Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung einer Sozialplanabfindung. Auslegung eines Sozialplans. Wirklicher Wille der Betriebsparteien. Definition des Begriffs Bruttomonatseinkommen

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Wortlaut der Betriebsvereinbarung ist nicht so zu deuten, wie die an deren Abschluss Beteiligten ihn verstanden haben, sondern nach dem den Arbeitnehmern erkennbaren und verständlichen Wortsinn.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 4 S. 1, § 112 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 19.09.2013; Aktenzeichen 5 Ca 4001/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.10.2015; Aktenzeichen 1 AZR 427/14)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.09.2013, 5 Ca 4001/13, wird zurückgewiesen.

  • II.

    Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.09.2013, 5 Ca 4001/13, teilweise abgeändert:

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 12,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit dem 01.10.2012 zu zahlen.

  • III.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

  • IV.

    Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines weiteren Sozialplanabfindungsbetrages. Die Parteien streiten dabei über die Berechnung der Sozialplanabfindung.

Der am 02.07.1969 geborene Kläger, der zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, war in der Zeit vom 01.08.1994 bis zum 30.09.2012 bei der Beklagten, die ein Unternehmen der Telekommunikationsbranche ist, beschäftigt. Sein monatliches Grundentgelt betrug zuletzt 5.709,11 € brutto (Tarifentgelt 4.975,43 € abzgl. Ausgleichsbetrag ERA 137,02 € zzgl. Leistungszulage 870,70 €). Außerdem erhielt der Kläger monatlich einen Zuschuss zu Kontoführungsgebühren in Höhe von 1,28 € sowie vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 26,59 €. Den ihm auch zur privaten Nutzung überlassenen Firmen-Pkw musste er mit 213,80 € versteuern.

Am 13.08.2012 schloss die Beklagte im Rahmen einer Restrukturierungsmaßnahme mit dem bei ihr in der Region West bestehenden Betriebsrat einen Sozialplan, der unter anderem für Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis zur Beklagten beenden und unter Abschluss eines dreiseitigen Vertrages in eine von der Beklagten eingerichtete Transfergesellschaft wechseln, einen Anspruch auf eine Abfindung begründet. § 7 des Sozialplans lautet:

"§ 7

Abfindung

(1) Alle vom Geltungsbereich dieses Sozialplans erfassten Beschäftigten haben mit Unterzeichnung des dreiseitigen Vertrages (Zustimmung zum Eintritt in die beE) einen Anspruch auf eine aus dem individuellen Bruttomonatsentgelt errechnete Abfindung.

(2) Abfindung = Abfindungsbetrag X 0,7

Der errechnete Abfindungsbetrag wird mit dem Faktor 0,7 multipliziert. Der Faktor von 0,7 ergibt sich aus dem Angebot einer Transfergesellschaft mit den in § 5 des Sozialplans geregelten Konditionen.

Abfindungsbetrag =

Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x Faktor

(2.1) Der Faktor ergibt sich aus Lebensalter und Dienstalter:

[....]

Unter Bruttomonatseinkommen sind feste regelmäßige Einkommensbestandteile auf Basis der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit zu verstehen. Ausgenommen sind Teile, die Aufwandsersatz darstellen, Einmalzahlungen sowie Mehrarbeitsvergütung.

[....]

(2.2) Zuschlag pro Kind: Mitarbeiter mit unterhaltsberechtigten Kindern erhalten zusätzlich zu der Abfindung für jedes unterhaltsberechtigte Kind einen Betrag von 2.500,00 € brutto. Maßgeblich sind die bei NSN zum 31.08.2012 aufgrund der Angaben auf der Lohnsteuerkarte bekannten oder bis dahin vom Mitarbeiter mitgeteilten und nachgewiesenen Unterhaltsberechtigungen. Alleinerziehende erhalten einen zusätzlichen Betrag von einmalig 5.000,00 € brutto.

Sofern beide Ehepartner betroffen sind, wird der Zuschlag nur einmal fällig.

(2.3) Zuschlag für Schwerbehinderte: Zum Zeitpunkt der Kündigung oder des Abschlusses eines dreiseitigen Vertrages schwerbehinderte Menschen sowie schwerbehinderten Menschen Gleichgestellte (gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX) erhalten bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises einen Zuschlag von 750,00 € brutto je 10 Grad der Behinderung.

(2.4) Mitarbeiter ab dem 35. bis zum 46. Lebensjahr erhalten zusätzlich einen Zuschlag in Höhe von 3.000,00 €; ab dem 47. Lebensjahr einen Zuschlag von 6.000,00 € brutto.

(3) Die Abfindung ist mit dem Ausscheiden aus der beE zur Zahlung fällig....

(4) Beschäftigte können abweichend davon die Zahlung der Abfindung bereits mit Ausscheiden aus der NSN verlangen

[....]"

Wegen des Inhalts des Sozialplans im Einzelnen wird auf Bl. 66 - 74 der Akte Bezug genommen.

Über die Berechnung der Abfindung nach dem Sozialplan haben die Geschäftsführung der Beklagten auf einer Informationsveranstaltung und der Betriebsrat auf einer Betriebsversammlung jeweils am 14.08.2012 die Mitarbeiter anhand von Präsentationen informiert. Wegen des Inhalts der von der Beklagten benutzten Präsentation wird auf Bl. 126 der Akte, wegen des Inhalts der vom Betr...

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