Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstellenbesetzung. offensichtliche Unzuständigkeit. Betriebsänderung durch Personaleinschränkung. Plan für Betriebsänderung. Aufhebungsvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

Allein daraus, dass ein Arbeitgeber zehn Arbeitnehmer auf den möglichen Abschluss eines Aufhebungsvertrags anspricht, folgt nicht zwingend, dass er zehn und nicht weniger Arbeitsplätze abbauen will.

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG § 111 S. 3 Nr. 1; KSchG § 17

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Beschluss vom 30.09.2009; Aktenzeichen 3 BV 32/09)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 30.09.2009 – 3 BV 32/09 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.

Die Arbeitgeberin, ein Unternehmen für Industriereinigung, betreibt mehrere Niederlassungen mit weit über 300 Arbeitnehmern. In der Niederlassung in G1 werden etwa 62 Arbeitnehmer beschäftigt. Dort ist der antragstellende Betriebsrat, der aus fünf Personen besteht, gewählt.

Im August, spätestens Anfang September 2009 bot die Arbeitgeberin zunächst fünf Mitarbeitern der Niederlassung G1 den Abschluss von Aufhebungsverträgen an. Mit Schreiben vom 03.09.2009 (Bl. 4 d.A.) wies der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats die Arbeitgeberin darauf hin, dass die Entlassung einer derartigen Zahl von Mitarbeitern eine interessenausgleich- und sozialplanpflichtige Betriebsänderung darstelle; gleichzeitig forderte er die Arbeitgeberin unter Fristsetzung bis zum 04.09.2009 auf, zukünftig keine Vorschläge für Aufhebungsverträge mit Mitarbeitern mehr zu machen.

Auf dieses Schreiben reagierte die Arbeitgeberin nicht.

Am 15.09.2009 sprach die Personalleiterin der Niederlassung G1 weitere fünf Mitarbeiter auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrages an und bot jeweils eine Abfindung von 1.000,00 EUR pro Beschäftigungsjahr an.

Mit dem am 10.09.2009 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat der Niederlassung G1 daraufhin die Einrichtung einer Einigungsstelle geltend.

Ferner beantragte der Betriebsrat am 21.09.2009 den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Arbeitgeberin der Abbau von Arbeitsplätzen, die Ankündigung von Kündigungen und die Anregung von Aufhebungsverträgen untersagt werden sollte – 3 BVGa 2/09 Arbeitsgericht Gelsenkirchen.

Im September 2009 verhandelte die Arbeitgeberin mit der zuständigen Gewerkschaft über einen Sanierungstarifvertrag. Diese Verhandlungen wurden am 29.09.2009 für gescheitert erklärt.

Im Anhörungstermin vom 30.09.2009 beim Arbeitsgericht im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – 3 BVGa 2/09 Arbeitsgericht Gelsenkirchen – versicherte der Geschäftsführer der Arbeitgeberin an Eides Statt, dass es zutreffend sei, dass 10 Mitarbeitern unter Fristsetzung bis zum 30.09.2009 ein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages unter Zahlung einer Abfindung gemacht worden sei; die Arbeitgeberin habe aber lediglich beabsichtigt, allenfalls zwei bis drei Aufhebungsverträge abzuschließen; andernfalls müssten Fahrzeuge stillgelegt werden, da man dann nicht mehr genug Personal habe; darüber hinaus seien keine weiteren konkreten Entlassungen geplant.

Im vorliegenden Verfahren hat der Betriebsrat die Auffassung vertreten, dass bei einer geplanten Entlassung von nunmehr 10 Mitarbeitern eine interessenausgleich- und sozialplanpflichtige Betriebsänderung vorliege, da die Schwellenwerte nach § 111 BetrVG überschritten seien. Zu den beabsichtigten 10 Entlassungen zählten auch Aufhebungsverträge. Die Mitarbeiter, die von der Arbeitgeberin auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrages angesprochen worden seien, seien überwiegend nicht älter als 50 Jahre.

Im Übrigen habe, so hat der Betriebsrat behauptet, Herr D4 K1, der Vorstand der Holding, in einer Sitzung noch von Anfang August erklärt, dass etwa 30 bis 50 Mitarbeiter in den drei Niederlassungen der Arbeitgeberin entlassen werden müssten, wenn es nicht zum Abschluss eines Sanierungstarifvertrages komme.

Der Betriebsrat hat beantragt,

eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Interessenausgleich und Sozialplan wegen Betriebsänderung durch Abbau von Arbeitsplätzen ab August 2009” unter dem Vorsitz des Direktors des Arbeitsgerichts W3 a. D. K2 und der Bestellung von vier Beisitzern für jede Seite einzurichten.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass die begehrte Einigungsstelle offensichtlich unzuständig sei, da keine Betriebsänderung vorliege. Noch im September 2009 habe sie mit der zuständigen Gewerkschaft über den Abschluss eines Sanierungstarifvertrages verhandelt. Die Verhandlungen über diesen Sanierungstarifvertrag seien erst am 29.09.2009 endgültig gescheitert. Bis zu diesem Zeitpunkt sei man da jedoch davon ausgegangen, dies sei auch die Absicht der Arbeitgeberin gewesen, die zurzeit bestehenden Arbeitsplätze nach Möglichkeit zu erhalten. Erst nachdem der Abschluss eines Sanierungstarifvertrages g...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge