Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit einer Stichtagsregelung für eine neue Versorgungsordnung in der betrieblichen Altersversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Betriebsparteien sind grundsätzlich berechtigt, im Wege einer Stichtagsregelung zu vereinbaren, dass eine neue Versorgungsordnung nur für Mitarbeiter gilt, die ab einem bestimmten Zeitpunkt eingestellt werden. Voraussetzung ist, dass sich die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist und das auch auf die zwischen den Gruppen gezogenen Grenzen zutrifft. Dies ist jedenfalls der Fall, wenn der Stichtag mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Betriebsvereinbarung übereinstimmt und den zuvor eingestellten Arbeitnehmern ein Anspruch aus einer älteren Versorgungsordnung zusteht. Bei einer solchen Konstellation liegt auch dann kein Verstoß gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor, wenn die neue Versorgungsordnung für einen betroffenen Arbeitnehmer im Einzelfall deutlich günstiger wäre.

2. Es ist nicht treuwidrig, wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer statt einer Erhöhung des für das Ruhegeld relevanten Grundgehalts eine nicht ruhegeldfähige Zulage zum Ausgleich für den Wegfall eines anderen - ebenfalls nicht ruhegeldfähigen - Entgeltbestandteils gewährt. Ebenso wenig verstößt es gegen Treu und Glauben, wenn Grundgehalt und Zulage im Verlauf des Arbeitsverhältnisses in unterschiedlichem Umfang erhöht werden. Dies gilt jedenfalls dann, sofern keine Indizien vorliegen, die den Schluss zulassen, dass bewusst eine Verschiebung in nicht ruhegeldfähige Entgeltbestandteile erfolgt ist.

 

Normenkette

BetrAVG § 1 Abs. 1; BetrVG § 75 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 23.10.2015; Aktenzeichen 1 Ca 4113/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.12.2019; Aktenzeichen 3 AZR 478/17)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.10.2015 - AZ: 1 Ca 4113/15 - teilweise abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger in den ersten sechs Monaten seines Ruhestandes, von September 2026 bis Februar 2027, Versorgungsbezüge in Höhe von monatlich EUR 4.922,83 zu zahlen.

  • II.

    Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

  • III.

    Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 90% und die Beklagte zu 10% zu tragen.

  • IV.

    Die Revision wird für den Kläger zugelassen. Soweit die Beklagte unterlegen ist, erfolgt keine Zulassung der Revision.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

Der am 23.08.1961 geborene Kläger war vom 01.06.1990 bis zum 30.04.2013 bei der Beklagten - einer überregional tätigen Bank - beschäftigt.

Die Beklagte erteilte ihren Mitarbeitern Versorgungszusagen auf Basis der zum Erteilungszeitpunkt gültigen Versorgungsordnung. Der Kläger erhielt eine Zusage auf Basis der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Versorgungsordnung vom 26.03.1979 (VO 79), die u.a. folgende Regelungen beinhaltete:

"...

II. Leistungsarten

...

Ruhegeld in der Form von

Altersrente oder

vorzeitiger Altersrente oder

Invalidenrente

und

...

VI. Höhe des Ruhegeldes

1. Die Altersrente beträgt 0,7% des rentenfähigen Arbeitsverdienstes (Abschnitt X) für jedes abgeleistete rentenfähige Dienstjahr (Abschnitt IX Absatz 1), höchstens jedoch 21% des rentenfähigen Arbeitsverdienstes.

2. Für den Teil des rentenfähigen Arbeitsverdienstes, der die im Feststellungszeitpunkt (Abschnitt X Absatz 3) gültige Beitragsbemessungsgrenze für Monatsbezüge in der Rentenversicherung der Angestellten und Arbeiter (§ 112 Absatz 2 AVG, § 1385 Absatz 2 RVO) übersteigt, werden die im Absatz 1 genannten Prozentsätze verdreifacht.

...

5. Hat der Betriebsangehörige vor seinem Ausscheiden eine anrechenbare Dienstzeit von mindestens zehn Jahren abgeleistet, beträgt das monatliche Ruhegeld zunächst 100% des letzten festen Monatsgehaltes, und zwar bei weniger als zwanzig Jahren anrechenbarer Dienstzeit für die Dauer von drei Monaten und bei mindestens zwanzig Jahren anrechenbarer Dienstzeit für die Dauer von sechs Monaten.

...

X. Rentenfähiger Arbeitsverdienst

1. Rentenfähig ist das feste monatliche Grundgehalt zuzüglich der von der Bank für rentenfähig erklärten Zulagen zum Feststellungszeitpunkt.

...

3. Feststellungszeitpunkt für den rentenfähigen Arbeitsverdienst ist das Entstehen des Anspruchs, spätestens die Vollendung des 65. Lebensjahres. ...

...

XIII. Vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses

1. Endet das Arbeitsverhältnis, ohne daß ein Anspruch nach dieser Versorgungsordnung entstanden ist, so bleibt die Anwartschaft nach Maßgabe des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung mit den dort festgelegten Mindestansprüchen aufrechterhalten. ...

...

XVIII. Besitzstand

1. Die Leistungen nach dieser Versorgungsordnung dürfen die Leistungen aufgrund der bisherigen Versorgungsordnung nicht unterschreiten.

..."

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vom Kläger überreichte Anlage K 3 Bezug genommen.

Mit einem an alle Mitarb...

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