Leitsatz (amtlich)

1. § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5.5.1998 gewährt dem noch nicht 60 Jahre alten Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf Abschluss eines Teilzeitarbeitsvertrages. Der Arbeitgeber muss über den Antrag des Arbeitnehmers auf Abschluss eines entsprechenden Vertrages nach den Grundsätzen des § 315 BGB entscheiden.

2. Bei der Entscheidung über einen Antrag eines noch nicht 60 Jahre alten Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages kann der Arbeitgeber auch eigene, insbesondere wirtschaftliche Interessen, berücksichtigen. Sein Ermessen ist nicht dahin eingeschränkt, dass er den Antrag des Arbeitnehmers nur aus dringenden dienstlichen oder betrieblichen Gründen ablehnen dürfte.

(wie LAG Köln v. 6.10.99 ZTR 3/200 S. 225)

3. Die Verwaltung kann ihre Ermessensentscheidung ausschließlich auf generelle Gesichtspunkte stützen.

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 16.03.2000; Aktenzeichen 8 Ca 405/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 16. März 2000 – 8 Ca 405/99 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Verlangen der Klägerin nach Altersteilzeit stattgeben muß, insbesondere über die Auslegung des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ).

Die heute 57 Jahre alte Klägerin ist seit 1978 bei der Finanzbehörde der beklagten Hansestadt beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Die Vergütung der Klägerin erfolgt nach BAT V c. Auf den Arbeitsvertrag wird ergänzend verwiesen (Bl. 7 d. A.).

Mit Schreiben vom 16. November 1998 beantragte die Klägerin die Umwandlung ihres Vollzeitarbeitsverhältnisses in ein Teilzeitarbeitsverhältnis entsprechend den Bedingungen des für den Bereich des öffentlichen Dienstes am 5. Mai 1998 geschlossenen Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeit. Unter dem 23. Dezember 1998 lehnte die Oberfinanzdirektion den Antrag mit folgender Begründung ab (Bl. 10 d. A.):

(…) Hintergrund hierfür ist, daß der arbeitsmarktpolitische Effekt dieser Regelung, die ausschließlich auf Nachbesetzungen im Tarifbereich abstellt, in der Steuerverwaltung nicht erreicht wird. Nachbesetzungen freiwerdender Stellen im Angestelltenbereich sind im Hinblick auf die Haushaltslage auf längere Sicht nicht geplant.

Für die Finanzverwaltung steht die Übernahme der ausgebildeten Nachwuchskräfte im Beamtenbereich im Vordergrund. Daher besteht leider keine Möglichkeit für die Anwendung des Altersteilzeitgesetzes. (…)

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten den Abschluß eines Teilzeitarbeitsvertrags auf der Grundlage des TV ATZ.

Die Klägerin hat beanstandet, daß die Beklagte bei Entscheidung über ihren Antrag in Wahrheit eine Ermessensentscheidung gar nicht getroffen habe. Sie ist im übrigen der Auffassung, daß die Beklagte auch gegenüber einer 55 bis 59 Jahre alten Angestellten (sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen) den Antrag auf Altersteilzeit nur ablehnen dürfe, wenn sie dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe geltend machen könne. Als solche aber seien die vorgetragenen Gründe, insbesondere haushaltspolitische Erwägungen, nicht ausreichend.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, mit ihr eine Vereinbarung über die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Hälfte der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit entsprechend dem zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft abgeschlossenen Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit vom 5. Mai 1998 zu treffen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Entscheidung des Arbeitgebers hinsichtlich der Gruppe von Arbeitnehmern, die das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, müsse lediglich billigem Ermessen entsprechen. Auf das Vorliegen dringender dienstlicher bzw. betrieblicher Gründe komme es für die Entscheidung nach § 2 Abs. 1 TV ATZ nicht an, weil der dritte Absatz dieser Norm nur auf dessen zweiten Absatz anwendbar sei. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung gehe es aber darum, die Interessen beider Parteien unter Berücksichtigung aller Umstände, auch genereller Gesichtspunkte, gegeneinander abzuwägen. Angesichts der Entscheidung der Oberfinanzdirektion, Stellen in der Finanzverwaltung nur noch mit ausgebildeten Nachwuchskräften im Beamtenbereich zu besetzen, und im Hinblick darauf, daß bei Nachbesetzung durch Altersteilzeit freigewordener Stellen mit Beamten keine Ausgleichsleistungen durch die Bundesanstalt erfolgten, sei die generelle Ablehnung von Anträgen auf Altersteilzeit von noch nicht 60 Jahre alten Arbeitnehmern nicht unbillig, zumal die Aufstockungsbeträge aus dem ohnehin angespannten eigenen Personalkostenbudget zu tragen wären.

Wegen des weiteren erstinstanzli...

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