Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtswirksamkeit der Bestellung eines Konzernbetriebsrats

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aus § 130 BetrVG folgt lediglich, dass für die öffentlich-rechtliche Konzernspitze selbst kein Betriebsrat gebildet werden kann. Hieraus ergibt sich aber nicht die Unanwendbarkeit des § 54 BetrVG auf den Konzern als solchen.

2. Auch eine öffentlich-rechtliche Konzernobergesellschaft unterfällt dem Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes und kann „Konzernarbeitgeber” im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sein, soweit der Konzernbetriebsrat nur für die privatrechtlich organisierten Tochtergesellschaften des Konzerns errichtet wird.

 

Normenkette

BetrVG §§ 54, 130; AktG § 18

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 21.07.2008; Aktenzeichen 8 BV 22/07)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 27.10.2010; Aktenzeichen 7 ABR 85/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 9., 10., 11., 13., 15. und 17. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. Juli 2008 – 8 BV 22/07 – abgeändert:

Der Antrag der Beteiligten zu 1. – 8. und 16. wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtswirksamkeit der Bestellung eines Konzernbetriebsrats bei einem Unternehmen, das als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert ist.

Der Beteiligte zu 1. ist das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist auf ihn das Hamburgische Personalvertretungsgesetz anwendbar. Es sind bei ihm Personalräte (Personalrat für das nichtwissenschaftliche Personal und für das wissenschaftliche Personal) gebildet.

In den letzten Jahren hat der Beteiligte zu 1. verschiedene Tochtergesellschaften gegründet und die Beteiligte zu 2. als Tochtergesellschaft integriert. Bei den zu 2. bis 8. und 16. beteiligten Arbeitgebern (mit dem Beteiligten zu 1. die Antragsteller) handelt es sich um die rechtlich selbstständigen, in der Form einer GmbH organisierten Tochtergesellschaften des Beteiligten zu 1. Die Beteiligten zu 10. bis 15. und 17. (Antragsgegner) sind die Betriebsräte der Beteiligten zu 2. bis 8. und 16..

Der Beteiligte zu 1. hält Geschäftsanteile

  • an der Beteiligten zu 2. in Höhe von 94%,
  • an der Beteiligten zu 3. in Höhe von 100%,
  • an der Beteiligten zu 4. in Höhe von 51%,
  • an der Beteiligten zu 5. in Höhe von 51%,
  • an der Beteiligten zu 6. in Höhe von 51%,
  • an der Beteiligten zu 7. in Höhe von 100%,
  • an der Beteiligten zu 8. in Höhe von 100%,
  • an der Beteiligten zu 16. in Höhe von mindestens 51%.

Der Beteiligte zu 1. hält an weiteren Gesellschaften Mehrheitsbeteiligungen in Höhe von 51% bis 100%. Wegen der Aufstellung wird auf die Angaben auf Seite 4 der Antragsschrift (Bl. 4 d.A.) verwiesen.

Bei dem Beteiligten zu 1. sind etwa 5400 Arbeitnehmer tätig; mit Stand Juni 2007 waren es 5435 Arbeitnehmer. Die Beteiligten zu 1. bis 8. beschäftigten damals zusammen 7266, die übrigen Tochtergesellschaften des UKE 192 Arbeitnehmer, hiervon die Beteiligte zu 16. 80 Arbeitnehmer. Bei den Beteiligten zu 2. bis 8. waren somit 1831 Arbeitnehmer beschäftigt.

Die Beteiligten zu 1. bis 8. und 16. bilden einen Unterordnungskonzern nach § 18 Abs. 1 AktG. Der Beteiligte zu 1. ist als Konzernobergesellschaft herrschendes Unternehmen im konzern- und aktienrechtlichen Sinn und trifft alle wesentlichen Entscheidungen in personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten auch für die Beteiligten zu 2. bis 8. und 16.. Keine UKE-Tochtergesellschaft, also keiner der Beteiligten zu 2. bis 8. und 16. verfügt gegenüber anderen Tochtergesellschaften des UKE über einen Entscheidungsspielraum in personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten.

In der ersten Hälfte des Jahres 2007 verständigten sich die Beteiligten zu 10. bis 15. und 17. darauf, einen Konzernbetriebsrat für den UKE-Konzern zu errichten. Nach entsprechender Beschlussfassung durch die Beteiligten zu 10. bis 15. lud der Beteiligte zu 10. mit Schreiben vom 4. Juni 2007 die Beteiligten zu 11. bis 15. zur konstituierenden Sitzung des Konzernbetriebsrats ein und beraumte diesen Termin für Freitag, den 15. Juni 2007 in den Sitzungsräumen der Beteiligten zu 11. bis 13. an. Zur Existenz des Beteiligten zu 17. gab es bei den übrigen Beteiligten damals keine Kenntnis. Die entsandten Mitglieder der Beteiligten zu 10. bis 15. errichteten in der Sitzung vom 15. Juni 2007 durch ordnungsgemäße Beschlussfassung einen Konzernbetriebsrat für den UKE-Konzern. Die Beschlussfassung zur Errichtung des Konzernbetriebsrates ist zwischen den Beteiligten unstreitig ordnungsgemäß erfolgt. Die genannten Betriebsräte, die Beteiligten zu 10. bis 15., repräsentierten mit 1831 Arbeitnehmern der Beteiligten zu 2. bis 8. die überwiegende Zahl der Beschäftigten des Konzerns, soweit diese nicht von den Personalräten für das nichtwissenschaftliche bzw. wissenschaftliche Personal des UKE vertreten wurden. Da die Beschäftigten des UKE selbst nicht dem Betriebsverfassungsgesetz unterlieg...

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