Entscheidungsstichwort (Thema)

persönliche Haftung von GmbH-Geschäftsführern. Inanspruchnahme der GmbH-Geschäftsführer auf Zahlung von Arbeitsentgelt wegen Insolvenzverschleppung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es existiert kein absolutes Recht des Arbeitnehmers "am Arbeitsplatz" im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB.

2. Zu den Voraussetzungen einer Durchgriffshaftung von GmbH-Gesellschaftern wegen (behaupteter) Insolvenzverschleppung.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1-2; StGB § 263 Abs. 1; GmbHG a.F. § 64 Abs. 1; BGB § 826

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Entscheidung vom 14.09.2011; Aktenzeichen 4 Ca 2868/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.03.2014; Aktenzeichen 8 AZR 45/13)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 14.09.2011 - Az.: 4 Ca 2868/10 - wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage gegenüber der Beklagten zu 7. richtet.

  • 2.

    Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das oben bezeichnete Urteil zurückgewiesen.

  • 3.

    Die Kosten des Berufungsrechtsstreits trägt der Kläger.

  • 4.

    Die Revision wird zugunsten des Klägers zugelassen, soweit seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts Essen im Hinblick auf die Beklagten zu 1. bis 6. zurückgewiesen wurde.

    Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche.

Der am 07.12.1951 geborene Kläger ist Architekt. Er war seit dem 01.01.1996 bei der Beklagten zu 7), einem Unternehmen der Einzelhandelsbranche, welches bundesweit eine Vielzahl von Warenhäusern betrieb, beschäftigt und wurde zuletzt gegen Zahlung eines monatlichen Bruttogehaltes von 4.065,00 € als Abteilungsleiter im Bereich Facility Management in der Firmenzentrale in F. eingesetzt. Bei den Beklagten zu 1) - 5) handelt es sich um ehemalige Geschäftsführer der Beklagten zu 7), der Beklagte zu 6) Vorstandsvorsitzender und anschließend Aufsichtsratsvorsitzender der B. AG (im Folgenden: B.-AG), der Muttergesellschaft der Beklagten zu 7).

Unter dem 22.10.2008 vereinbarte die Beklagte zu 7) mit dem für die Hauptververwaltung gebildeten Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan "zur Umsetzung des L.-Effizienzprogramms in der Hauptverwaltung", wegen dessen Inhalts auf Blatt 15 ff., 22 ff. der Akte Bezug genommen wird. Am 19.11.2008 schloss der Kläger mit der Beklagten zu 7) sowie der S.-Transfer GmbH mit Sitz in C. (im Folgenden: S.-GmbH) einen dreiseitigen Vertrag, nach dessen Maßgabe das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 7) zum 31.12.2008 endete und für den Zeitraum vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2009 ein befristetes Arbeitsverhältnis zur S.-GmbH begründet wurde. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf Blatt 10 ff. der Akte verwiesen. In einer "Notiz" zum dreiseitigen Vertrag bestätigte die Beklagte zu 7) dem Kläger, er werde zum Austritt eine Abfindung gemäß § 3 des Sozialplans vom 22.10.2008 in Höhe von 61.788,00 € brutto erhalten, fällig nach Maßgabe von § 4 des Sozialplans. Das wäre im Falle des Klägers der 30.06.2009 als der Zeitpunkt gewesen, zu dem das Arbeitsverhältnis bei (fiktiver) Kündigung durch die Beklagte zu 7) geendet hätte. Im Hinblick auf die Ermittlung der Abfindungshöhe wird auf den zur Akte gereichten Berechnungsbogen (Blatt 575) Bezug genommen.

Nachdem sie bis zu diesem Tage ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen nachgekommen war, stellte die Beklagte zu 7) am 09.06.2009 einen Insolvenzantrag. Die dem Kläger zugesagte Abfindung gelangte nicht zur Auszahlung. Mit Beschluss vom 01.09.2009 eröffnete das AG F. (Az. 160 IN 107/09) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 7) und bestellte Herrn Rechtsanwalt Dr. H. aus F. zum Insolvenzverwalter. Der Kläger meldete seine Abfindungsforderung am 02.11.2009 zur Insolvenztabelle an; die Forderung wurde festgestellt. Der Insolvenzverwalter erstattete unter dem 04.11.2009 einen 1. Bericht zur Gläubigerversammlung am 10.11.2009, wegen dessen Inhalts auf Blatt 400 ff. d.B.. verwiesen wird. Mit Wirkung zum 30.09.2010 hob das AG F. nach rechtskräftigem Zustandekommen eines Insolvenzplans das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 7) auf. Der Kläger erhielt die ihm nach Maßgabe des Insolvenzplans zustehenden 3% seiner Forderung, mithin 1.853,64 €, am 05.07.2011 ausbezahlt.

Die Beklagte zu 7) befand sich bereits seit spätestens 2006 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Im Herbst 2006 veräußerte die Beklagte zu 7) Teile ihres Immobilienbesitzes und mietete diesen anschließend zurück. Der Beklagten zu 7) und der B.-AG wurden von der Bayerischen Landesbank, der Royal Bank of Scotland und der (damaligen) Dresdner Bank AG am 12.06.2007 zwei gemeinsame Darlehn in Höhe von mehreren 100 Millionen € gewährt. Die Jahresabschlüsse der Beklagten zu 7) für das Rumpfgeschäftsjahr vom 01.01.2007 bis zum 30.09.2007 und für das Geschäftsjahr vom 01.10.2007 bis zum 30.9.2008 sahen jeweils eine ausgeglichene Bilanz vor; für diese Abschlüsse erteilte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO am 07.01.2008...

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