Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 02.11.1989; Aktenzeichen 25 b Ca 163/89)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 31.03.1993; Aktenzeichen 2 AZR 595/92)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. November 1989 – 25 b Ca 163/89 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer fristgemäßen Kündigung vom 18. Mai 1989, die die Beklagte während des Erziehungsurlaubs der Klägerin ausgesprochen hat zu einer Zeit, in der noch das Kündigungsverbot gemäß § 9 Abs. 1 Mutterschutzgesetz bestand.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. Januar 1987 als Kundenberaterin mit einem monatlichen Gehalt von DM 2.350,– beschäftigt. Die Beklagte, die ständig mehr als fünf Arbeitnehmer mit Ausnahme der Auszubildenden beschäftigte, befindet sich aufgrund eines Beschlusses vom 13. Februar 1989 in Liquidation. Die Liquidation ist in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossen.

Am 19. Dezember 1988 ging die Klägerin in Mutterschutz. Am 9. Februar 1989 wurde ihr erstes Kind geboren. Das Beschäftigungsverbot gemäß § 6 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) bestand demgemäß bis zum 6. April 1989. Das sich aus § 9 Abs. 1 MuSchG ergebende Kündigungsverbot hat sich danach auf einen Zeitraum bis zum 9. Juni 1989 erstreckt. Wie die Beklagte erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 18. August 1989 (Bl. 29 f. d.A.) hat vortragen lassen, ist der Klägerin für die Zeit vom 7. April 1989 bis zum 9. Februar 1990 „auf ihren Wunsch hin ein sogenannter Erziehungsurlaub gewährt worden”. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang in der Berufungsinstanz zunächst dargelegt mit Schriftsatz vom 29. Januar 1990 (Bl. 61 ff. d.A.), daß die Klägerin „den Erziehungsurlaub gemäß § 16 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) für die Zeit vom 7. April 1989 bis zum 9. Februar 1990 in Anspruch genommen” habe. Im selben Schriftsatz heißt es an späterer Stelle: „Zwischenzeitlich hatte die Klägerin ihren Erziehungsurlaub angetreten”. Später in der Berufungsinstanz hat die Beklagte vortragen lassen (vgl. Schriftsatz vom 25. Februar 1992, Bl. 97 ff. d.A.), daß die Klägerin in der Zeit vom 7. April 1989 bis 9. Februar 1990 „offenbar” Erziehungsurlaub genommen habe, zumindest sei dieser Zeitraum „rechnerisch nachvollziehbar”. Abschließend heißt es in dem vorgenannten Schriftsatz: „Wir weisen des weiteren darauf hin, daß die Klägerin entgegen § 16 Abs. 1 BErzGG weder hinsichtlich des ersten Kindes … die Gewährung von Erziehungsurlaub bei der Beklagten beantragt hat” (vgl. S. 4 des vorgenannten Schriftsatzes, Bl. 100 d.A.).

Die Beklagte hat unter dem 22. Februar 1989 beim zuständigen Amt für Arbeitsschutz der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales die Zustimmung zur Kündigung gemäß § 9 MuSchG beantragt. Wörtlich heißt es u. a. in dem Antrag (vgl. Inhalt von Bl. 94 d.A.): „Wir beantragen gemäß § 9 Abs. 3 MuSchG, die Zustimmung zu der beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu erteilen”. Die zuständige Behörde hat diesem Antrag unter dem 5. Mai 1989 (vgl. Bl. 70 d.A.) unter dem Betreff „Gesetz zum Schütze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz)” entsprochen. Es heißt wörtlich: „Die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales – Amt für Arbeitsschutz – erklärt die Kündigung von Frau … … gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 Mutterschutzgesetz für zulässig”. Der gegen diesen Bescheid von der Klägerin erhobene Widerspruch ist inzwischen bestandskräftig durch das Verwaltungsgericht zu Lasten der Klägerin entschieden worden.

Mit Schreiben vom 18. Mai 1989 hat die Beklagte sodann das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 30. Juni 1989 gekündigt.

Die Klage richtet sich gegen die Rechtswirksamkeit dieser Kündigung. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz über die Rechtswirksamkeit dieser Kündigung nun nur noch unter der Fragestellung, ob die ausgesprochene Kündigung auch gemäß § 18 Abs. 1 BErzGG unzulässig war und ob ein entsprechender Antrag der Beklagten und eine Genehmigung der zuständigen Behörde auch nach § 18 Abs. 1 BErzGG vor Ausspruch der Kündigung hätte vorliegen müssen. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO in vollem Umfang auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 2. November 1989 Bezug genommen (Bl. 49 ff. d.A.).

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, daß die Kündigung vom 18. Mai 1989 unwirksam sei, weil bei Kündigungsausspruch und -zugang die nach § 18 Abs. 1 BErzGG erforderliche Zulässigkeitserklärung nicht vorlag. Die fehlende behördliche Genehmigung zur Kündigung werde durch den Verwaltungsakt nach § 9 Abs. 3 MuSchG nicht ersetzt. Eine Umdeutung des behördlichen Verwaltungsaktes sei nicht möglich. Für die Begründung im übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (S. 3–4, Bl. 52–53 d.A.).

Die Beklagte hat gegen das ihr am 28. November 1989 zugestell...

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