Entscheidungsstichwort (Thema)

Weiterbeschäftigung im Konzern. Massenentlassung. gemeinsamer Betrieb

 

Leitsatz (amtlich)

– i.d. Regel kein konzernbezogener Kündigungsschutz

– unternehmensübergreifende Sozialauswahl auch bei Vorliegen gemeinsamen Betriebes nicht, wenn Gemeinschaftsbetrieb zum Kündigungstermin aufgelöst wird

– Reichweite des Massenentlassungsschutzes bei europarechtskonformer Auslegung

 

Normenkette

KSchG §§ 1, 17

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 28.08.2001; Aktenzeichen 25 Ca 47/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 28. August 2001 – 25 Ca 47/01 – abgeändert.

Die Klage wird auch im Übrigen abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten des Teilvergleichs.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses.

Der im Jahr 1957 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Kläger ist seit dem 26. September 1990 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Arbeiter beschäftigt. Grundlage der arbeitsrechtlichen Beziehungen ist der Arbeitsvertrag vom 24. September 1992 (Anlage K 2). Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die Hafenarbeiter der-Seehafenbetriebe Anwendung.

Der Kläger erzielte zuletzt ein Bruttomonatseinkommen von DM 5.400,–.

Die Beklagte führte am … im … einen Umschlagbetrieb, in dem ca. 100 Personen beschäftigt waren. Sie ist eingegliedert in einen Konzernverbund, dessen herrschendes Unternehmen die … ist. Diese ist alleinige Gesellschafterin der Beklagten. Unter dem Datum des 09. August 2000 beschloss die Gesellschafterversammlung, die Aktivitäten der Beklagten als Hafenumschlagsbetrieb einzustellen (Anlage B 7). Ausgenommen hiervon sollte danach der Greiferumschlag sein, der zukünftig von de … durchgeführt werden solle. Des Weiteren wurde beschlossen, dass die Beklagte zukünftig hauptsächlich als Vermietungsgesellschaft in Bezug auf die Gebäude und Anlagen des … tätig werden solle. In dem Beschluss vom 09. August 2000 wird die Geschäftsführung der Beklagten insoweit angewiesen, die vorgenannten Maßnahmen so schnell wie möglich umzusetzen. Im Rahmen der Vermietungsaktivitäten sollten nur noch drei Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden.

Zur Umsetzung dieser Planungen nahm die Beklagte im August 2000 Verhandlungen mit dem Betriebsrat auf. Am 18. Dezember 2000 schlossen die Betriebsparteien in der Einigungsstelle eine Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich (Anlage B 1).

§ 2 Nr. 3 des Interessenausgleichs enthält folgende Regelung:

„Die Gesellschaft wird sich dafür einsetzen, dass die in der Anlage 1 aufgeführten Positionen bei anderen Unternehmen der Gruppe bevorzugt mit Arbeitnehmern der Gesellschaft besetzt werden.”

Geschäftsführer der Beklagten sind … und … Leiter des Controlling ist der Prokurist … ist zugleich Geschäftsführer der … im Folgenden … einer Schwestergesellschaft der Beklagten, die als Quartiersmannbetrieb Kakaoumschlags- und Lagerbetriebstätigkeiten durchführt und hierfür u. a. Schuppen der Beklagten auf dem … anmietet … ist neben seiner Tätigkeit für die Beklagte auch als Kaufmännischer Leiter den … tätig. Beide Unternehmen haben gesonderte Betriebsräte.

Die … befasst sich ebenfalls mit dem Umschlaggeschäft im … Sie führt u. a. den Greiferumschlag unter Nutzung von Kaimauern und Kränen des … durch. Von der Belegschaft der Beklagten hat sie 9 Arbeitnehmer übernommen.

Innerhalb der … findet ein Personalaustausch statt, dem mit den Betriebsräten der betroffenen Firmen geschlossene Vertriebsvereinbarungen zu Grunde liegen (Anlagen K 16, K 17, K 7). Diese wurden in den Jahren 1996, 1998 und 1999 abgeschlossen.

Die Beklagte hörte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung des Klägers gemäß Schreiben vom 18. Dezember 2000 an (Anlage B 3). Dieser widersprach mit Schreiben vom 27. Dezember 2000 (Anlage K 1).

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2000, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich betriebsbedingt zum 31. Januar 2001 (Anlage K 1).

Die Beklagte beantragte im einstweiligen Verfügungsverfahren 25 Ga 1/01 beim Arbeitsgericht Hamburg die Entbindung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus. Nachdem das Arbeitsgericht den Entbindungsantrag mit Urteil vom 13. Februar 2001 zurückgewiesen hatte, wurde die Beklagte durch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg (6 Sa 19/01) durch Urteil vom 20. April 2001 von der Weiterbeschäftigungspflicht entbunden. Seit dieser Entscheidung wurde der Kläger von der Beklagten nicht mehr beschäftigt.

Mit seiner am 11. Januar 2001 bei Gericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die ausgesprochene Kündigung gewehrt.

Er hat eingewendet, die bisherigen Geschäftsaktivitäten der Beklagten seien im Wesentlichen von anderen Unternehmen der … übernommen worden. Die soziale Ausw...

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