Arbeitnehmer” genannt) des Arbeitgebers infolge des Umzuges von B2 L1 nach E1 und durch die Schließung der Betriebsstätte in B2 L1 entstehen…

§ 2

Ein angebotener Arbeitsplatz ist dem Arbeitnehmer zumutbar, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Die Anforderungen des angebotenen Arbeitsplatzes entsprechen der Qualifikation des Arbeitnehmers (Ausbildung und Erfahrung).
  2. Der Arbeitnehmer erhält ein Entgelt, das effektiv der bisher gezahlten Vergütung entspricht.
  3. Die Wegezeit zum Betrieb in E1 beträgt mit dem Pkw in der Regel nicht mehr als eine Stunde (ca. 70 km Wegstrecke)…

§ 5

1. Im Hinblick darauf, dass allen Arbeitnehmern in B2 L1

angeboten wurde, künftig zu im Übrigen unveränderten Bedingungen in E1 weiterzuarbeiten werden Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes nur in geringerem Umfang als üblich gezahlt. Bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen von mehr als § 1.800,– EUR brutto – Jahreswerte 2003 – besteht kein Anspruch auf eine Abfindung gemäß der Ziffer 2.

2. Die Abfindung errechnet sich wie folgt:

  1. Variable Abfindung nach Beschäftigungszeit mit der Formel 0,2 eines Bruttomonatseinkommens * Dauer der Betriebszu...

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