Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerüberlassung. Werkvertrag. Verwirkung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Geltendmachung eines Arbeitsverhältnisses nach § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG nach erst 14 Jahren ist verwirkt, wenn der Arbeitnehmer dazwischen vertraglich ein späteres Eintrittsdatum akzeptiert hat.

 

Normenkette

AÜG § 9 Ziff. 1, § 10 Abs. 1 S. 1; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 27.09.2001; Aktenzeichen 1 Ca 1874/01)

 

Tenor

1) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 27.09.2001 – 1 Ca 1874/01 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3) Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob zwischen ihnen kraft gesetzlicher Fiktion seit dem 01.06.1980 ein Arbeitsverhältnis bestand.

Der Kläger war seit dem 01.06.1980 als Stahlbaumontagearbeiter bei der Firma L. L. AG in H. beschäftigt. Er wurde ab dem 01.07.1984 von der Firma L. L. Instandhaltungsservice GmbH unter Anrechnung seiner Vordienstzeiten übernommen.

Nach Aufnahme seiner Tätigkeiten für die L. L. AG bzw. später für die L. L. Instandhaltungsservice GmbH war der Kläger ausschließlich auf dem Betriebsgelände der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin im Kraftwerk F.-L. eingesetzt. Die Einzelheiten seiner Tätigkeiten dort sind zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger und die Firma L. L. Instandhaltungsservice GmbH beendeten das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 31.12.1986. Unter dem 29.12.1986 schlossen die Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Kläger alsdann einen Arbeitsvertrag, wonach der Kläger ab dem 01.01.1987 als Wärter Bekohlung/Entaschung in G. für die Rechtsvorgängerin der Beklagten tätig wurde.

In dem Anstellungsvertrag (Bl. 69 ff. d. A.) heißt es unter anderem:

3. Vergütung

e) Die Betriebszugehörigkeit zum S. rechnet ab 01.01.1987.

6. Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung

Die bisher gültigen S.-Ruhegeld-Richtlinien sind mit Wirkung zum 31.03.1986 gekündigt worden. Das bedeutet, dass Sie zur Zeit einen Anspruch auf Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung nicht haben. Es ist jedoch beabsichtigt, die mit dem Gesamtbetriebsrat noch zu treffende Vereinbarung mit Wirkung ab 01.04.1986 in Kraft zu setzen, so dass Sie dann rückwirkend vom Zeitpunkt Ihres Eintritts nach Maßgabe der Neuregelung versorgungsberechtigt sind.

11. Probezeit und Kündigung

Die ersten drei Monate Ihrer Beschäftigung gelten als Probezeit.

Am 01.04.2000 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers gemäß § 613 a BGB auf die jetzige Beklagte über. Mit Schreiben vom 24.04.2001 wandte er sich an die Beklagte und bat, eine Anrechnung der Beschäftigungszeit bei der Firma L. L. KG zu überdenken. Dies lehnte die Beklagte ab.

Mit seiner am 21.05.2001 beim Arbeitsgericht Mönchengladbach anhängig gemachten Klage hat der Kläger letztlich die Feststellung begehrt, dass er bereits seit dem 01.06.1980 betriebszugehörig bei der Beklagten beschäftigt ist.

Er hat sich auf § 10 AÜG berufen und vorgetragen, er sei von Anfang an im Rahmen einer gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten tätig gewesen, ohne dass die Firma L. L. hierfür die notwendige Erlaubnis besessen hätte. Der Kläger hat behauptet, er sei zwischen 1977 und 1986 vollständig in den Betrieb der Rechtsvorgängerin der Beklagten in F.-L. eingegliedert gewesen. Urlaub, Freistellungen oder sonstige geldwerte Leistungen seien von den Vorarbeitern und Meistern der Rechtsvorgängerin der Beklagten erteilt worden. Auch für Umsetzungen oder Abmahnungen seien die Vorgesetzten der Rechtsvorgängerin der Beklagten zuständig gewesen; dasselbe gelte für die Anordnung von Überstunden sowie für einzelne Arbeitsanweisungen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass er seit dem 01.06.1980 bei der Beklagten beschäftigt ist und auch seit diesem Zeitpunkt als betriebszugehörig im Sinne der betrieblichen Versorgungsbedingungen der Beklagten gilt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Behauptungen des Klägers zu seinen Arbeitseinsätzen bestritten und die Auffassung vertreten, dass er im Rahmen von Werkverträgen mit der Firma L. L. tätig geworden sei. Jedenfalls sei der allein zuständigen Einkaufsabteilung der Beklagten kein Umstand bekannt gewesen, der auf eine tatsächlich praktizierte Arbeitnehmerüberlassung hätte hindeuten können.

Die Beklagte hat sich darüber hinaus auf eine Verwirkung der klägerischen Ansprüche berufen und gemeint, dass angesichts eines Zeitraums von vierzehneinhalb Jahren seit Aufnahme der damaligen Tätigkeiten das so genannte Zeitmoment erfüllt sei. Gleiches gelte für das Umstandsmoment, weil der Kläger vor allem durch das Akzeptieren des neuen Arbeitsvertrages mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten gezeigt hätte, dass er das Einstellungsdatum „01.01.1987” nicht in Frage stellen wollte. Dementsprechend hätte sich die Beklagte auch darauf eingerichtet, keinen Ansprüchen mehr ausgesetzt zu sein und beispielsweise...

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