Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliches Ruhegeld. Bochumer Verband. Darlegungslast

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbands soll der Arbeitnehmer nur dann einen Anspruch auf Erhalt eines Ruhegelds haben, wenn er gerade nicht mehr in der Lage ist, ein Gehalt durch Einsatz seiner Arbeitskraft in einem seiner Vorbildung und bisherigen Tätigkeit entsprechenden Beruf zu erwirtschaften. Gibt es eine konkrete Verweisungstätigkeit, die der Arbeitnehmer mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen ausüben kann, entfällt der Ruhegeldanspruch. Die Tätigkeit muss auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sein, ohne dass dem Arbeitnehmer ein konkreter Arbeitsplatz angeboten werden müsste.

2. Im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast muss der Arbeitgeber zunächst eine konkrete Verweisungstätigkeit benennen. Sodann ist es Aufgabe des Arbeitnehmers darzulegen, warum er meint, diese Verweisungstätigkeit nicht ausüben zu können.

 

Normenkette

BetrAVG § 1; SGB VI § 240

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 14.06.2007; Aktenzeichen 1 Ca 182/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.04.2010; Aktenzeichen 3 AZR 553/08)

 

Tenor

1.) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 14.06.2007 – 1 Ca 182/07 – wird zurückgewiesen.

2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3.) Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf ein betriebliches Ruhegeld gemäß der bei der Beklagten geltenden Leistungsordnung des Bochumer Verbandes.

Der Kläger trat am 01.08.1986, nachdem er ein Studium der Bergtechnik an der Fachhochschule für Bergbau mit dem Titel Diplom-Ingenieur für Bergtechnik erfolgreich abgeschlossen hatte, in die Dienste der Beklagten. Mit Wirkung zum 01.03.1993 wurde er bei der Beklagten in ein außertarifliches Angestelltenverhältnis übernommen. Gemäß Schreiben der Beklagten vom 03.07.1996 (Bl. 64 d.A.) war der Kläger ab dem 01.07.1996 als Abteilungsleiter im Tagesbetrieb des Bergwerkes C./I. der S. Bergbau AG tätig. Durch diese Versetzung entfiel seine bis dahin gewährte monatliche Funktionszulage in Höhe von 350,00 DM sowie der Zusatzurlaub von drei Arbeitstagen, die der Kläger als Abteilungsleiter im Untertagebetrieb erhalten hatte. Nach den Unterlagen der Beklagten soll der Kläger seit dem 01.06.1998 als Fachingenieur unter Tage im Stab des Bereichsleiters im Bereich Logistik mit überwiegenden planerischen Tätigkeiten und einem monatlichen Bruttogehalt von 8.910,00 DM beschäftigt worden sein. Dies hat der Kläger im Rahmen der letzten mündlichen Verhandlung bestritten und mitgeteilt, dass er ein Schreiben der Beklagten aus dem Jahre 1998, nach dem er wieder unter Tage tätig sein sollte, nicht erhalten habe.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien war durch eine Versorgungszusage begleitet. Dem Kläger waren Versorgungsleistungen nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes zugesagt, die die Voraussetzungen für das Ruhegeld in § 2 wie folgt definiert:

„§ 2 Voraussetzungen für das Ruhegeld

1. Ruhegeld erhält ein Angestellter, der aus dem Dienste des Mitgliedes ausscheidet, weil er

a) dienstunfähig ist oder

2. Dienstunfähig ist, wenn er nicht vorübergehend außer Stande ist, eine seiner Vorbildung und seiner bisherigen Dienststellung entsprechende Tätigkeit auszuüben. Bei Wiederherstellung der Dienstfähigkeit kann die Zahlung des Ruhegeldes eingestellt werden. Ist die Dienstunfähigkeit oder die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit zweifelhaft, kann eine Untersuchung des Angestellten durch vom Verband zu benennende Vertrauensärzte auf Kosten des Mitgliedes erfolgen.”

Durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages vom 21.03.2000 schied der an rheumatoider Atritis leidende Kläger infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit zum 31.03.2000 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 93.162,00 DM brutto aus dem Arbeitsverhältnis aus.

Zuvor war der Gesundheitszustand des Klägers vom Sozialmedizinischen Dienst der Bundesknappschaft begutachtet worden. Im Gutachten vom 25.01.2000 führt der Gutachter aus:

„Sozialmedizinische Beurteilung:

Ganz im Vordergrund der Leistungseinschränkungen steht die seit 1994 bekannte Rheumaerkrankung.

Bei der jetzigen Untersuchung zeigten sich deutliche Entzündungszeichen vornehmlich im Bereich beider Hände und im Bereich des linken Sprunggelenkes. Daneben bestehen Bewegungseinschränkungen bzw. Schmerzen im Bereich beider Vorfüße und des linken Ellenbogengelenkes. Auch werden, ohne dass hier ein Bewegungsdefizit oder Entzündungszeichen klinisch auffielen, Gelenkschmerzen der Knie dargelegt, welche jedoch auch subjektiv weniger einschränkend empfunden werden.

Neben den Entzündungszeichen stellte sich im Rahmen der aktuellen Untersuchung auch eine Änderung bezüglich der Beweglichkeit dar. Ganz im Vordergrund stand eine deutliche Beeinträchtigung der Beweglichkeit beider Hände, Handgelenke sowie der Finger der Hände. Die Veränderungen sind rechtsseitig betont, der Versicherte ist Rechtshänder.

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