Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Auskunftspflicht des Arbeitnehmers hinsichtlich erhaltener Vergütungen bei Geltendmachung einer Karenzentschädigung für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot

 

Leitsatz (amtlich)

Der Umfang der Auskunftspflicht nach § 74 c Abs. 2 HGB richtet sich nach den Grundsätzen des § 242 BGB. Dabei ist zu differenzieren, ob es sich um Ansprüche aus unselbständiger oder selbständiger Tätigkeit handelt. In sämtlichen Fällen verbieten sich schematische Lösungen. Erforderlich ist eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitnehmers, die Karenzentschädigung zu erhalten und dem Interesse des Arbeitgebers, überhöhte Zahlungen zu vermeiden. Arbeitslosengeld ist kein anderweitiger Erwerb im Sinne des § 74 c Abs. 1 HGB.

 

Normenkette

HGB § 74 Abs. 1, § 74 Nr. 2, § 74c Abs. 2, 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 13.01.2015; Aktenzeichen 2 Ca 3082/12)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten und des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 13.01.2015, Az.: 2 Ca 3082/12 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 240.229,44 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2015 zu zahlen.

  • II.

    Die weitergehende Berufung des Klägers und der Beklagten wird zurückgewiesen.

  • III.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 5%, die Beklagte zu 95%.

  • IV.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Karenzentschädigung für den Zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 31.03.2014 sowie um die Erteilung eines Referenzschreibens.

Die Beklagte ist die deutsche Tochtergesellschaft eines in Israel tätigen Unternehmens. Ihr Geschäftsgeschäftsgegenstand ist die telemedizinische Versorgung von Patienten.

Der Kläger, der israelischer Staatsbürger ist und aus Israel stammt, war vom 01.08.2008 bis zum 31.03.2012 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt, zuletzt als Vice President Finance, IS and Administration. Er bezog eine jährliche Grundvergütung in Höhe von 148.260,00 € brutto, also monatlich 12.355,00 € brutto. Zudem erhielt er im Jahr 2009 eine Bonuszahlung in Höhe von 30.000 € brutto, in den Jahren 2010 und 2011 jeweils in Höhe von 25.000 € brutto und für den Zeitraum vom 01.01.2012 bis zum 31.03.2012 einen Bonus in Höhe von 1.095,94 € brutto. Der Kläger war zudem berechtigt, das ihm zur Verfügung gestellte Diensthandy privat zu nutzen, wobei ihm für privat veranlasste Telefonate ein geldwerter Vorteil von monatlich mindestens 1.000,00 € abgerechnet worden ist.

Die Einzelheiten der Beschäftigung regelt der in englischer Sprache verfasste Arbeitsvertrag (Bl. 6 ff. d. A) vom 14./27.08.2008. Er enthält in § 14 Abs. 2 die folgende Schriftformklausel vor:

"Any modifications, amendments, additions or supplemental agreements to this contract must be made in writing. This also applies to the cancellation of the written form requirement itself.""

Die zur Akte gereichte beglaubigte Übersetzung (Bl. 85 ff. d. A.) lautet:

"Alle Änderungen, Ergänzungen, Zusätze oder zusätzliche Vereinbarungen zu diesem Vertrag müssen schriftlich erfolgen. Dies gilt auch für die Aufhebung des Schriftformerfordernisses selbst."

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbarten die Parteien zunächst nicht. In einem Management Meeting am 20.05.2010 einigten sich die Mitglieder des Managements der Beklagten allerdings darauf, dass mit ihnen nachvertragliche Wettbewerbsverbote abgeschlossen werden sollten.

In einem undatierten Schreiben des Geschäftsführers der Beklagten (Bl. 26 d. A.) wird Bezug genommen auf eine am 12.10.2010 von Seiten der Beklagten durch den Geschäfsführer M. unterzeichnete Änderungsvereinbarung zu dem Arbeitsvertrag vom 27.08.2008. Diese (Bl. 18 d.A.) hat auszugsweise den folgenden Wortlaut:

"§ 3 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Abwerbeverbot

[...]

(2)Wird das Anstellungsverhältnis über die in Abs. 1 genannte Wartezeit hinaus fortgeführt und dauert es nicht länger als 12 Monate, ist es dem Arbeitnehmer für die Dauer von 6 Monaten von der Beendigung des Anstellungsverhältnisses an untersagt, in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise in Deutschland direkt oder indirekt für ein Unternehmen tätig zu werden, welches direkt oder indirekt, im Ganzen oder teilweise Produkte oder Dienstleistungen anbietet, die mit den Produkten oder Dienstleistungen von T. Telemedizin konkurrieren oder welches mit einem solchen Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. In gleicher Weise ist es dem Arbeitnehmer untersagt, ein solches Unternehmen, das in Deutschland tätig ist, zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen. Ausgenommen sind bloße Finanzbeteiligungen, durch die kein wesentlicher Einfluss auf die Führung der Gesellschaft entsteht.

[...]

(4)Dauert das Anstellungsverhältnis länger als 24 Monate, gilt Abs. 2 mit der Maßgabe, dass die Dauer des Verbots zwei Jahre von der Beendigung des Anstellungsverhältnisses an beträgt. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitn...

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