Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsschutz nach Bestandsschutzregelung des § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Kündigungsschutz der vor dem 01.01.2004 in einem Betrieb mit weniger als 10 Arbeitnehmern Beschäftigten bleibt nur so lange erhalten, wie die Anzahl der nach der alten Regelung geschützten Arbeitnehmer insgesamt über 5 bleibt.

 

Normenkette

KSchG § 23 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 16.03.2005; Aktenzeichen 13 Ca 559/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.09.2006; Aktenzeichen 2 AZR 840/05)

BAG (Beschluss vom 15.12.2005; Aktenzeichen 2 AZN 939/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 16. März 2005 (Az.: 13 Ca 559/04) wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tagen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristgemäßen Kündigung der Beklagten vom 30. 11. zum 31. 12. 2004. Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird gemäß § 69 II ArbGG auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (BI. 36 – 38 d. A.) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Kündigung bedürfe keiner sozialen Rechtfertigung, da die Beklagte im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt haben, die gemäß § 23 1 KSchG bei der Feststellung der Zahl der Beschäftigten zu berücksichtigen seien. Wegen der weiteren Gründe wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen (BI. 38 – 43 d.A.).

Gegen das am 16. 3. 2005 verkündete und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25. 5. 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. 6. 2005 Berufung eingelegt und diese mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Berufung greift die tatsächlichen Feststellungen des Arbeitsgerichts nicht an, meint jedoch, die vor dem 1. 1. 2004 beschäftigten Arbeitnehmer behielten ihren Kündigungsschutz nicht nur, solange die Anzahl der vor diesem Stichtag beschäftigten mehr als 5 betrage, sondern auch dann, wenn diese Zahl auf 5 oder weniger Arbeitnehmer gesunken sei, die ausgeschiedenen Arbeitnehmer jedoch ersetzt worden seien. Die Betriebsgröße sei in diesem Fall zu keinem Zeitpunkt unter die für die Alt-Arbeitnehmer maßgebliche Schwelle gesunken. Die mit der Neufassung von § 23 KSchG verfolgte Absicht, den Bestandsschutz für Alt-Arbeitnehmer unverändert zu lassen, sei nur mit dieser Auslegung zu erreichen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 16. 3. 2005 (13 Ca 559/04) aufzuheben und festzustellen, dass die Kündigung vom 30. 11. 2004 unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Mit Einverständnis beider Parteien vom 21. bzw. 26. 7. 2005 hat die Kammer gemäß §§ 64 VI ArbGG i. V. m. § 128 II ZPO das schriftliche Verfahren angeordnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

1. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kündigung der Beklagten hat das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet. Sie bedurfte keiner sozialen Rechtfertigung, weil die Vorschriften des ersten Abschnitts des KSchG – mit Ausnahme der §§ 4 – 7 und des § 13 I 1 und 2 – auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung finden. Die Beklagte beschäftigte im Zeitpunkt der Kündigung i. S. v. § 23 12 KSchG fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten.

Zwar führt der Kläger zutreffend aus, dass die Anzahl der tatsächlich Beschäftigten zu jedem Zeitpunkt über 5 lag. § 23 1 3 2. HS KSchG schreibt jedoch vor, Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. 12. 2003 begonnen hat, bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 nicht zu berücksichtigen, soweit die Anzahl der Beschäftigten dadurch nicht 10 übersteigt. Der Wortlaut der Vorschrift ist völlig eindeutig. Aus dem systematischen Zusammenhang ergibt sich kein anderer Regelungsgehalt.

Der Kläger weist zwar zu Recht darauf hin, dass das Ergebnis im Widerspruch zu der Aussage steht, die Neuregelung des Schwellenwertes ändere nichts am Bestandsschutz der vor dem 1. 1. 2004 Beschäftigten. Die Kammer teilt allerdings nicht die Einschätzung, bei dieser Aussage handele es sich um die Intention des Gesetzgebers. Eher dürfte es sich um ein in der politischen Diskussion um die Änderung des KSchG geäußertes Argument handeln. Selbst wenn der Satz die Intention des Gesetzgebers zutreffend wiedergeben sollte, würde sich dadurch am Ergebnis der Auslegung nichts ändern, da die vermeintliche Intention in Wortlaut und Systematik des Gesetzes jedenfalls keinen Eingang gefunden hat.

Dass der Bestandsschutz der vor dem 1. 1. 2004 in einem Betrieb mit weniger als 10 Beschäftigten nur so lange erhalten bleibt, wie die Anzahl der nach der alten Regelung geschützten Arbeitnehmer insgesamt ü...

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