Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerhaftung. Selbstbehalt. Versicherung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die arbeitsvertragliche Vereinbarung, dass ein Außendienstmitarbeiter für Kaskoschäden am Dienstwagen in Höhe des Selbstbehalts der Versicherung unabhängig vom Verschuldensgrad selbst haftet, ist wirksam.

 

Normenkette

BGB § 276

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 04.10.2001; Aktenzeichen 1 Ca 3051/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 04.10.2001 – 1 Ca 3051/01 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechtigung einer Lohneinbehaltung.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Die Beklagte hat aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung den Kläger für einen Unfallschaden in Höhe der Selbstkostenbeteiligung in der Kaskoversicherung in Anspruch genommen. Das Arbeitsgericht hält die getroffene Vereinbarung für unklar und rechtsunwirksam und hat die Beklagte zur Auszahlung des einbehaltenen Betrages in Höhe von 1.713,80 DM nebst Zinsen verurteilt. Gegen seine Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage in voller Höhe abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils sowie den Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Von der Darstellung des Tatbestandes im Einzelnen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG n. F. abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und hatte auch in der Sache Erfolg.

Soweit das Arbeitsgericht eine teilweise Klageabweisung tenoriert, findet sich im erstinstanzlichen Urteil keine entsprechende Antragstellung. Die diesbezügliche Berichtigungsbedürftigkeit berührt den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nicht, das sich eindeutig auf die Frage beschränkt, ob der Kläger aufgrund der zwischen den Parteien bestehenden Vereinbarung in Höhe des Selbstbehaltes in der Kaskoversicherung haftet. Dies ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz nach der Überzeugung der Kammer zu bejahen. Daher war die auf Zahlung der einbehaltenen Summe gerichtete Klage abzuweisen.

Zunächst ist die Grundlage der Absprache der Parteien zu ermitteln. Die Vorinstanz trifft hierzu keine eindeutige Feststellung, bezieht sich aber auf einen Nachtrag zum Arbeitsvertrag, den sie im Wortlaut zitiert (Nachtrag vom 09.02.1996, Bl. 58 der Gerichtsakte). Soweit erkennbar, besteht zwischen den Parteien aber bereits eine ältere Vereinbarung vom 20.09.1995 (Bl. 22 d. A.). Die Berufung bezieht sich auf eine „bereits vorgelegte Vereinbarung der Parteien vom 31.03.2000”. Hierbei handelt es sich um eine Fotokopie (Bl. 81 d. A.), die andeutungsweise die Züge der Unterschrift des Klägers enthält. Hierin teilt die Beklagte eine Änderung der Vereinbarung über die vom Arbeitnehmer zu tragende Selbstbeteiligung bis zu 2.000,– DM mit. Die Wirksamkeit des Zustandekommens der Vereinbarungen vom 09.02.1996 und 30.12.2000 ist zwischen den Parteien offenbar unstreitig und die ursprüngliche Absprache ist demgemäß dahingehend modifiziert worden, dass eine Haftungsbeteiligung des Mitarbeiters in Höhe von 2.000,– DM für einen Unfallschaden bei Verschulden eingreifen sollte. Auch wenn man die ursprüngliche Vereinbarung als aufgehoben betrachten darf, sind die nachfolgenden Vereinbarungen nach Überzeugung der Kammer in dem Lichte der ursprünglichen Absprache zu betrachten, aufgrund derer der Mitarbeiter für „jede fahrlässige Beschädigung, soweit sie nicht durch Versicherungen abgedeckt ist” einstehen sollte. Nichts spricht dafür, dass die nachstehenden Vereinbarungen an diesem Parteiwillen der Beteiligten eine Änderung vornehmen wollten.

Die Kammer sieht daher darin, dass in der letzten Vereinbarung nur noch von Verschulden die Rede ist, keinerlei Unklarheit. Der Arbeitnehmer sollte im Rahmen der vereinbarten Begrenzung für jedes Verschulden haften. Seine Haftung war nicht auf die Gefährdungshaftung und nicht auf die Quote bei gefahrengeneigter Tätigkeit beschränkt. Den Arbeitgeber obliegt nach der getroffenen Regelung nur der Verschuldensnachweis in Form einer den Kläger treffenden leichten Fahrlässigkeit. An einem derartigen Verschulden kann nach Überzeugung der Kammer kein Zweifel bestehen. Von einem unabwendbaren Ereignis, das zu dem Schaden führte, kann offensichtlich keine Rede sein. Die Vereinbarung der Parteien ist wirksam. Sie ist inhaltlich nicht unklar und belastet den Kläger nicht über Gebühr. Die Vereinbarung ist auch nicht sittenwidrig, weil sie dem Kläger keinen – wie die Vorinstanz meint – angemessenen Ausgleich bietet. Üblicherweise wird dem Arbeitgeber unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht eine Verpflichtung zugemutet, den Arbeitnehmer vor großen Schäden durch Abschluss einer Vollkaskoversicherung zu s...

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