Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 28.02.2001; Aktenzeichen 6 Ca 469/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.03.2003; Aktenzeichen 6 AZR 698/01)

 

Tenor

1. Unter gleichzeitiger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Begründungsfrist wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 28. Februar 2001 – 6 Ca 469/00 – dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Umfang der von der Klägerin zu leistenden Dienste, insbesondere darüber, ob sich die vereinbarte Diensterleichterung von 80 % auf die Solldienste der Vergleichsgruppe oder auf die tatsächlich angefallenen (Ist-)Dienste dieser Gruppe bezieht.

Die Klägerin ist seit 1985 Mitglied des … orchester der beklagten … Wegen ihrer herausragenden Position im Orchester als Bratschistin bezieht sie nicht nur ein weit über Tarif liegendes Gehalt, sondern ist auch der Umfang der von ihr zu leistenden Dienste um ein Fünftel vermindert. Der hier auszulegende Arbeitsvertrag vom 7. Mai 1991 lautet auszugsweise wie folgt (Bl. 6–7 d. A.):

㤠1

(Die Klägerin) wird – soweit in diesem Vertrag nichts anderes vereinbart ist – nach Maßgabe des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) vom 1. Juli 1971 in der jeweils geltenden Fassung (…) ab 1.5.1991 auf unbestimmte Zeit als

2. Solo-Bratschistin

beim … orchester weiterbeschäftigt.

(…)

§ 3

(1) Für die Berechnung der monatlichen Dienstbezüge gilt folgende Regelung:

a) Die Grundvergütung wird auf 140 v.H. der jeweiligen Endvergütung eines Tuttispielers festgesetzt.

(…)

§ 5

(Die Klägerin) ist verpflichtet, je Spielzeit 80 vom Hundert der Tuttidienste der Bratsche zu leisten.

(…)

§ 8

Der Vertrag als 1. Solo-Bratischistin (koordiniert) endet mit Ablauf des 30.04.1991.”

Die Diensterleichterung, wie sie sich aus § 5 ergibt, wurde beim … orchester jahrelang – auch schon zum Zeitpunkt des Vertragabschlusses 1991 – allgemein in der Weise gehandhabt, daß man sich bei der Heranziehung des bzw. der Begünstigten nicht am Dienst-Soll, sondern am Durchschnitt der tatsächlich von der Tuttisten-Gruppe geleisteten Dienste orientierte.

Aufgrund einer von der Orchesterleitung für die Spielzeit 1999/2000 herausgegebenen Direktive, ausgelöst letztlich durch Intervention des zuständigen Landesrechnungshofs, änderte sich diese Heranziehung in der Weise, daß seitdem bei der Berechnung von Diensterleichterungen vom Dienstsoll der Gruppe ausgegangen wird. In dem betreffenden Rundschreiben vom Oktober 1999 „an alle Orchestermitglieder” heißt es unter der Überschrift „Konsolidierungsmaßnahmen im Personalhaushalt des … orchesters ab Spielzeit 1999/00” in Ziffer 4 (Bl. 8–10 d. A.):

„Die Berechnung von Diensterleichterungen ist vom Dienst-Soll und nicht mehr vom Durchschnitt der Gruppe vorzunehmen, wobei die Diensterleichterungsberechtigten (Konzertmeister und Mitglieder mit Sonderverträgen) im Höchstfalle weiterhin nur die Durchschnittsdienste der Gruppe zu leisten haben.”

Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 TVK können den Musikern bis zu 64 Dienste in 8 Wochen abverlangt werden. Die Beklagte hat diese Obergrenze jedoch auf 7,5 Dienste pro Woche bzw. 60 Dienste in 8 Wochen (dem sog. Ausgleichszeitraum) abgesenkt. Die Tarifnorm des § 15 Abs. 2 TVK lautet:

„Die Anzahl der Dienste richtet sich nach der Größe und den Aufgaben des Kulturorchesters. Der Musiker ist verpflichtet, im Durchschnitt von acht Kalenderwochen bzw. bei Konzertorchestern von 16 Kalenderwochen – nachfolgend Ausgleichszeitraum genannt – wöchentlich höchstens acht Dienste zu leisten. Erhält ein Ausgleichszeitraum zahlenmäßig überwiegend Aufführungen von Werken, die nach der Partitur als schwierig zu beurteilen sind, hat der Musiker in diesem Ausgleichszeitraum im Durchschnitt wöchentlich höchstens 7 Dienste zu leisten. (…)”

Die Klägerin macht mit ihrer Klage geltend, daß die bisherige Dienstverpflichtung nicht einseitig unter Berufung auf das Direktionsrecht geändert werden könne. Die neue Dienstanweisung betreffe eine mitbestimmungspflichtige Änderung der Dienstzeit, so daß der Beklagte den Personalrat an dieser Maßnahme hätte beteiligen müssen. Zudem hätte es einer entsprechenden einzelvertraglichen Abrede bedurft. Unzulässig sei eine einseitige Maßnahme, zumal sie mit einer nicht unerheblichen Mehrbelastung verbunden sei. Das habe sich konkret bereits dahin ausgewirkt, daß sie in der Spielzeit 1999/2000 statt zu 241 (d. s. 80 % der tatsächlich von der Tuttisten-Gruppe geleisteten Dienste) zu 245 Diensten herangezogen worden sei. Die Diensterleichterung sei – wie unstreitig – in den Vorjahren niemals an der dienstlichen Höchstbelastungsgrenze gemessen, sondern stets am tatsächlichen Durchschnitt der von der Gruppe geleisteten Dienste ausgerichtet worden. Dieser Durchschnitt habe regelmäßig unterhalb der Höchstgrenze gelegen. Es dürfte unstreitig sein, daß die Höchstgrenze der Arbeitszeit nicht das Maß der wöchentlich geschuldeten Arbeitsleis...

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